Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite
Der frommen Braut entgegen zu eilen,
Die von Canossa herüber zieht;
Und bis den feuchten Witwenschleier
Ihr zu entwinden ihm gelang,
Verbot er Musik und Freudenfeuer
Und jeden prunkenden Empfang.
Wir sollen ihn still und züchtig begrüßen,
Das sey die zarte Wohlstands-Pflicht;
So lange der Königin Thränen fließen
Gezieme sich laute Freude nicht.
Der Dritte.
Doch wird und kann der Mund verstummen
Wenn Jubel aus dem Herzen steigt?
Der Erste. (spöttisch)
Nun freilich wohl, die Mücken summen
Sobald sich eine Sonne zeigt.
Der Dritte.
He Nachbar! scheint es doch als trüget
Ihr einen Groll in dunkler Brust,
Daß eure Stimme sich höhnend füget
Zur allgemeinen Völkerlust.
Der
Der frommen Braut entgegen zu eilen,
Die von Canossa heruͤber zieht;
Und bis den feuchten Witwenschleier
Ihr zu entwinden ihm gelang,
Verbot er Musik und Freudenfeuer
Und jeden prunkenden Empfang.
Wir sollen ihn still und zuͤchtig begruͤßen,
Das sey die zarte Wohlstands-Pflicht;
So lange der Koͤnigin Thraͤnen fließen
Gezieme sich laute Freude nicht.
Der Dritte.
Doch wird und kann der Mund verstummen
Wenn Jubel aus dem Herzen steigt?
Der Erste. (spoͤttisch)
Nun freilich wohl, die Muͤcken summen
Sobald sich eine Sonne zeigt.
Der Dritte.
He Nachbar! scheint es doch als truͤget
Ihr einen Groll in dunkler Brust,
Daß eure Stimme sich hoͤhnend fuͤget
Zur allgemeinen Voͤlkerlust.
Der
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#ZWEITE">
            <pb facs="#f0248" n="242"/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Der frommen Braut entgegen zu eilen,</l><lb/>
                <l>Die von Canossa heru&#x0364;ber zieht;</l><lb/>
                <l>Und bis den feuchten Witwenschleier</l><lb/>
                <l>Ihr zu entwinden ihm gelang,</l><lb/>
                <l>Verbot er Musik und Freudenfeuer</l><lb/>
                <l>Und jeden prunkenden Empfang.</l><lb/>
                <l>Wir sollen ihn still und zu&#x0364;chtig begru&#x0364;ßen,</l><lb/>
                <l>Das sey die zarte Wohlstands-Pflicht;</l><lb/>
                <l>So lange der Ko&#x0364;nigin Thra&#x0364;nen fließen</l><lb/>
                <l>Gezieme sich laute Freude nicht.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DRITTE">
            <speaker> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Dritte</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Doch wird und kann der Mund verstummen</l><lb/>
                <l>Wenn Jubel aus dem Herzen steigt?</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#ERST">
            <speaker> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Der Erste.</hi> </hi> </speaker>
            <stage>(spo&#x0364;ttisch)</stage><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Nun freilich wohl, die Mu&#x0364;cken summen</l><lb/>
                <l>Sobald sich eine Sonne zeigt.</l>
              </lg>
            </lg>
          </sp><lb/>
          <sp who="#DRITTE">
            <speaker> <hi rendition="#b"><hi rendition="#g">Der Dritte</hi>.</hi> </speaker><lb/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>He Nachbar! scheint es doch als tru&#x0364;get</l><lb/>
                <l>Ihr einen Groll in dunkler Brust,</l><lb/>
                <l>Daß eure Stimme sich ho&#x0364;hnend fu&#x0364;get</l><lb/>
                <l>Zur allgemeinen Vo&#x0364;lkerlust.</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <fw type="catch" place="bottom"> <hi rendition="#b"> <hi rendition="#g">Der</hi> </hi> </fw>
          </sp><lb/>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[242/0248] Der frommen Braut entgegen zu eilen, Die von Canossa heruͤber zieht; Und bis den feuchten Witwenschleier Ihr zu entwinden ihm gelang, Verbot er Musik und Freudenfeuer Und jeden prunkenden Empfang. Wir sollen ihn still und zuͤchtig begruͤßen, Das sey die zarte Wohlstands-Pflicht; So lange der Koͤnigin Thraͤnen fließen Gezieme sich laute Freude nicht. Der Dritte. Doch wird und kann der Mund verstummen Wenn Jubel aus dem Herzen steigt? Der Erste. (spoͤttisch) Nun freilich wohl, die Muͤcken summen Sobald sich eine Sonne zeigt. Der Dritte. He Nachbar! scheint es doch als truͤget Ihr einen Groll in dunkler Brust, Daß eure Stimme sich hoͤhnend fuͤget Zur allgemeinen Voͤlkerlust. Der

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-01-11T12:18:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/248
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814, S. 242. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/248>, abgerufen am 02.05.2024.