Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.Allgemeine Ackerbaulehre. bei der Einbringung der reifen Pflanzen. Stroh und Heu verlieren durch mehrfachesBeregnen, während der Ernte, je mangelhafter dabei vorgegangen wird, nicht allein den aromatischen Geruch, sondern auch einen erheblichen Theil ihrer löslichen Nähr- stoffe, wenn sie nicht durch Verfaulen gänzlich unbrauchbar werden. Während einer zu nassen Erntewitterung können die Samen in den Aehren der Körnerfrüchte aus- wachsen. Unter allen Umständen leidet durch eine feuchte Witterung, wenn dieselbe während des Pflanzenwachsthumes mit Kälte verbunden ist, die Qualität der ab- zuerntenden Früchte. Wein, Obst, Rüben bleiben unter solchen Verhältnissen zucker- arm, Kartoffeln arm an Stärke. In einem kühlen, nassen Jahre geerntete Kartoffeln enthielten z. B. nur 18 % Stärke- Die Abhilfe gegen zu nasse Witterung beschränkt sich während der Same im Regengüsse, welche mit Hagel verbunden sind, schaden um so mehr, je weiter Trockene Witterung verzögert oder verhindert das Aufgehen der Saat; später Allgemeine Ackerbaulehre. bei der Einbringung der reifen Pflanzen. Stroh und Heu verlieren durch mehrfachesBeregnen, während der Ernte, je mangelhafter dabei vorgegangen wird, nicht allein den aromatiſchen Geruch, ſondern auch einen erheblichen Theil ihrer löslichen Nähr- ſtoffe, wenn ſie nicht durch Verfaulen gänzlich unbrauchbar werden. Während einer zu naſſen Erntewitterung können die Samen in den Aehren der Körnerfrüchte aus- wachſen. Unter allen Umſtänden leidet durch eine feuchte Witterung, wenn dieſelbe während des Pflanzenwachsthumes mit Kälte verbunden iſt, die Qualität der ab- zuerntenden Früchte. Wein, Obſt, Rüben bleiben unter ſolchen Verhältniſſen zucker- arm, Kartoffeln arm an Stärke. In einem kühlen, naſſen Jahre geerntete Kartoffeln enthielten z. B. nur 18 % Stärke- Die Abhilfe gegen zu naſſe Witterung beſchränkt ſich während der Same im Regengüſſe, welche mit Hagel verbunden ſind, ſchaden um ſo mehr, je weiter Trockene Witterung verzögert oder verhindert das Aufgehen der Saat; ſpäter <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0250" n="232"/><fw place="top" type="header">Allgemeine Ackerbaulehre.</fw><lb/> bei der Einbringung der reifen Pflanzen. Stroh und Heu verlieren durch mehrfaches<lb/> Beregnen, während der Ernte, je mangelhafter dabei vorgegangen wird, nicht allein<lb/> den aromatiſchen Geruch, ſondern auch einen erheblichen Theil ihrer löslichen Nähr-<lb/> ſtoffe, wenn ſie nicht durch Verfaulen gänzlich unbrauchbar werden. Während einer<lb/> zu naſſen Erntewitterung können die Samen in den Aehren der Körnerfrüchte aus-<lb/> wachſen. 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Am meiſten geſchützt gegen die ſchädliche Einwirkung des feuchten Wetters ſind<lb/> drainirte oder mit offenen Waſſerableitungsgräben verſehene Felder.</p><lb/> <p>Regengüſſe, welche mit <hi rendition="#g">Hagel</hi> verbunden ſind, ſchaden um ſo mehr, je weiter<lb/> die betroffenen Früchte in ihrer Entwickelung vorgeſchritten ſind. Selbſt dann, wenn<lb/> die Pflanzen durch den Anprall der Hagelkörner nicht geknickt werden, wird die Lebens-<lb/> thätigkeit der Pflanze ſchon durch das theilweiſe Erfrieren der von Hagelkörnern ge-<lb/> troffenen Stellen, welche ſich durch eine Entfärbung des Blattgrünes bemerkbar machen,<lb/> geſtört. Werden die Pflanzen ſchon nahe der Blüthezeit etwa im Juni von einem<lb/> heftigen Hagelwetter betroffen, ſo erübriget nichts, als ſie abzumähen und an ihrer<lb/> Stelle nach Möglichkeit noch eine andere Saat z. 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Getreidepflanzen, welche in ihrer Jugend viel Feuchte erhalten,<lb/> ſpäter aber an Trockene leiden, werden in der Ausbildung der Körner beeinträchtigt.<lb/> Bei ſtarker Trockene ſchlagen dann die Körner ſelbſt fehl — das Getreide <hi rendition="#g">verſcheint</hi>.<lb/> Umgekehrt bilden Pflanzen, welche in ihrer Jugend trockener Witterung ausgeſetzt<lb/> ſind, ihre Körner ganz gut aus, während das Stroh kurz bleibt, wenn vor der<lb/> Blüthezeit feuchte Witterung eintritt. In durchgängig trockenen Jahrgängen ſchoſſen<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [232/0250]
Allgemeine Ackerbaulehre.
bei der Einbringung der reifen Pflanzen. Stroh und Heu verlieren durch mehrfaches
Beregnen, während der Ernte, je mangelhafter dabei vorgegangen wird, nicht allein
den aromatiſchen Geruch, ſondern auch einen erheblichen Theil ihrer löslichen Nähr-
ſtoffe, wenn ſie nicht durch Verfaulen gänzlich unbrauchbar werden. Während einer
zu naſſen Erntewitterung können die Samen in den Aehren der Körnerfrüchte aus-
wachſen. Unter allen Umſtänden leidet durch eine feuchte Witterung, wenn dieſelbe
während des Pflanzenwachsthumes mit Kälte verbunden iſt, die Qualität der ab-
zuerntenden Früchte. Wein, Obſt, Rüben bleiben unter ſolchen Verhältniſſen zucker-
arm, Kartoffeln arm an Stärke.
In einem kühlen, naſſen Jahre geerntete Kartoffeln enthielten z. B. nur 18 % Stärke-
mehl, während auf demſelben Felde in einem günſtigen Jahrgange geerntete Kartoffeln
einen Stärkemehlgehalt von 21 — 22 % zeigten. Nach Stöckhardt enthielt Hafer der im
naßkalten Jahre 1851 erbaut wurde, in den Körnern 7 %, im Stroh 2 % Proteïnſtoffe,
dagegen im warmen Jahre 1852 in den Körnern 12 %, im Stroh 3.5 % Proteïnſtoffe.
Die Abhilfe gegen zu naſſe Witterung beſchränkt ſich während der Same im
Boden liegt, oder die Pflanzen am Felde ſtehen, auf das ſachgemäße Ziehen und im
Standhalten von Waſſerfurchen und ſpäterhin auf die ſorgfältigſte Ausführung der
Ernte. Am meiſten geſchützt gegen die ſchädliche Einwirkung des feuchten Wetters ſind
drainirte oder mit offenen Waſſerableitungsgräben verſehene Felder.
Regengüſſe, welche mit Hagel verbunden ſind, ſchaden um ſo mehr, je weiter
die betroffenen Früchte in ihrer Entwickelung vorgeſchritten ſind. Selbſt dann, wenn
die Pflanzen durch den Anprall der Hagelkörner nicht geknickt werden, wird die Lebens-
thätigkeit der Pflanze ſchon durch das theilweiſe Erfrieren der von Hagelkörnern ge-
troffenen Stellen, welche ſich durch eine Entfärbung des Blattgrünes bemerkbar machen,
geſtört. Werden die Pflanzen ſchon nahe der Blüthezeit etwa im Juni von einem
heftigen Hagelwetter betroffen, ſo erübriget nichts, als ſie abzumähen und an ihrer
Stelle nach Möglichkeit noch eine andere Saat z. B. einer ſchnellwachſenden Futter-
pflanze auszuführen.
Trockene Witterung verzögert oder verhindert das Aufgehen der Saat; ſpäter
ſtört ſie die Entwickelung und das Ausreifen der Pflanzen. Je nach der Vegetations-
periode, in welcher die trockene Witterung eintritt, wird ſie von ſehr verſchiedenem
Einfluſſe ſein. Gar nicht ſchadet die Trockene, wenn die Körner ſchon ſo weit aus-
gebildet ſind, daß ihr Inhalt fadenziehend iſt, denn dann iſt die Production der
Maſſe ſchon beendet. In allen früheren Vegetationsperioden wirkt ſtarke und längere
Trockenheit nachtheilig auf die Entwickelung und den Ertrag, je früher die Pflanze
davon betroffen wird. Getreidepflanzen, welche in ihrer Jugend viel Feuchte erhalten,
ſpäter aber an Trockene leiden, werden in der Ausbildung der Körner beeinträchtigt.
Bei ſtarker Trockene ſchlagen dann die Körner ſelbſt fehl — das Getreide verſcheint.
Umgekehrt bilden Pflanzen, welche in ihrer Jugend trockener Witterung ausgeſetzt
ſind, ihre Körner ganz gut aus, während das Stroh kurz bleibt, wenn vor der
Blüthezeit feuchte Witterung eintritt. In durchgängig trockenen Jahrgängen ſchoſſen
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