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Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.

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Minute seines Lebens -- tropfenweise, wie das
erste Glas Rheinwein, welches der Arzt einem Kran-
ken erlaubt. Aber gestehn Sie, Herr Major, der
Graf ist ein Schooskind des Glücks. Nicht um
Geburt und Reichthum, nein, um der gesunden
Mischung seiner Säfte willen. Ein gesunder Kör-
per ist gerne gepaart mit einer heitern Seele. Kranke
Nerven, trägeschleichendes Blut, würden den
Grafen elend machen, selbst in den Armen Ihrer
liebenswürdigen Schwester.
Der Major. (der immer sichtbarer betroffen wird, so
wie Eulaliens Verstand sich mehr und mehr ihm entwickelt)

Sehr wahr, Madam! -- und mein guter bequemer
Schwager scheint sein Glück zu fühlen und festhal-
ten zu wollen. Er hat den Dienst verlassen, um
ganz sich selbst zu leben.
Eulal. Wirklich? Das macht seinem Kopfe Ehre.
Der Major. Wenn nur die Einsamkeit ihm
nicht am Ende lästig wird.
Eulal. Ich denke, Herr Major, für den, der
ein unbefangenes Herz in die Einsamkeit mitbringt,
erhöht sie jede Freude des Lebens.
Der Major. Zum ersten Male hör' ich das Lob
der Einsamkeit aus einem schönen Munde.
Minute ſeines Lebens — tropfenweiſe, wie das
erſte Glas Rheinwein, welches der Arzt einem Kran-
ken erlaubt. Aber geſtehn Sie, Herr Major, der
Graf iſt ein Schooskind des Gluͤcks. Nicht um
Geburt und Reichthum, nein, um der geſunden
Miſchung ſeiner Saͤfte willen. Ein geſunder Koͤr-
per iſt gerne gepaart mit einer heitern Seele. Kranke
Nerven, traͤgeſchleichendes Blut, wuͤrden den
Grafen elend machen, ſelbſt in den Armen Ihrer
liebenswuͤrdigen Schweſter.
Der Major. (der immer ſichtbarer betroffen wird, ſo
wie Eulaliens Verſtand ſich mehr und mehr ihm entwickelt)

Sehr wahr, Madam! — und mein guter bequemer
Schwager ſcheint ſein Gluͤck zu fuͤhlen und feſthal-
ten zu wollen. Er hat den Dienſt verlaſſen, um
ganz ſich ſelbſt zu leben.
Eulal. Wirklich? Das macht ſeinem Kopfe Ehre.
Der Major. Wenn nur die Einſamkeit ihm
nicht am Ende laͤſtig wird.
Eulal. Ich denke, Herr Major, fuͤr den, der
ein unbefangenes Herz in die Einſamkeit mitbringt,
erhoͤht ſie jede Freude des Lebens.
Der Major. Zum erſten Male hoͤr’ ich das Lob
der Einſamkeit aus einem ſchoͤnen Munde.
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[42/0050] Minute ſeines Lebens — tropfenweiſe, wie das erſte Glas Rheinwein, welches der Arzt einem Kran- ken erlaubt. Aber geſtehn Sie, Herr Major, der Graf iſt ein Schooskind des Gluͤcks. Nicht um Geburt und Reichthum, nein, um der geſunden Miſchung ſeiner Saͤfte willen. Ein geſunder Koͤr- per iſt gerne gepaart mit einer heitern Seele. Kranke Nerven, traͤgeſchleichendes Blut, wuͤrden den Grafen elend machen, ſelbſt in den Armen Ihrer liebenswuͤrdigen Schweſter. Der Major. (der immer ſichtbarer betroffen wird, ſo wie Eulaliens Verſtand ſich mehr und mehr ihm entwickelt) Sehr wahr, Madam! — und mein guter bequemer Schwager ſcheint ſein Gluͤck zu fuͤhlen und feſthal- ten zu wollen. Er hat den Dienſt verlaſſen, um ganz ſich ſelbſt zu leben. Eulal. Wirklich? Das macht ſeinem Kopfe Ehre. Der Major. Wenn nur die Einſamkeit ihm nicht am Ende laͤſtig wird. Eulal. Ich denke, Herr Major, fuͤr den, der ein unbefangenes Herz in die Einſamkeit mitbringt, erhoͤht ſie jede Freude des Lebens. Der Major. Zum erſten Male hoͤr’ ich das Lob der Einſamkeit aus einem ſchoͤnen Munde.

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Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790, S. 42. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_menschenhass_1790/50>, abgerufen am 21.11.2024.