Kotzebue, August von: Menschenhaß und Reue. Berlin, 1790.
thöricht genug seyn, zu verlangen, daß man um meinetwillen auch nur ein Tüttelchen an der wohl- hergebrachten Hofetikette ändre, oder ein Quent- chen vom uralten Adelswahn fahren lasse. Meine Frau wird also nicht bey Hofe erscheinen; und da fragt sichs nur noch, ob wir dabey gewinnen oder verlieren werden? Gräfin. Darum mußt du den alten Hofmar- schall fragen; der kann dir das am besten erklären. Major. Meine Söhne werden weder Domherrn, noch meine Töchter Stiftsfräulein seyn. Das heißt mit andern Worten: meine Söhne werden da nicht erndten, wo sie nicht gesäet haben, und meinen Töchtern -- wenn sie die Tugenden ihrer Mutter erben -- wird es nie an braven Männern fehlen. Gräfin. Besonders, wenn sie sich nach ihrer Tante bilden. Major. Ich ziehe aufs Land; ich bin mir selbst genug. Um meine Bauern glücklich zu machen, be- darf ich keines Titels, und mein eignes Glück zu fühlen, lehrt mich mein Herz. Eine Frau, wie diese -- einst Vater von Kindern, die ihr gleichen -- reich genug, um Wohlstand um mich her zu ver- breiten -- was will der Mensch mehr? Oder wenn F 4
thoͤricht genug ſeyn, zu verlangen, daß man um meinetwillen auch nur ein Tuͤttelchen an der wohl- hergebrachten Hofetikette aͤndre, oder ein Quent- chen vom uralten Adelswahn fahren laſſe. Meine Frau wird alſo nicht bey Hofe erſcheinen; und da fragt ſichs nur noch, ob wir dabey gewinnen oder verlieren werden? Graͤfin. Darum mußt du den alten Hofmar- ſchall fragen; der kann dir das am beſten erklaͤren. Major. Meine Soͤhne werden weder Domherrn, noch meine Toͤchter Stiftsfraͤulein ſeyn. Das heißt mit andern Worten: meine Soͤhne werden da nicht erndten, wo ſie nicht geſaͤet haben, und meinen Toͤchtern — wenn ſie die Tugenden ihrer Mutter erben — wird es nie an braven Maͤnnern fehlen. Graͤfin. Beſonders, wenn ſie ſich nach ihrer Tante bilden. Major. Ich ziehe aufs Land; ich bin mir ſelbſt genug. Um meine Bauern gluͤcklich zu machen, be- darf ich keines Titels, und mein eignes Gluͤck zu fuͤhlen, lehrt mich mein Herz. Eine Frau, wie dieſe — einſt Vater von Kindern, die ihr gleichen — reich genug, um Wohlſtand um mich her zu ver- breiten — was will der Menſch mehr? Oder wenn F 4
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <sp who="#MAJ"> <p><pb facs="#f0095" n="87"/> thoͤricht genug ſeyn, zu verlangen, daß man um<lb/> meinetwillen auch nur ein Tuͤttelchen an der wohl-<lb/> hergebrachten Hofetikette aͤndre, oder ein Quent-<lb/> chen vom uralten Adelswahn fahren laſſe. Meine<lb/> Frau wird alſo nicht bey Hofe erſcheinen; und da<lb/> fragt ſichs nur noch, ob wir dabey gewinnen oder<lb/> verlieren werden?</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Darum mußt du den alten Hofmar-<lb/> ſchall fragen; der kann dir das am beſten erklaͤren.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Meine Soͤhne werden weder Domherrn,<lb/> noch meine Toͤchter Stiftsfraͤulein ſeyn. Das heißt<lb/> mit andern Worten: meine Soͤhne werden da nicht<lb/> erndten, wo ſie nicht geſaͤet haben, und meinen<lb/> Toͤchtern — wenn ſie die Tugenden ihrer Mutter<lb/> erben — wird es nie an braven Maͤnnern fehlen.</p> </sp><lb/> <sp who="#GRAFIN"> <speaker> <hi rendition="#fr">Graͤfin.</hi> </speaker> <p>Beſonders, wenn ſie ſich nach ihrer<lb/> Tante bilden.</p> </sp><lb/> <sp who="#MAJ"> <speaker> <hi rendition="#fr">Major.</hi> </speaker> <p>Ich ziehe aufs Land; ich bin mir ſelbſt<lb/> genug. Um meine Bauern gluͤcklich zu machen, be-<lb/> darf ich keines Titels, und mein eignes Gluͤck zu<lb/> fuͤhlen, lehrt mich mein Herz. Eine Frau, wie<lb/> dieſe — einſt Vater von Kindern, die ihr gleichen —<lb/> reich genug, um Wohlſtand um mich her zu ver-<lb/> breiten — was will der Menſch mehr? Oder wenn<lb/> <fw place="bottom" type="sig">F 4</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [87/0095]
thoͤricht genug ſeyn, zu verlangen, daß man um
meinetwillen auch nur ein Tuͤttelchen an der wohl-
hergebrachten Hofetikette aͤndre, oder ein Quent-
chen vom uralten Adelswahn fahren laſſe. Meine
Frau wird alſo nicht bey Hofe erſcheinen; und da
fragt ſichs nur noch, ob wir dabey gewinnen oder
verlieren werden?
Graͤfin. Darum mußt du den alten Hofmar-
ſchall fragen; der kann dir das am beſten erklaͤren.
Major. Meine Soͤhne werden weder Domherrn,
noch meine Toͤchter Stiftsfraͤulein ſeyn. Das heißt
mit andern Worten: meine Soͤhne werden da nicht
erndten, wo ſie nicht geſaͤet haben, und meinen
Toͤchtern — wenn ſie die Tugenden ihrer Mutter
erben — wird es nie an braven Maͤnnern fehlen.
Graͤfin. Beſonders, wenn ſie ſich nach ihrer
Tante bilden.
Major. Ich ziehe aufs Land; ich bin mir ſelbſt
genug. Um meine Bauern gluͤcklich zu machen, be-
darf ich keines Titels, und mein eignes Gluͤck zu
fuͤhlen, lehrt mich mein Herz. Eine Frau, wie
dieſe — einſt Vater von Kindern, die ihr gleichen —
reich genug, um Wohlſtand um mich her zu ver-
breiten — was will der Menſch mehr? Oder wenn
F 4
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |