Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.verlassen und zur Armee gehen durfte, denn nur in der verlassen und zur Armee gehen durfte, denn nur in der <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0160" n="160"/> verlassen und zur Armee gehen durfte, denn nur in der<lb/> Armee fand man eine Freistatt. — Eben so oft trifft<lb/> man, ohne es zu ahnen, auf Maͤnner, die waͤhrend der<lb/> Revolution große Rollen gespielt haben, und jetzt nicht<lb/> einmal den Schein davon haben moͤgen, wenn sie gleich<lb/> als Maͤnner von Gefuͤhl und Ehre handelten. Da ist<lb/> z. B. der brave Schauspieler des Théaters français,<lb/> Michot, (der Einzige, den ich in gewißen launigten Rol-<lb/> len mit Jffland vergleichen moͤchte,) der machte zwei<lb/> Feldzuͤge mit, wurde blessirt, dann als Kommissair des<lb/> Gouvernements an den General Montesquieu mit der<lb/> Ordre geschickt, Savoyen zu besetzen. Dort machte er<lb/> sich bei den Einwohnern sehr beliebt, weil er menschlich<lb/> war, und nicht litt, daß man die Ceremonien der Re-<lb/> ligion verspotte oder hindere. Bei seiner Zuruͤckkunft<lb/> ward er zum Deputirten, und zu verschiedenen andern<lb/> Aemtern gewaͤhlt, war aber so klug, Alles auszuschla-<lb/> gen: denn, haͤtte er sie angenommen, so waͤre er, als<lb/> ein Freund der Girondisten, sicher mit diesen guillotinirt<lb/> worden. Er behielt also bloß seinen Platz unter der Na-<lb/> tionalgarde, und uͤbernahm oft die Wache bei Ludwig<lb/> dem XVJ. Diesem erleichterte er sein Schicksal, so viel<lb/> in seinen Kraͤften stand. Sah er sich unbeobachtet, so<lb/> nahm er sogleich seinen Hut ab, nannte den Koͤnig Sire<lb/> und Votre Majesté. Auf sein Verlangen steckte er ihm<lb/> auch den Tacitus und Gilblas zu. Der Koͤnig hatte<lb/> Vertrauen zu ihm und fragte Michot einigemal, was er<lb/> wohl glaube, daß man mit ihm anfangen werde? —<lb/> Michot troͤstete ihn stets mit der Aussicht, zu seinen Ver-<lb/> wandten nach Spanien geschickt zu werden: denn Michot<lb/> selbst hielt sich uͤberzeugt, daß man zu keinem Extrem<lb/> schreiten werde. Er sagt noch jetzt mit einer Ueberzeu-<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [160/0160]
verlassen und zur Armee gehen durfte, denn nur in der
Armee fand man eine Freistatt. — Eben so oft trifft
man, ohne es zu ahnen, auf Maͤnner, die waͤhrend der
Revolution große Rollen gespielt haben, und jetzt nicht
einmal den Schein davon haben moͤgen, wenn sie gleich
als Maͤnner von Gefuͤhl und Ehre handelten. Da ist
z. B. der brave Schauspieler des Théaters français,
Michot, (der Einzige, den ich in gewißen launigten Rol-
len mit Jffland vergleichen moͤchte,) der machte zwei
Feldzuͤge mit, wurde blessirt, dann als Kommissair des
Gouvernements an den General Montesquieu mit der
Ordre geschickt, Savoyen zu besetzen. Dort machte er
sich bei den Einwohnern sehr beliebt, weil er menschlich
war, und nicht litt, daß man die Ceremonien der Re-
ligion verspotte oder hindere. Bei seiner Zuruͤckkunft
ward er zum Deputirten, und zu verschiedenen andern
Aemtern gewaͤhlt, war aber so klug, Alles auszuschla-
gen: denn, haͤtte er sie angenommen, so waͤre er, als
ein Freund der Girondisten, sicher mit diesen guillotinirt
worden. Er behielt also bloß seinen Platz unter der Na-
tionalgarde, und uͤbernahm oft die Wache bei Ludwig
dem XVJ. Diesem erleichterte er sein Schicksal, so viel
in seinen Kraͤften stand. Sah er sich unbeobachtet, so
nahm er sogleich seinen Hut ab, nannte den Koͤnig Sire
und Votre Majesté. Auf sein Verlangen steckte er ihm
auch den Tacitus und Gilblas zu. Der Koͤnig hatte
Vertrauen zu ihm und fragte Michot einigemal, was er
wohl glaube, daß man mit ihm anfangen werde? —
Michot troͤstete ihn stets mit der Aussicht, zu seinen Ver-
wandten nach Spanien geschickt zu werden: denn Michot
selbst hielt sich uͤberzeugt, daß man zu keinem Extrem
schreiten werde. Er sagt noch jetzt mit einer Ueberzeu-
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