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Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804.

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Jm Ganzen habe ich von der jetzigen Prozedur der
Franzosen bei Kriminalverhören eine sehr günstige Mei-
nung bekommen, und ich wüßte in der That nicht, wie
sie zweckmäßiger eingerichtet werden könnte.

Das Nachmachen des gemünzten sowohl, als des
Papiergeldes, ist jetzt ein häufig vorkommendes Verbre-
chen, zu welchem das große Elend treibt. Aber je sinn-
reicher die Fabrikanten sind, je wachsamer ist die Polizey.
Am 22sten Oktober wurde Einer Namens Pescio St. Si-
mon guillotinirt, weil er die neuen Fünffrankenstücke mit
Bonaparte's Bildnisse nachgemacht hatte. Er kaufte zum
erstenmal für 6 Sous Gemüse, und wechselte einen sei-
ner falschen Thaler, den man sogleich für falsch erkannte,
dem Wechsler nachsetzte, und ihn einholte, als er aber-
mals 4 Sous Toback mit seiner fabrizierten Münze be-
zahlen wollte. Sobald er jedoch merkte, daß er in Ge-
fahr sey, ließ er sein Geldstück fallen, und entsprang
glücklich. Einige Tage nachher trieb ihn der Hunger
doch wieder heraus, er wagte sich zu einem Fruchthänd-
ler, in dem Augenblicke, als nur die Frau desselben in
der Bude war, von der er vermuthlich wußte, daß sie
ein blödes Gesicht habe. Jhr gab er ein Fünffrankenstück,
sie verließ sich aber nicht auf ihre Augen, sondern rief
ihren Mann herbei, der es sogleich für falsch erkannte,
und den Pescio ersuchte, mit ihm zum Polizeykommis-
sair zu gehen. Statt der Einladung zu folgen, lief er
davon, der Fruchthändler hinter ihm her, aus vollem
Halse schreiend. Sogleich arretirten ihn die Vorüberge-
henden; als sie aber hörten, warum man ihn der Po-
lizey ausliefern wollte, bemühten sie sich, (welches sehr
merkwürdig ist,) ihn wieder durchschlüpfen zu lassen.
Offenbar sieht also das Volk dieses Verbrechen nicht für so

Jm Ganzen habe ich von der jetzigen Prozedur der
Franzosen bei Kriminalverhoͤren eine sehr guͤnstige Mei-
nung bekommen, und ich wuͤßte in der That nicht, wie
sie zweckmaͤßiger eingerichtet werden koͤnnte.

Das Nachmachen des gemuͤnzten sowohl, als des
Papiergeldes, ist jetzt ein haͤufig vorkommendes Verbre-
chen, zu welchem das große Elend treibt. Aber je sinn-
reicher die Fabrikanten sind, je wachsamer ist die Polizey.
Am 22sten Oktober wurde Einer Namens Pescio St. Si-
mon guillotinirt, weil er die neuen Fuͤnffrankenstuͤcke mit
Bonaparte's Bildnisse nachgemacht hatte. Er kaufte zum
erstenmal fuͤr 6 Sous Gemuͤse, und wechselte einen sei-
ner falschen Thaler, den man sogleich fuͤr falsch erkannte,
dem Wechsler nachsetzte, und ihn einholte, als er aber-
mals 4 Sous Toback mit seiner fabrizierten Muͤnze be-
zahlen wollte. Sobald er jedoch merkte, daß er in Ge-
fahr sey, ließ er sein Geldstuͤck fallen, und entsprang
gluͤcklich. Einige Tage nachher trieb ihn der Hunger
doch wieder heraus, er wagte sich zu einem Fruchthaͤnd-
ler, in dem Augenblicke, als nur die Frau desselben in
der Bude war, von der er vermuthlich wußte, daß sie
ein bloͤdes Gesicht habe. Jhr gab er ein Fuͤnffrankenstuͤck,
sie verließ sich aber nicht auf ihre Augen, sondern rief
ihren Mann herbei, der es sogleich fuͤr falsch erkannte,
und den Pescio ersuchte, mit ihm zum Polizeykommis-
sair zu gehen. Statt der Einladung zu folgen, lief er
davon, der Fruchthaͤndler hinter ihm her, aus vollem
Halse schreiend. Sogleich arretirten ihn die Voruͤberge-
henden; als sie aber hoͤrten, warum man ihn der Po-
lizey ausliefern wollte, bemuͤhten sie sich, (welches sehr
merkwuͤrdig ist,) ihn wieder durchschluͤpfen zu lassen.
Offenbar sieht also das Volk dieses Verbrechen nicht fuͤr so

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[28/0028] Jm Ganzen habe ich von der jetzigen Prozedur der Franzosen bei Kriminalverhoͤren eine sehr guͤnstige Mei- nung bekommen, und ich wuͤßte in der That nicht, wie sie zweckmaͤßiger eingerichtet werden koͤnnte. Das Nachmachen des gemuͤnzten sowohl, als des Papiergeldes, ist jetzt ein haͤufig vorkommendes Verbre- chen, zu welchem das große Elend treibt. Aber je sinn- reicher die Fabrikanten sind, je wachsamer ist die Polizey. Am 22sten Oktober wurde Einer Namens Pescio St. Si- mon guillotinirt, weil er die neuen Fuͤnffrankenstuͤcke mit Bonaparte's Bildnisse nachgemacht hatte. Er kaufte zum erstenmal fuͤr 6 Sous Gemuͤse, und wechselte einen sei- ner falschen Thaler, den man sogleich fuͤr falsch erkannte, dem Wechsler nachsetzte, und ihn einholte, als er aber- mals 4 Sous Toback mit seiner fabrizierten Muͤnze be- zahlen wollte. Sobald er jedoch merkte, daß er in Ge- fahr sey, ließ er sein Geldstuͤck fallen, und entsprang gluͤcklich. Einige Tage nachher trieb ihn der Hunger doch wieder heraus, er wagte sich zu einem Fruchthaͤnd- ler, in dem Augenblicke, als nur die Frau desselben in der Bude war, von der er vermuthlich wußte, daß sie ein bloͤdes Gesicht habe. Jhr gab er ein Fuͤnffrankenstuͤck, sie verließ sich aber nicht auf ihre Augen, sondern rief ihren Mann herbei, der es sogleich fuͤr falsch erkannte, und den Pescio ersuchte, mit ihm zum Polizeykommis- sair zu gehen. Statt der Einladung zu folgen, lief er davon, der Fruchthaͤndler hinter ihm her, aus vollem Halse schreiend. Sogleich arretirten ihn die Voruͤberge- henden; als sie aber hoͤrten, warum man ihn der Po- lizey ausliefern wollte, bemuͤhten sie sich, (welches sehr merkwuͤrdig ist,) ihn wieder durchschluͤpfen zu lassen. Offenbar sieht also das Volk dieses Verbrechen nicht fuͤr so

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Erinnerungen aus Paris im Jahre 1804. Bd. 2. Berlin, 1804, S. 28. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_erinnerungen02_1804/28>, abgerufen am 23.11.2024.