möglicherweise verwerthbare Material herbeizuziehen und endlich die Nothwendigkeit einer genauen Beachtung aller, auch der unscheinbarsten Nebenumstände bei der Deutung dieser Beobachtungsergebnisse darzu- thun. So wenig ein Zweifel darüber bestehen kann, dass auch auf diesem Gebiete des psychischen Lebens eine unverbrüchliche Gesetz- mässigkeit herrscht, so schwierig ist es doch oft, die Zauberformel zu finden, durch deren Anwendung sich die scheinbar wirre Regellosigkeit in eine klare Folge von Ursache und Wirkung auflösen lässt.
Die Aenderungen in der Wiederholungsgeschwindigkeit unter dem Einflusse des Thees sind im Ganzen nicht sehr bedeutend. Den grössten Schwankungen begegnen wir bei den auch sonst so sehr labilen O. und De., sowie dem noch wenig geübten He., während die übrigen Personen eine ziemliche Regelmässigkeit der Durchschnitts- zahlen darbieten. Bei genauerem Vergleiche ergiebt sich ferner, dass die Schnelligkeit der Wiederholungen im Verlaufe der Theewirkung zumeist zunimmt; nur Ha. und gegen den Schluss auch K. zeigen ein abweichendes Verhalten. Wir haben somit wiederum die auf- fallende Thatsache zu verzeichnen, dass mehrfach, so z. B. gerade bei O. und De., trotz einer grösseren Zahl von Wiederholungen dennoch in der Zeiteinheit weniger Zahlen gelernt werden, als vorher. Es muss dabei zunächst dahingestellt bleiben, ob die Beschleunigung der Wieder- holungen an sich als Theewirkung angesehen werden kann; da von Versuch zu Versuch ohnedies regelmässig eine solche Beschleunigung erkennbar ist, so erscheint es sehr wol möglich, dass wir es hier mit einer einfachen Uebungserscheinung zu thun haben. Dafür würde namentlich auch der Verlauf derselben bei He. mit dem typischen An- wachsen und dem späteren Sinken in Folge der Ermüdung sprechen. Jedenfalls aber ist der Schluss unabweislich, dass sich unter dem Ein- flusse des Thees der Uebungseffect der einzelnen Wiederholungen bei O., De., He. vermindert hat. Bei Ha. und K. ist die gleiche Er- scheinung nicht mit voller Sicherheit zu erweisen. Dort jedoch ist offenbar die bleibende Spur, welche jeder Wiederholungsact in unserem Gedächtnisse zurücklässt, eine flüchtigere geworden. Mit dem Nach- lasse der Theewirkung ändert sich anscheinend dieses Verhalten, wie am besten der Versuch Ha. darthut, bei dem in der letzten halben Stunde trotz sehr viel geringerer Anzahl von Wiederholungen dennoch eine erhebliche Steigerung der Arbeitsleistung sich herausstellt.
Auch über das Lesen endlich liegt für jede der 7 Versuchspersonen je ein Theeversuch vor, dessen Ergebniss sich mit den entsprechenden Normalreihen in der folgenden Tabelle zusammengestellt findet. Die
möglicherweise verwerthbare Material herbeizuziehen und endlich die Nothwendigkeit einer genauen Beachtung aller, auch der unscheinbarsten Nebenumstände bei der Deutung dieser Beobachtungsergebnisse darzu- thun. So wenig ein Zweifel darüber bestehen kann, dass auch auf diesem Gebiete des psychischen Lebens eine unverbrüchliche Gesetz- mässigkeit herrscht, so schwierig ist es doch oft, die Zauberformel zu finden, durch deren Anwendung sich die scheinbar wirre Regellosigkeit in eine klare Folge von Ursache und Wirkung auflösen lässt.
Die Aenderungen in der Wiederholungsgeschwindigkeit unter dem Einflusse des Thees sind im Ganzen nicht sehr bedeutend. Den grössten Schwankungen begegnen wir bei den auch sonst so sehr labilen O. und De., sowie dem noch wenig geübten He., während die übrigen Personen eine ziemliche Regelmässigkeit der Durchschnitts- zahlen darbieten. Bei genauerem Vergleiche ergiebt sich ferner, dass die Schnelligkeit der Wiederholungen im Verlaufe der Theewirkung zumeist zunimmt; nur Ha. und gegen den Schluss auch K. zeigen ein abweichendes Verhalten. Wir haben somit wiederum die auf- fallende Thatsache zu verzeichnen, dass mehrfach, so z. B. gerade bei O. und De., trotz einer grösseren Zahl von Wiederholungen dennoch in der Zeiteinheit weniger Zahlen gelernt werden, als vorher. Es muss dabei zunächst dahingestellt bleiben, ob die Beschleunigung der Wieder- holungen an sich als Theewirkung angesehen werden kann; da von Versuch zu Versuch ohnedies regelmässig eine solche Beschleunigung erkennbar ist, so erscheint es sehr wol möglich, dass wir es hier mit einer einfachen Uebungserscheinung zu thun haben. Dafür würde namentlich auch der Verlauf derselben bei He. mit dem typischen An- wachsen und dem späteren Sinken in Folge der Ermüdung sprechen. Jedenfalls aber ist der Schluss unabweislich, dass sich unter dem Ein- flusse des Thees der Uebungseffect der einzelnen Wiederholungen bei O., De., He. vermindert hat. Bei Ha. und K. ist die gleiche Er- scheinung nicht mit voller Sicherheit zu erweisen. Dort jedoch ist offenbar die bleibende Spur, welche jeder Wiederholungsact in unserem Gedächtnisse zurücklässt, eine flüchtigere geworden. Mit dem Nach- lasse der Theewirkung ändert sich anscheinend dieses Verhalten, wie am besten der Versuch Ha. darthut, bei dem in der letzten halben Stunde trotz sehr viel geringerer Anzahl von Wiederholungen dennoch eine erhebliche Steigerung der Arbeitsleistung sich herausstellt.
Auch über das Lesen endlich liegt für jede der 7 Versuchspersonen je ein Theeversuch vor, dessen Ergebniss sich mit den entsprechenden Normalreihen in der folgenden Tabelle zusammengestellt findet. Die
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[138/0154]
möglicherweise verwerthbare Material herbeizuziehen und endlich die
Nothwendigkeit einer genauen Beachtung aller, auch der unscheinbarsten
Nebenumstände bei der Deutung dieser Beobachtungsergebnisse darzu-
thun. So wenig ein Zweifel darüber bestehen kann, dass auch auf
diesem Gebiete des psychischen Lebens eine unverbrüchliche Gesetz-
mässigkeit herrscht, so schwierig ist es doch oft, die Zauberformel zu
finden, durch deren Anwendung sich die scheinbar wirre Regellosigkeit
in eine klare Folge von Ursache und Wirkung auflösen lässt.
Die Aenderungen in der Wiederholungsgeschwindigkeit unter dem
Einflusse des Thees sind im Ganzen nicht sehr bedeutend. Den
grössten Schwankungen begegnen wir bei den auch sonst so sehr
labilen O. und De., sowie dem noch wenig geübten He., während die
übrigen Personen eine ziemliche Regelmässigkeit der Durchschnitts-
zahlen darbieten. Bei genauerem Vergleiche ergiebt sich ferner, dass
die Schnelligkeit der Wiederholungen im Verlaufe der Theewirkung
zumeist zunimmt; nur Ha. und gegen den Schluss auch K. zeigen
ein abweichendes Verhalten. Wir haben somit wiederum die auf-
fallende Thatsache zu verzeichnen, dass mehrfach, so z. B. gerade bei
O. und De., trotz einer grösseren Zahl von Wiederholungen dennoch
in der Zeiteinheit weniger Zahlen gelernt werden, als vorher. Es muss
dabei zunächst dahingestellt bleiben, ob die Beschleunigung der Wieder-
holungen an sich als Theewirkung angesehen werden kann; da von
Versuch zu Versuch ohnedies regelmässig eine solche Beschleunigung
erkennbar ist, so erscheint es sehr wol möglich, dass wir es hier mit
einer einfachen Uebungserscheinung zu thun haben. Dafür würde
namentlich auch der Verlauf derselben bei He. mit dem typischen An-
wachsen und dem späteren Sinken in Folge der Ermüdung sprechen.
Jedenfalls aber ist der Schluss unabweislich, dass sich unter dem Ein-
flusse des Thees der Uebungseffect der einzelnen Wiederholungen bei
O., De., He. vermindert hat. Bei Ha. und K. ist die gleiche Er-
scheinung nicht mit voller Sicherheit zu erweisen. Dort jedoch ist
offenbar die bleibende Spur, welche jeder Wiederholungsact in unserem
Gedächtnisse zurücklässt, eine flüchtigere geworden. Mit dem Nach-
lasse der Theewirkung ändert sich anscheinend dieses Verhalten, wie
am besten der Versuch Ha. darthut, bei dem in der letzten halben
Stunde trotz sehr viel geringerer Anzahl von Wiederholungen dennoch
eine erhebliche Steigerung der Arbeitsleistung sich herausstellt.
Auch über das Lesen endlich liegt für jede der 7 Versuchspersonen
je ein Theeversuch vor, dessen Ergebniss sich mit den entsprechenden
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Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892, S. 138. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kraepelin_arzneimittel_1892/154>, abgerufen am 16.02.2025.
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