Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 1. Berlin, 1804.
ist gut. Der Rheinfall hat meine Erwartung nicht über-
ist gut. Der Rheinfall hat meine Erwartung nicht uͤber- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><hi rendition="#g"><pb facs="#f0030" n="26"/> ist gut.</hi> Der Rheinfall hat meine Erwartung nicht uͤber-<lb/> troffen, aber in einem hohen Grade befriedigt. Manche<lb/> Reisende hatten mir die Wirkung seines Anblicks geringer<lb/> schildern wollen, als ich sie wirklich fand. Es ist ein im-<lb/> ponirendes Schauspiel, an dessen Beschreibung sich keine<lb/> Feder wagen darf. — Die Gegend um Zuͤrich hat mir<lb/> sehr gefallen, vielleicht doch nur mehr als alle uͤbrigen,<lb/> weil der Aufenthalt durch gute Menschen mir interessant<lb/> wurde. Die Aussicht vom <hi rendition="#g">Buͤrgeli</hi> uͤber den See nach<lb/> Schneekoppen ist sehr reizend. Fast noch reizender, we-<lb/> nigstens noch mannichfaltiger, ist die aus den Zimmern<lb/> des Gasthofes (zum Schwerdt), welche ich bewohnte.<lb/> Man hat dieser Aussicht im Vorbeigehen schon oft erwaͤhnt;<lb/> ich will Jhnen etwas umstaͤndlicher — nicht <hi rendition="#g">beschrei-<lb/> ben</hi> (davor behuͤte mich Gott!) sondern nur aufzaͤhlen,<lb/><hi rendition="#g">was</hi> Sie alles sehen. Das Zimmer ist ein Eckzimmer.<lb/> Oeffnen Sie ein Fenster <hi rendition="#g">linker</hi> Hand, so sehen Sie un-<lb/> ter sich den Fluß, die <hi rendition="#g">Limmat,</hi> und eine sehr breite<lb/> Bruͤcke daruͤber, welche zu beiden Seiten mit dichten bun-<lb/> ten Reihen von Gemuͤse- und Obstverkaͤuferinnen besetzt ist;<lb/> zwischen denselben spazieren die franzoͤsischen Chasseurs her-<lb/> um, deren Wachthaus Sie jenseits der Bruͤcke gewahr wer-<lb/> den, Sie glauben nicht, welch ein Leben und Gewimmel<lb/> auf dieser Bruͤcke herrscht. Links hinunter erblicken Sie<lb/> laͤngs dem Flusse zwei lange Straßen, und einen Theil<lb/> der Stadt. Oeffnen Sie das Fenster <hi rendition="#g">rechter</hi> Hand,<lb/> so haben Sie unter ihren Fuͤßen einen freien sehr lebhaf-<lb/> ten Platz, und gerade vor sich den Zuͤricher See, von la-<lb/> chenden Landhaͤusern eingefaßt, die wiederum von den Al-<lb/> pen begraͤnzt sind, uͤber denen sich wiederum die Schnee-<lb/> koppen erheben. Dies Amphitheater, aus sanfter und<lb/> rauher Natur zusammengesetzt, mit dem Menschengewim-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [26/0030]
ist gut. Der Rheinfall hat meine Erwartung nicht uͤber-
troffen, aber in einem hohen Grade befriedigt. Manche
Reisende hatten mir die Wirkung seines Anblicks geringer
schildern wollen, als ich sie wirklich fand. Es ist ein im-
ponirendes Schauspiel, an dessen Beschreibung sich keine
Feder wagen darf. — Die Gegend um Zuͤrich hat mir
sehr gefallen, vielleicht doch nur mehr als alle uͤbrigen,
weil der Aufenthalt durch gute Menschen mir interessant
wurde. Die Aussicht vom Buͤrgeli uͤber den See nach
Schneekoppen ist sehr reizend. Fast noch reizender, we-
nigstens noch mannichfaltiger, ist die aus den Zimmern
des Gasthofes (zum Schwerdt), welche ich bewohnte.
Man hat dieser Aussicht im Vorbeigehen schon oft erwaͤhnt;
ich will Jhnen etwas umstaͤndlicher — nicht beschrei-
ben (davor behuͤte mich Gott!) sondern nur aufzaͤhlen,
was Sie alles sehen. Das Zimmer ist ein Eckzimmer.
Oeffnen Sie ein Fenster linker Hand, so sehen Sie un-
ter sich den Fluß, die Limmat, und eine sehr breite
Bruͤcke daruͤber, welche zu beiden Seiten mit dichten bun-
ten Reihen von Gemuͤse- und Obstverkaͤuferinnen besetzt ist;
zwischen denselben spazieren die franzoͤsischen Chasseurs her-
um, deren Wachthaus Sie jenseits der Bruͤcke gewahr wer-
den, Sie glauben nicht, welch ein Leben und Gewimmel
auf dieser Bruͤcke herrscht. Links hinunter erblicken Sie
laͤngs dem Flusse zwei lange Straßen, und einen Theil
der Stadt. Oeffnen Sie das Fenster rechter Hand,
so haben Sie unter ihren Fuͤßen einen freien sehr lebhaf-
ten Platz, und gerade vor sich den Zuͤricher See, von la-
chenden Landhaͤusern eingefaßt, die wiederum von den Al-
pen begraͤnzt sind, uͤber denen sich wiederum die Schnee-
koppen erheben. Dies Amphitheater, aus sanfter und
rauher Natur zusammengesetzt, mit dem Menschengewim-
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