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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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bänder darunter, welche man einem Skelett abgenom-
men, die aber doch bei weitem nicht so schwer sind, als
sie aussehen. Ferner Dames-Ohrringe, die mir sehr
unbequem geschienen.

Seltsam aufgefallen ist mir eine Tafel, auf wel-
cher die Megarenser, auf Befehl des Orakels von Del-
phos, einem gewissen Orippos ein Ehrendenkmaal er-
richtet, weil er den Preis des Laufens in den olympi-
schen Spielen zum erstenmal ganz nackend errungen.
Vorher pflegte man immer Etwas um die Lenden zu be-
halten, das wenigstens die Stelle eines Feigenblattes er-
setzen konnte. Doch je nackender der Preisbewerber war,
je leichter mußte ihm wohl das Laufen werden; das Ora-
kal hat also wahrscheinlich nicht die größere Geschicklich-
keit des Orippos, sondern vielleicht seine Verachtung der
Vorurtheile belohnen wollen.

Neben einem merkwürdigen Stein mit phönizi-
scher
Schrift steht eine sehr alte, und ausdrucksvolle
Büste eines methodischen Arztes, medicus asiaticus ge-
nannt, von dem die Jnschrift rühmt, er habe viel Gu-
tes und viel Böses in seinem Leben erfahren, und sey
Oberhaupt der methodischen Sekte gewesen.

Aeußerst interessant ist ein schöner Stein, größer
als ein Kopf, mit Figuren und persepolitanischer
Keilschrift,
die, wo ich nicht irre, der gelehrte Lich-
tenstein in Helmstädt bereits zu erklären versucht hat.
Es soll ein Klagelied seyn; ich begreife aber nicht,
wozu der Stein gedient haben kann? Zum Aufrechtste-
hen ist er nicht gerichtet, denn er läuft oben und unten
schmal zu; man sieht auch nicht, daß er irgend worin
oder worauf befestigt gewesen. Zum Liegen ist er auch
nicht eingerichtet, denn dann würde die Schrift auf einer

baͤnder darunter, welche man einem Skelett abgenom-
men, die aber doch bei weitem nicht so schwer sind, als
sie aussehen. Ferner Dames-Ohrringe, die mir sehr
unbequem geschienen.

Seltsam aufgefallen ist mir eine Tafel, auf wel-
cher die Megarenser, auf Befehl des Orakels von Del-
phos, einem gewissen Orippos ein Ehrendenkmaal er-
richtet, weil er den Preis des Laufens in den olympi-
schen Spielen zum erstenmal ganz nackend errungen.
Vorher pflegte man immer Etwas um die Lenden zu be-
halten, das wenigstens die Stelle eines Feigenblattes er-
setzen konnte. Doch je nackender der Preisbewerber war,
je leichter mußte ihm wohl das Laufen werden; das Ora-
kal hat also wahrscheinlich nicht die groͤßere Geschicklich-
keit des Orippos, sondern vielleicht seine Verachtung der
Vorurtheile belohnen wollen.

Neben einem merkwuͤrdigen Stein mit phoͤnizi-
scher
Schrift steht eine sehr alte, und ausdrucksvolle
Buͤste eines methodischen Arztes, medicus asiaticus ge-
nannt, von dem die Jnschrift ruͤhmt, er habe viel Gu-
tes und viel Boͤses in seinem Leben erfahren, und sey
Oberhaupt der methodischen Sekte gewesen.

Aeußerst interessant ist ein schoͤner Stein, groͤßer
als ein Kopf, mit Figuren und persepolitanischer
Keilschrift,
die, wo ich nicht irre, der gelehrte Lich-
tenstein in Helmstaͤdt bereits zu erklaͤren versucht hat.
Es soll ein Klagelied seyn; ich begreife aber nicht,
wozu der Stein gedient haben kann? Zum Aufrechtste-
hen ist er nicht gerichtet, denn er laͤuft oben und unten
schmal zu; man sieht auch nicht, daß er irgend worin
oder worauf befestigt gewesen. Zum Liegen ist er auch
nicht eingerichtet, denn dann wuͤrde die Schrift auf einer

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[15/0015] baͤnder darunter, welche man einem Skelett abgenom- men, die aber doch bei weitem nicht so schwer sind, als sie aussehen. Ferner Dames-Ohrringe, die mir sehr unbequem geschienen. Seltsam aufgefallen ist mir eine Tafel, auf wel- cher die Megarenser, auf Befehl des Orakels von Del- phos, einem gewissen Orippos ein Ehrendenkmaal er- richtet, weil er den Preis des Laufens in den olympi- schen Spielen zum erstenmal ganz nackend errungen. Vorher pflegte man immer Etwas um die Lenden zu be- halten, das wenigstens die Stelle eines Feigenblattes er- setzen konnte. Doch je nackender der Preisbewerber war, je leichter mußte ihm wohl das Laufen werden; das Ora- kal hat also wahrscheinlich nicht die groͤßere Geschicklich- keit des Orippos, sondern vielleicht seine Verachtung der Vorurtheile belohnen wollen. Neben einem merkwuͤrdigen Stein mit phoͤnizi- scher Schrift steht eine sehr alte, und ausdrucksvolle Buͤste eines methodischen Arztes, medicus asiaticus ge- nannt, von dem die Jnschrift ruͤhmt, er habe viel Gu- tes und viel Boͤses in seinem Leben erfahren, und sey Oberhaupt der methodischen Sekte gewesen. Aeußerst interessant ist ein schoͤner Stein, groͤßer als ein Kopf, mit Figuren und persepolitanischer Keilschrift, die, wo ich nicht irre, der gelehrte Lich- tenstein in Helmstaͤdt bereits zu erklaͤren versucht hat. Es soll ein Klagelied seyn; ich begreife aber nicht, wozu der Stein gedient haben kann? Zum Aufrechtste- hen ist er nicht gerichtet, denn er laͤuft oben und unten schmal zu; man sieht auch nicht, daß er irgend worin oder worauf befestigt gewesen. Zum Liegen ist er auch nicht eingerichtet, denn dann wuͤrde die Schrift auf einer

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 15. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/15>, abgerufen am 21.11.2024.