Kraepelin, Emil: Ueber die Beeinflussung einfacher psychischer Vorgänge durch einige Arzneimittel. Jena, 1892.aldehyd hätte man von vornherein eine rasche und bedeutende Zunahme Der offenbare Widerspruch, der zwischen dem Ausfall der Ver- Auf diese Weise erklärt sich auch der so sehr verschiedene Aus- aldehyd hätte man von vornherein eine rasche und bedeutende Zunahme Der offenbare Widerspruch, der zwischen dem Ausfall der Ver- Auf diese Weise erklärt sich auch der so sehr verschiedene Aus- <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0166" n="150"/> aldehyd hätte man von vornherein eine rasche und bedeutende Zunahme<lb/> der psychischen Zeiten erwarten sollen. Statt dessen sehen wir bei<lb/> L. und namentlich bei R. mehrfach ganz auffallend kleine Werthe<lb/> auftreten, die in unregelmässiger Weise mit sehr langen Zahlen ab-<lb/> wechseln. Am grössten sind diese Schwankungen sowol nach der<lb/> einen, wie nach der andern Richtung hin bei der Dosis von 5 gr,<lb/> weit geringer dort, wo nur 2 gr genommen wurden. Man könnte aus<lb/> diesem Befunde den Schluss ziehen, dass unter dem Einflusse des<lb/> Paraldehyd die Reactionszeiten einfach unregelmässiger würden. Allein<lb/> damit wäre die stellenweise so sehr beträchtliche Beschleunigung der<lb/> psychischen Vorgänge keineswegs erklärt. Ueberall, wo wir sonst eine<lb/> Zunahme der Schwankungen durch Erschlaffung der Aufmerksamkeit<lb/> sich ausbilden sehen, werden nicht die Minimal-, sondern immer nur<lb/> die Maximalwerthe über die Grenzen hinausgerückt. Dazu kommt,<lb/> dass bei K. die hier betrachtete Erscheinung überhaupt nicht vor-<lb/> handen ist. Will man nicht etwa die ganz geringfügige Abnahme<lb/> der ersten Zahl in dem Versuche mit 5 gr als wesentlich betrachten,<lb/> so ist hier von einer Beschleunigung der Reaction gar keine Rede,<lb/> sondern dieser Vorgang wird in der That, wie zu vermuthen war,<lb/> sehr bald und entschieden verlangsamt. Der Beginn dieser Wirkung<lb/> zeigt sich bereits nach etwa 5 Minuten, die Höhe derselben wird nach<lb/> 23—27 Minuten erreicht, um dann ziemlich rasch wieder abzunehmen.</p><lb/> <p>Der offenbare Widerspruch, der zwischen dem Ausfall der Ver-<lb/> suche bei K. einerseits, bei L. und R. andererseits besteht, löst sich<lb/> in ganz eigenthümlicher Weise, sobald wir die Protokolle im Einzelnen<lb/> durchsehen. Es zeigt sich nämlich, dass bei den letztgenannten Ver-<lb/> suchspersonen schon in den Normalreihen mehrere Zahlen vorkommen,<lb/> welche wegen ihrer ganz auffallenden Kürze entschieden aus dem<lb/> Rahmen der wahren psychischen Zeiten herausfallen und ohne Zweifel<lb/> als vorzeitige Reactionen angesehen werden müssen. Eine zuverlässige<lb/> Ausscheidung solcher Zahlen ist natürlich nicht möglich, da man<lb/> innerhalb eines gewissen Gebietes nicht mit einiger Sicherheit ent-<lb/> scheiden kann, wieweit der einzelne Werth durch jene Fehlerquelle<lb/> beeinflusst wurde. Dennoch darf man das hier stellenweise beobachtete<lb/> Auftreten von Zeiten weit unter 100 σ als ein sicheres Symptom der<lb/> Neigung zu vorzeitiger Reaction betrachten, zumal die Bedingungen<lb/> für das Zustandekommen derselben bei der im Interesse des Versuches<lb/> gebotenen Schnelligkeit und Gleichmässigkeit der Manipulation voll-<lb/> ständig gegeben waren.</p><lb/> <p>Auf diese Weise erklärt sich auch der so sehr verschiedene Aus-<lb/></p> </div> </div> </body> </text> </TEI> [150/0166]
aldehyd hätte man von vornherein eine rasche und bedeutende Zunahme
der psychischen Zeiten erwarten sollen. Statt dessen sehen wir bei
L. und namentlich bei R. mehrfach ganz auffallend kleine Werthe
auftreten, die in unregelmässiger Weise mit sehr langen Zahlen ab-
wechseln. Am grössten sind diese Schwankungen sowol nach der
einen, wie nach der andern Richtung hin bei der Dosis von 5 gr,
weit geringer dort, wo nur 2 gr genommen wurden. Man könnte aus
diesem Befunde den Schluss ziehen, dass unter dem Einflusse des
Paraldehyd die Reactionszeiten einfach unregelmässiger würden. Allein
damit wäre die stellenweise so sehr beträchtliche Beschleunigung der
psychischen Vorgänge keineswegs erklärt. Ueberall, wo wir sonst eine
Zunahme der Schwankungen durch Erschlaffung der Aufmerksamkeit
sich ausbilden sehen, werden nicht die Minimal-, sondern immer nur
die Maximalwerthe über die Grenzen hinausgerückt. Dazu kommt,
dass bei K. die hier betrachtete Erscheinung überhaupt nicht vor-
handen ist. Will man nicht etwa die ganz geringfügige Abnahme
der ersten Zahl in dem Versuche mit 5 gr als wesentlich betrachten,
so ist hier von einer Beschleunigung der Reaction gar keine Rede,
sondern dieser Vorgang wird in der That, wie zu vermuthen war,
sehr bald und entschieden verlangsamt. Der Beginn dieser Wirkung
zeigt sich bereits nach etwa 5 Minuten, die Höhe derselben wird nach
23—27 Minuten erreicht, um dann ziemlich rasch wieder abzunehmen.
Der offenbare Widerspruch, der zwischen dem Ausfall der Ver-
suche bei K. einerseits, bei L. und R. andererseits besteht, löst sich
in ganz eigenthümlicher Weise, sobald wir die Protokolle im Einzelnen
durchsehen. Es zeigt sich nämlich, dass bei den letztgenannten Ver-
suchspersonen schon in den Normalreihen mehrere Zahlen vorkommen,
welche wegen ihrer ganz auffallenden Kürze entschieden aus dem
Rahmen der wahren psychischen Zeiten herausfallen und ohne Zweifel
als vorzeitige Reactionen angesehen werden müssen. Eine zuverlässige
Ausscheidung solcher Zahlen ist natürlich nicht möglich, da man
innerhalb eines gewissen Gebietes nicht mit einiger Sicherheit ent-
scheiden kann, wieweit der einzelne Werth durch jene Fehlerquelle
beeinflusst wurde. Dennoch darf man das hier stellenweise beobachtete
Auftreten von Zeiten weit unter 100 σ als ein sicheres Symptom der
Neigung zu vorzeitiger Reaction betrachten, zumal die Bedingungen
für das Zustandekommen derselben bei der im Interesse des Versuches
gebotenen Schnelligkeit und Gleichmässigkeit der Manipulation voll-
ständig gegeben waren.
Auf diese Weise erklärt sich auch der so sehr verschiedene Aus-
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