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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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so lange entbehrt, und dessen es gerade in diesem
Augenblick so sehr bedarf.
Unbek. Ja, ich bin dein Freund, dein wahrer
Freund. Du bist ein guter Mensch, ein seltner
Mensch. Mein Herz ist unverändert gegen dich.
Ist aber diese Versicherung dir lieb und werth --
so -- Horst! -- so verlaß mich und komme nie wie-
der zu mir.
Major. Alles, was ich von dir sehe, alles,
was ich von dir höre, ist mir ein Räthsel. Du
bist es, dein Gesicht schwebt vor mir, aber das
sind nicht die Züge, welche einst unsere französi-
schen Mädchen bezauberten, Freude in jede Ver-
sammlung brachten, dir Freunde erwarben, ehe
du noch den Mund aufthatest.
Unbek. Du vergissest, daß ich sieben Jahre äl-
ter geworden bin.
Major. Freylich, dann bist du ein paar Jahre
über dreyßig. -- Warum vermeidest du mich an-
zusehn? ist Freundesantlitz dir zuwider geworden?
oder bist du scheu, dein Auge zum Spiegel deiner
Seele zu machen? Wo ist der offene Feuerblick, der
sonst in aller Herzen las?
ſo lange entbehrt, und deſſen es gerade in dieſem
Augenblick ſo ſehr bedarf.
Unbek. Ja, ich bin dein Freund, dein wahrer
Freund. Du biſt ein guter Menſch, ein ſeltner
Menſch. Mein Herz iſt unveraͤndert gegen dich.
Iſt aber dieſe Verſicherung dir lieb und werth —
ſo — Horſt! — ſo verlaß mich und komme nie wie-
der zu mir.
Major. Alles, was ich von dir ſehe, alles,
was ich von dir hoͤre, iſt mir ein Raͤthſel. Du
biſt es, dein Geſicht ſchwebt vor mir, aber das
ſind nicht die Zuͤge, welche einſt unſere franzoͤſi-
ſchen Maͤdchen bezauberten, Freude in jede Ver-
ſammlung brachten, dir Freunde erwarben, ehe
du noch den Mund aufthateſt.
Unbek. Du vergiſſeſt, daß ich ſieben Jahre aͤl-
ter geworden bin.
Major. Freylich, dann biſt du ein paar Jahre
uͤber dreyßig. — Warum vermeideſt du mich an-
zuſehn? iſt Freundesantlitz dir zuwider geworden?
oder biſt du ſcheu, dein Auge zum Spiegel deiner
Seele zu machen? Wo iſt der offene Feuerblick, der
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[109/0117] ſo lange entbehrt, und deſſen es gerade in dieſem Augenblick ſo ſehr bedarf. Unbek. Ja, ich bin dein Freund, dein wahrer Freund. Du biſt ein guter Menſch, ein ſeltner Menſch. Mein Herz iſt unveraͤndert gegen dich. Iſt aber dieſe Verſicherung dir lieb und werth — ſo — Horſt! — ſo verlaß mich und komme nie wie- der zu mir. Major. Alles, was ich von dir ſehe, alles, was ich von dir hoͤre, iſt mir ein Raͤthſel. Du biſt es, dein Geſicht ſchwebt vor mir, aber das ſind nicht die Zuͤge, welche einſt unſere franzoͤſi- ſchen Maͤdchen bezauberten, Freude in jede Ver- ſammlung brachten, dir Freunde erwarben, ehe du noch den Mund aufthateſt. Unbek. Du vergiſſeſt, daß ich ſieben Jahre aͤl- ter geworden bin. Major. Freylich, dann biſt du ein paar Jahre uͤber dreyßig. — Warum vermeideſt du mich an- zuſehn? iſt Freundesantlitz dir zuwider geworden? oder biſt du ſcheu, dein Auge zum Spiegel deiner Seele zu machen? Wo iſt der offene Feuerblick, der ſonſt in aller Herzen las?

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 109. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/117>, abgerufen am 26.11.2024.