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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.
daher den Pflanzenwurzeln nicht zu, sondern diese suchen durch die Ortsveränderung
bei ihrem Wachsthume die Bodennährstoffe auf. Einen schönen Beweis für diese
beachtenswerthe Thatsache liefern die von Dr. F. Nobbe 1) mit Mais ausgeführten
Vegetationsversuche in einem Boden, in welchem die Nährstoffe in verschiedenen Schich-
ten künstlich vertheilt waren. Am Schlusse der Vegetation waren bei diesen Versuchen
die Wurzeln der Maispflanzen in jenen Bodenschichten, welche die Nährstoffe enthielten
am stärksten verzweigt.

Wenn nun auch die Pflanzenwurzeln (Haupt- und Nebenwurzeln) mit ihren
behaarten Theilen den Nährstoffen nachgehen, so zeigen doch manche Culturpflanzen 2),
welche sich mit einem geringeren Bodenvolumen begnügen, das Bestreben die Nahrung
größtentheils aus den oberen Bodenschichten zu entnehmen. Derartige flachwur-
zelnde Gewächse
senden jedoch ihre Wurzeln unter Umständen auch in größere
Tiefen. Die flachwurzelnden Getreidepflanzen entwickeln z. B. Wurzeln von zuweilen
1,25 Meter Länge. Andere die sog. tiefwurzelnden Gewächse, wie die blatt-
reichen Klee- und Rübengewächse, die Hülsenfrüchte suchen die Nahrung ihrer Natur
nach und angeregt durch ein größeres Wasserbedürfniß in tieferen Bodenschichten, selbst
dann, wenn diese durch eine festere Beschaffenheit die Wurzelausbreitung wenig begünstigen.

Die Pflanzennährstoffe sind im Boden entweder im gelösten oder wie der Sauer-
stoff, die Kohlensäure und das Ammoniak im gasförmigen oder im festen Zustande
enthalten oder sie werden durch molekulare und chemische Kräfte an der Oberfläche
der Erdtheilchen festgehalten, absorbirt. Die gelöste und gasförmige Nahrung wird
unmittelbar durch Diffusion von den Wurzelhaaren aufgenommen. Um auch die
festen und absorbirten Nährstoffe zur Aufnahme durch Diffusion geeignet zu machen,
scheidet die Wurzel eine Säure, nach Wiegmann Kohlensäure aus, welche entweder
in der Zellwand vertheilt, die mit dieser verwachsenen festen Bodentheilchen löst oder
ausgeschieden die festen und absorbirten Nährstoffe im Bodenwasser zur Lösung bringt.
Wie aus den Versuchen von J. Sachs, welcher zuerst 1859 zeigte, daß polirte Ge-
steinsplatten, durch wachsende Pflanzenwurzeln corrosirt werden, hervorgeht, werden
in der That die festen Bodentheilchen als Pflanzennahrung aufgenommen. Daß
auch die absorbirten Bodennährstoffe aufgenommen werden, beweisen die Vegetations-
versuche von Ph. Zöller und Dr. F. Stohmann 3) in Torf, welcher mit absorbirten
Nährstoffen versehen war.

Die Pflanze nimmt jedoch die einzelnen Nährstoffe nicht in denselben Mengen-
verhältnissen, als sie im Boden vorkommen auf, da die Aufnahme, wie oben
erwähnt, von dem Verbrauche der Nährstoffe in der Pflanze und von dem
Bestreben die dadurch herbeigeführte Störung des molekularen Gleichgewichtes wiederher-

1) Landwirth. Versuchsstationen. 1862, Heft 11, S. 217.
2) Nähere Ausschlüsse über die Wurzelbildung der Culturpflanzen geben: Dr. C. Fraas.
Das Wurzelleben der Culturpflanzen. Leipzig 1870; Dr. H. Thiel, Bewurzelung einiger
Culturpflanzen. Landw. Centralbl. f. Deutschl. 1870. II. S. 355; u. A.
3) Landw. Versuchsstationen und Agronomische Ztg. 1864.

Allgemeine Ackerbaulehre.
daher den Pflanzenwurzeln nicht zu, ſondern dieſe ſuchen durch die Ortsveränderung
bei ihrem Wachsthume die Bodennährſtoffe auf. Einen ſchönen Beweis für dieſe
beachtenswerthe Thatſache liefern die von Dr. F. Nobbe 1) mit Mais ausgeführten
Vegetationsverſuche in einem Boden, in welchem die Nährſtoffe in verſchiedenen Schich-
ten künſtlich vertheilt waren. Am Schluſſe der Vegetation waren bei dieſen Verſuchen
die Wurzeln der Maispflanzen in jenen Bodenſchichten, welche die Nährſtoffe enthielten
am ſtärkſten verzweigt.

Wenn nun auch die Pflanzenwurzeln (Haupt- und Nebenwurzeln) mit ihren
behaarten Theilen den Nährſtoffen nachgehen, ſo zeigen doch manche Culturpflanzen 2),
welche ſich mit einem geringeren Bodenvolumen begnügen, das Beſtreben die Nahrung
größtentheils aus den oberen Bodenſchichten zu entnehmen. Derartige flachwur-
zelnde Gewächſe
ſenden jedoch ihre Wurzeln unter Umſtänden auch in größere
Tiefen. Die flachwurzelnden Getreidepflanzen entwickeln z. B. Wurzeln von zuweilen
1,25 Meter Länge. Andere die ſog. tiefwurzelnden Gewächſe, wie die blatt-
reichen Klee- und Rübengewächſe, die Hülſenfrüchte ſuchen die Nahrung ihrer Natur
nach und angeregt durch ein größeres Waſſerbedürfniß in tieferen Bodenſchichten, ſelbſt
dann, wenn dieſe durch eine feſtere Beſchaffenheit die Wurzelausbreitung wenig begünſtigen.

Die Pflanzennährſtoffe ſind im Boden entweder im gelöſten oder wie der Sauer-
ſtoff, die Kohlenſäure und das Ammoniak im gasförmigen oder im feſten Zuſtande
enthalten oder ſie werden durch molekulare und chemiſche Kräfte an der Oberfläche
der Erdtheilchen feſtgehalten, abſorbirt. Die gelöſte und gasförmige Nahrung wird
unmittelbar durch Diffuſion von den Wurzelhaaren aufgenommen. Um auch die
feſten und abſorbirten Nährſtoffe zur Aufnahme durch Diffuſion geeignet zu machen,
ſcheidet die Wurzel eine Säure, nach Wiegmann Kohlenſäure aus, welche entweder
in der Zellwand vertheilt, die mit dieſer verwachſenen feſten Bodentheilchen löſt oder
ausgeſchieden die feſten und abſorbirten Nährſtoffe im Bodenwaſſer zur Löſung bringt.
Wie aus den Verſuchen von J. Sachs, welcher zuerſt 1859 zeigte, daß polirte Ge-
ſteinsplatten, durch wachſende Pflanzenwurzeln corroſirt werden, hervorgeht, werden
in der That die feſten Bodentheilchen als Pflanzennahrung aufgenommen. Daß
auch die abſorbirten Bodennährſtoffe aufgenommen werden, beweiſen die Vegetations-
verſuche von Ph. Zöller und Dr. F. Stohmann 3) in Torf, welcher mit abſorbirten
Nährſtoffen verſehen war.

Die Pflanze nimmt jedoch die einzelnen Nährſtoffe nicht in denſelben Mengen-
verhältniſſen, als ſie im Boden vorkommen auf, da die Aufnahme, wie oben
erwähnt, von dem Verbrauche der Nährſtoffe in der Pflanze und von dem
Beſtreben die dadurch herbeigeführte Störung des molekularen Gleichgewichtes wiederher-

1) Landwirth. Verſuchsſtationen. 1862, Heft 11, S. 217.
2) Nähere Auſſchlüſſe über die Wurzelbildung der Culturpflanzen geben: Dr. C. Fraas.
Das Wurzelleben der Culturpflanzen. Leipzig 1870; Dr. H. Thiel, Bewurzelung einiger
Culturpflanzen. Landw. Centralbl. f. Deutſchl. 1870. II. S. 355; u. A.
3) Landw. Verſuchsſtationen und Agronomiſche Ztg. 1864.
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[20/0038] Allgemeine Ackerbaulehre. daher den Pflanzenwurzeln nicht zu, ſondern dieſe ſuchen durch die Ortsveränderung bei ihrem Wachsthume die Bodennährſtoffe auf. Einen ſchönen Beweis für dieſe beachtenswerthe Thatſache liefern die von Dr. F. Nobbe 1) mit Mais ausgeführten Vegetationsverſuche in einem Boden, in welchem die Nährſtoffe in verſchiedenen Schich- ten künſtlich vertheilt waren. Am Schluſſe der Vegetation waren bei dieſen Verſuchen die Wurzeln der Maispflanzen in jenen Bodenſchichten, welche die Nährſtoffe enthielten am ſtärkſten verzweigt. Wenn nun auch die Pflanzenwurzeln (Haupt- und Nebenwurzeln) mit ihren behaarten Theilen den Nährſtoffen nachgehen, ſo zeigen doch manche Culturpflanzen 2), welche ſich mit einem geringeren Bodenvolumen begnügen, das Beſtreben die Nahrung größtentheils aus den oberen Bodenſchichten zu entnehmen. Derartige flachwur- zelnde Gewächſe ſenden jedoch ihre Wurzeln unter Umſtänden auch in größere Tiefen. Die flachwurzelnden Getreidepflanzen entwickeln z. B. Wurzeln von zuweilen 1,25 Meter Länge. Andere die ſog. tiefwurzelnden Gewächſe, wie die blatt- reichen Klee- und Rübengewächſe, die Hülſenfrüchte ſuchen die Nahrung ihrer Natur nach und angeregt durch ein größeres Waſſerbedürfniß in tieferen Bodenſchichten, ſelbſt dann, wenn dieſe durch eine feſtere Beſchaffenheit die Wurzelausbreitung wenig begünſtigen. Die Pflanzennährſtoffe ſind im Boden entweder im gelöſten oder wie der Sauer- ſtoff, die Kohlenſäure und das Ammoniak im gasförmigen oder im feſten Zuſtande enthalten oder ſie werden durch molekulare und chemiſche Kräfte an der Oberfläche der Erdtheilchen feſtgehalten, abſorbirt. Die gelöſte und gasförmige Nahrung wird unmittelbar durch Diffuſion von den Wurzelhaaren aufgenommen. Um auch die feſten und abſorbirten Nährſtoffe zur Aufnahme durch Diffuſion geeignet zu machen, ſcheidet die Wurzel eine Säure, nach Wiegmann Kohlenſäure aus, welche entweder in der Zellwand vertheilt, die mit dieſer verwachſenen feſten Bodentheilchen löſt oder ausgeſchieden die feſten und abſorbirten Nährſtoffe im Bodenwaſſer zur Löſung bringt. Wie aus den Verſuchen von J. Sachs, welcher zuerſt 1859 zeigte, daß polirte Ge- ſteinsplatten, durch wachſende Pflanzenwurzeln corroſirt werden, hervorgeht, werden in der That die feſten Bodentheilchen als Pflanzennahrung aufgenommen. Daß auch die abſorbirten Bodennährſtoffe aufgenommen werden, beweiſen die Vegetations- verſuche von Ph. Zöller und Dr. F. Stohmann 3) in Torf, welcher mit abſorbirten Nährſtoffen verſehen war. Die Pflanze nimmt jedoch die einzelnen Nährſtoffe nicht in denſelben Mengen- verhältniſſen, als ſie im Boden vorkommen auf, da die Aufnahme, wie oben erwähnt, von dem Verbrauche der Nährſtoffe in der Pflanze und von dem Beſtreben die dadurch herbeigeführte Störung des molekularen Gleichgewichtes wiederher- 1) Landwirth. Verſuchsſtationen. 1862, Heft 11, S. 217. 2) Nähere Auſſchlüſſe über die Wurzelbildung der Culturpflanzen geben: Dr. C. Fraas. Das Wurzelleben der Culturpflanzen. Leipzig 1870; Dr. H. Thiel, Bewurzelung einiger Culturpflanzen. Landw. Centralbl. f. Deutſchl. 1870. II. S. 355; u. A. 3) Landw. Verſuchsſtationen und Agronomiſche Ztg. 1864.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 20. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/38>, abgerufen am 21.11.2024.