Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814.

Bild:
<< vorherige Seite
Ich könnte Vorwand in Geschäften suchen,
Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt;
Ich möchte unbelauscht dem Schicksal flu-
chen --

Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht?
Ich bin ein freyer, stolzer Mann gebohren.
Darin ist Freyheit der Gesundheit gleich:
Erkannt wird erst ihr Werth, wenn sie ver-
loren,

Und arm ist nur, der glücklich war und
reich.
Seit Herrschgier uns den milden König raubte,
Ist Sclaverei uns auf die Stirn geprägt,
Da Berengar auf fluchbeladnem Haupte
Die alte Krone der Lombarden trägt.
Ich mag nicht länger sehen, wie geschändet
Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm
leckt,
Und, wenn er die geraubten Schätze spendet,
Wie Jeder dann die Hände gierig streckt.
Ich mag nicht länger hören laut gepriesen
Ver-
Ich koͤnnte Vorwand in Geschaͤften suchen,
Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt;
Ich moͤchte unbelauscht dem Schicksal flu-
chen —

Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht?
Ich bin ein freyer, stolzer Mann gebohren.
Darin ist Freyheit der Gesundheit gleich:
Erkannt wird erst ihr Werth, wenn sie ver-
loren,

Und arm ist nur, der gluͤcklich war und
reich.
Seit Herrschgier uns den milden Koͤnig raubte,
Ist Sclaverei uns auf die Stirn gepraͤgt,
Da Berengar auf fluchbeladnem Haupte
Die alte Krone der Lombarden traͤgt.
Ich mag nicht laͤnger sehen, wie geschaͤndet
Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm
leckt,
Und, wenn er die geraubten Schaͤtze spendet,
Wie Jeder dann die Haͤnde gierig streckt.
Ich mag nicht laͤnger hoͤren laut gepriesen
Ver-
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#AZZ">
            <pb facs="#f0027" n="21"/>
            <lg type="poem">
              <lg n="1">
                <l>Ich ko&#x0364;nnte Vorwand in Gescha&#x0364;ften suchen,</l><lb/>
                <l>Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt;</l><lb/>
                <l>Ich mo&#x0364;chte unbelauscht dem Schicksal flu-<lb/>
chen &#x2014;</l><lb/>
                <l>Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht?</l><lb/>
                <l>Ich bin ein freyer, stolzer Mann gebohren.</l><lb/>
                <l>Darin ist Freyheit der Gesundheit gleich:</l><lb/>
                <l>Erkannt wird erst ihr Werth, wenn sie ver-<lb/>
loren,</l><lb/>
                <l>Und arm ist nur, der glu&#x0364;cklich war und</l><lb/>
                <l>reich.</l><lb/>
                <l>Seit Herrschgier uns den milden Ko&#x0364;nig raubte,</l><lb/>
                <l>Ist Sclaverei uns auf die Stirn gepra&#x0364;gt,</l><lb/>
                <l>Da Berengar auf fluchbeladnem Haupte</l><lb/>
                <l>Die alte Krone der Lombarden tra&#x0364;gt.</l><lb/>
                <l>Ich mag nicht la&#x0364;nger sehen, wie gescha&#x0364;ndet</l><lb/>
                <l>Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm</l><lb/>
                <l>leckt,</l><lb/>
                <l>Und, wenn er die geraubten Scha&#x0364;tze spendet,</l><lb/>
                <l>Wie Jeder dann die Ha&#x0364;nde gierig streckt.</l><lb/>
                <l>Ich mag nicht la&#x0364;nger ho&#x0364;ren laut gepriesen</l>
              </lg>
            </lg><lb/>
            <fw place="bottom" type="catch">Ver-</fw><lb/>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[21/0027] Ich koͤnnte Vorwand in Geschaͤften suchen, Doch hab ich nie Verstellungskunst erborgt; Ich moͤchte unbelauscht dem Schicksal flu- chen — Wer darf das hier, wo jede Mauer horcht? Ich bin ein freyer, stolzer Mann gebohren. Darin ist Freyheit der Gesundheit gleich: Erkannt wird erst ihr Werth, wenn sie ver- loren, Und arm ist nur, der gluͤcklich war und reich. Seit Herrschgier uns den milden Koͤnig raubte, Ist Sclaverei uns auf die Stirn gepraͤgt, Da Berengar auf fluchbeladnem Haupte Die alte Krone der Lombarden traͤgt. Ich mag nicht laͤnger sehen, wie geschaͤndet Ihn das Geschmeiß umkriecht, den Fuß ihm leckt, Und, wenn er die geraubten Schaͤtze spendet, Wie Jeder dann die Haͤnde gierig streckt. Ich mag nicht laͤnger hoͤren laut gepriesen Ver-

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde im Rahmen des Moduls DTA-Erweiterungen (DTAE) digitalisiert. Weitere Informationen …

Robert Charlier, AV GWB Berlin: Bearbeitung der digitalen Edition. (2016-01-11T12:18:01Z)

Weitere Informationen:

Bogensignaturen: gekennzeichnet; Druckfehler: dokumentiert; fremdsprachliches Material: keine Angabe; Geminations-/Abkürzungsstriche: keine Angabe; Hervorhebungen (Antiqua, Sperrschrift, Kursive etc.): wie Vorlage; i/j in Fraktur: wie Vorlage; I/J in Fraktur: wie Vorlage; Kolumnentitel: gekennzeichnet; Kustoden: gekennzeichnet; langes s (ſ): als s transkribiert; Normalisierungen: keine; rundes r (&#xa75b;): wie Vorlage; Seitenumbrüche markiert: ja; Silbentrennung: wie Vorlage; u/v bzw. U/V: keine Angabe; Vokale mit übergest. e: wie Vorlage; Vollständigkeit: vollständig erfasst; Zeichensetzung: wie Vorlage; Zeilenumbrüche markiert: ja;




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/27
Zitationshilfe: Kotzebue, August von: Der Schutzgeist. Leipzig, 1814, S. 21. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kotzebue_schutzgeist_1814/27>, abgerufen am 21.11.2024.