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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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mordete Tugend das Maas seiner Bubenstücke bis
an den Rand füllen wird.
Gräfin. Schrecklich! aber mit diesem Herzen
konnte meine Freundin nicht lange irren.
Eulal. Lange genug, um nie es büßen zu kön-
nen. Freylich verflog der Rausch in wenig Wochen;
ich rief den Namen meines biedern Gatten -- ver-
gebens! -- ich horchte auf das Lallen meiner Kin-
der -- umsonst! Ach! was ich damals empfand,
als der Nebel vor meinen Augen zerfloß! --
Gräfin. Weg mit dieser Rückerinnerung! --
Ich errathe das Ende Ihrer Geschichte. Sie ver-
ließen Ihren Verführer.
Eulal. Das that ich -- und flüchtete zu einer
edlen Seele, die mir ein Plätzchen gab, auf dem
ich weinen darf -- und mir auch ein Plätzchen ge-
ben wird, auf dem ich sterben könne.
Gräfin. (sie in ihre Arme schließend) Hier, nur hier
an meinem Busen sollen in Zukunft Ihre Thränen
fließen, und möcht' es mir gelingen, dich, arme
Leidende! wieder mit der Hoffnung vertraut zu
machen!
Eulal. Ach nein! ach nein!
G 3
mordete Tugend das Maas ſeiner Bubenſtuͤcke bis
an den Rand fuͤllen wird.
Graͤfin. Schrecklich! aber mit dieſem Herzen
konnte meine Freundin nicht lange irren.
Eulal. Lange genug, um nie es buͤßen zu koͤn-
nen. Freylich verflog der Rauſch in wenig Wochen;
ich rief den Namen meines biedern Gatten — ver-
gebens! — ich horchte auf das Lallen meiner Kin-
der — umſonſt! Ach! was ich damals empfand,
als der Nebel vor meinen Augen zerfloß! —
Graͤfin. Weg mit dieſer Ruͤckerinnerung! —
Ich errathe das Ende Ihrer Geſchichte. Sie ver-
ließen Ihren Verfuͤhrer.
Eulal. Das that ich — und fluͤchtete zu einer
edlen Seele, die mir ein Plaͤtzchen gab, auf dem
ich weinen darf — und mir auch ein Plaͤtzchen ge-
ben wird, auf dem ich ſterben koͤnne.
Graͤfin. (ſie in ihre Arme ſchließend) Hier, nur hier
an meinem Buſen ſollen in Zukunft Ihre Thraͤnen
fließen, und moͤcht’ es mir gelingen, dich, arme
Leidende! wieder mit der Hoffnung vertraut zu
machen!
Eulal. Ach nein! ach nein!
G 3
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[101/0109] mordete Tugend das Maas ſeiner Bubenſtuͤcke bis an den Rand fuͤllen wird. Graͤfin. Schrecklich! aber mit dieſem Herzen konnte meine Freundin nicht lange irren. Eulal. Lange genug, um nie es buͤßen zu koͤn- nen. Freylich verflog der Rauſch in wenig Wochen; ich rief den Namen meines biedern Gatten — ver- gebens! — ich horchte auf das Lallen meiner Kin- der — umſonſt! Ach! was ich damals empfand, als der Nebel vor meinen Augen zerfloß! — Graͤfin. Weg mit dieſer Ruͤckerinnerung! — Ich errathe das Ende Ihrer Geſchichte. Sie ver- ließen Ihren Verfuͤhrer. Eulal. Das that ich — und fluͤchtete zu einer edlen Seele, die mir ein Plaͤtzchen gab, auf dem ich weinen darf — und mir auch ein Plaͤtzchen ge- ben wird, auf dem ich ſterben koͤnne. Graͤfin. (ſie in ihre Arme ſchließend) Hier, nur hier an meinem Buſen ſollen in Zukunft Ihre Thraͤnen fließen, und moͤcht’ es mir gelingen, dich, arme Leidende! wieder mit der Hoffnung vertraut zu machen! Eulal. Ach nein! ach nein! G 3

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 101. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/109>, abgerufen am 27.11.2024.