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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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ist noch von einem einfachen hölzernen Geländer und von
den Schrecken der Erinnerung umgeben.

Man nennt in Paris die Dinge so ziemlich bei ihren
Namen. Nur eine gewiße Bequemlichkeit, die doch im
Grunde ganz unschuldig ist, bezeichnet man durch den
Ausdruck: lieu a l'angloise. Hingegen biethet ein Fri-
seur im Palais Royal auf einem großen gedruckten Zedel
nicht allein Wasser für die Eier aller Jnsekten an, die
sich in die Haare hängen, sondern auch noch einen gewi-
ßen Essig, den er geradezu nennt, und dadurch das
vielleicht noch schuldlose Mädchen die Kunst lehrt, trotz
aller Ausschweifungen, seinen künftigen Bräutigam zu
betrügen. Daher kommt es dann auch, daß man in ei-
nem einzigen Tageblatte sechs Ehescheidungen an-
gezeigt findet, wobei freilich die gefällige Justiz gewöhn-
lich incompatibilite d'humeur et de caractere als Grund
angiebt.

Auf den Straßen, und besonders im Palais-Royal,
widerfährt es Einem oft, daß ein Kerl, der Broschüren,
Kalender u. dgl. verkauft, Einem ins Ohr zischelt: Mon-
sieur, volez vous jouir de la plus belle femme de
Paris? -- Jch weis nicht, in wie weit er sein Verspre-
chen wahr zu machen im Stande seyn würde.

Eifersucht zeigt sich, wie man versichert, hier sel-
ten, und nur als galante Jronie. Eine Dame, die ih-
ren Mann Nachts bei einer andern wußte, ließ dieser
glücklichen Nebenbuhlerinn eine Nachtmusik bringen, und
nach jeder Arie rief ein dazu bestellter Mensch mit lauter
Stimme: "Diese Nachtmusik ist für Madam X, im Na-
"men des Herrn Y, der in diesem Augenblicke bei ihr
"schläft."

ist noch von einem einfachen hoͤlzernen Gelaͤnder und von
den Schrecken der Erinnerung umgeben.

Man nennt in Paris die Dinge so ziemlich bei ihren
Namen. Nur eine gewiße Bequemlichkeit, die doch im
Grunde ganz unschuldig ist, bezeichnet man durch den
Ausdruck: lieu à l'angloise. Hingegen biethet ein Fri-
seur im Palais Royal auf einem großen gedruckten Zedel
nicht allein Wasser fuͤr die Eier aller Jnsekten an, die
sich in die Haare haͤngen, sondern auch noch einen gewi-
ßen Essig, den er geradezu nennt, und dadurch das
vielleicht noch schuldlose Maͤdchen die Kunst lehrt, trotz
aller Ausschweifungen, seinen kuͤnftigen Braͤutigam zu
betruͤgen. Daher kommt es dann auch, daß man in ei-
nem einzigen Tageblatte sechs Ehescheidungen an-
gezeigt findet, wobei freilich die gefaͤllige Justiz gewoͤhn-
lich incompatibilité d'humeur et de caractère als Grund
angiebt.

Auf den Straßen, und besonders im Palais-Royal,
widerfaͤhrt es Einem oft, daß ein Kerl, der Broschuͤren,
Kalender u. dgl. verkauft, Einem ins Ohr zischelt: Mon-
sieur, volez vous jouir de la plus belle femme de
Paris? — Jch weis nicht, in wie weit er sein Verspre-
chen wahr zu machen im Stande seyn wuͤrde.

Eifersucht zeigt sich, wie man versichert, hier sel-
ten, und nur als galante Jronie. Eine Dame, die ih-
ren Mann Nachts bei einer andern wußte, ließ dieser
gluͤcklichen Nebenbuhlerinn eine Nachtmusik bringen, und
nach jeder Arie rief ein dazu bestellter Mensch mit lauter
Stimme: „Diese Nachtmusik ist fuͤr Madam X, im Na-
„men des Herrn Y, der in diesem Augenblicke bei ihr
„schlaͤft.“

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[170/0170] ist noch von einem einfachen hoͤlzernen Gelaͤnder und von den Schrecken der Erinnerung umgeben. Man nennt in Paris die Dinge so ziemlich bei ihren Namen. Nur eine gewiße Bequemlichkeit, die doch im Grunde ganz unschuldig ist, bezeichnet man durch den Ausdruck: lieu à l'angloise. Hingegen biethet ein Fri- seur im Palais Royal auf einem großen gedruckten Zedel nicht allein Wasser fuͤr die Eier aller Jnsekten an, die sich in die Haare haͤngen, sondern auch noch einen gewi- ßen Essig, den er geradezu nennt, und dadurch das vielleicht noch schuldlose Maͤdchen die Kunst lehrt, trotz aller Ausschweifungen, seinen kuͤnftigen Braͤutigam zu betruͤgen. Daher kommt es dann auch, daß man in ei- nem einzigen Tageblatte sechs Ehescheidungen an- gezeigt findet, wobei freilich die gefaͤllige Justiz gewoͤhn- lich incompatibilité d'humeur et de caractère als Grund angiebt. Auf den Straßen, und besonders im Palais-Royal, widerfaͤhrt es Einem oft, daß ein Kerl, der Broschuͤren, Kalender u. dgl. verkauft, Einem ins Ohr zischelt: Mon- sieur, volez vous jouir de la plus belle femme de Paris? — Jch weis nicht, in wie weit er sein Verspre- chen wahr zu machen im Stande seyn wuͤrde. Eifersucht zeigt sich, wie man versichert, hier sel- ten, und nur als galante Jronie. Eine Dame, die ih- ren Mann Nachts bei einer andern wußte, ließ dieser gluͤcklichen Nebenbuhlerinn eine Nachtmusik bringen, und nach jeder Arie rief ein dazu bestellter Mensch mit lauter Stimme: „Diese Nachtmusik ist fuͤr Madam X, im Na- „men des Herrn Y, der in diesem Augenblicke bei ihr „schlaͤft.“

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 170. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/170>, abgerufen am 21.11.2024.