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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.
Marschböden mit allen übrigen humushaltigen Böden die in ihrem Werthe veränder-
lichsten Bodenarten. Je mehr kohlensauren Kalk sie enthalten, wie z. B. die humosen
Kalkthon- und Mergelböden, welche an der Nordsee unter der Bezeichnung Kleiboden
vorkommen, um so rascher wird der Humusgehalt aufgezehrt. Weniger veränderlich
sind die Humussubstanzen in lehm- oder thonreichen Böden, wie z. B. in den Schlick-
ablagerungen der Meer- und Flußmarschen. Ist ein solcher Boden reich an Eisen-
oxydhydrat, (in den marschen Schleswig-Holsteins Knick genannt) so kann leicht bei
Luftabschluß unter Einfluß der Humussubstanzen sobald derselbe durch Umackern der
Luft ausgesetzt wird die Bildung des verrufenen Ortsteines (S. 55) veranlaßt wer-
den. Die Marschländereien zeichnen sich durch ihre üppige Grasvegetation aus, welche
sie zu den vorzüglichsten Hutweiden geeignet macht. Außerdem gewähren auf den-
selben je nach ihrer leichteren oder bindigeren Beschaffenheit Raps, Weizen, Roggen,
Pferdebohnen, Hafer die höchsten Ernteerträge. Zu den humusreichsten Bodenarten
zählen auch die ungarischen, russischen (Tscherno-sem) und amerikanischen Schwarz-
erden. Auf diesen Böden meistens Thon- oder Lehmmergeln, welche auch "Jungfern-
böden" genannt werden, gedeihen Mais, Roggen, Hafer, Hanf, Mohn, Hackfrüchte
vortrefflich.

b. Humusboden. Derselbe besteht vorzugsweise aus Pflanzenresten, welche
in den verschiedensten Stadien der Humificirung begriffen sind. Im Allgemeinen
bilden diese Böden ausgetrocknet eine lockere, pulverige mulmige Masse, welche leicht
von dem Winde vertragen werden kann. Wasser wird von dem Humusboden in
großen Mengen unter gleichzeitigem Aufquellen aufgenommen, dabei zerfließt er in
einen breiigen Schlamm Der Frost verursacht um so mehr Schaden je feuchter
er ist, so zwar, daß der Anbau des Wintergetreides wegen des regelmäßigen Auf-
frierens der Pflanzen aufgegeben werden muß. Je weniger erdige Bestandtheile die
Humusböden enthalten um so ungünstiger werden sie für die Pflanzenvegetation. Die
eigentlichen Humusböden werden näher unterschieden als: Torfboden, Moor-
boden, Haidehumusboden. Der Torfboden
besteht aus einem filzigen,
erdigen Gemenge abgestorbener Torfgewächse, besonders der Torfmoose als Sphagnum,
Hypnum, Polytrichum.
Dann der Gräser Carex caespitosa, Scirpus lacustris L. etc.
Die Torfböden bilden sich stets auf einem durch Lage oder Beschaffenheit undurch-
lassenden Untergrunde. Die beständige Nässe hindert die vollständige Zersetzung der
Pflanzenreste, es bildet sich daher wachsharzhaltiger, kohliger Humus. Sie sind
höchstens als schlechte sog. saure Wiesen brauchbar. Als der Torfflora angehörig,
nennen wir folgende Pflanzen: Eriophorum-Arten, Phragmites communis Trin.,
Andromeda polifolia L., Betula pubescens Ehr., Comarum palustre L., Empe-
trum nigrum L., Erica Tetralix L., Ledum palustre L., Menyanthes trifoliata L.,
Vaccinium oxycoccos und uliginosum L. etc.

Ist der Boden nicht an Ort und Stelle, sondern durch Anschwemmung ent-
standen so heißt er Moorboden. Derselbe enthält gewöhnlich etwas mehr Aschen-
bestandtheile. Man erkennt bei ihm nicht mehr, wie bei dem Torfboden, die
Struktur der organischen Reste. Steigt der Gehalt der Mineralbestandtheile auf

Allgemeine Ackerbaulehre.
Marſchböden mit allen übrigen humushaltigen Böden die in ihrem Werthe veränder-
lichſten Bodenarten. Je mehr kohlenſauren Kalk ſie enthalten, wie z. B. die humoſen
Kalkthon- und Mergelböden, welche an der Nordſee unter der Bezeichnung Kleiboden
vorkommen, um ſo raſcher wird der Humusgehalt aufgezehrt. Weniger veränderlich
ſind die Humusſubſtanzen in lehm- oder thonreichen Böden, wie z. B. in den Schlick-
ablagerungen der Meer- und Flußmarſchen. Iſt ein ſolcher Boden reich an Eiſen-
oxydhydrat, (in den marſchen Schleswig-Holſteins Knick genannt) ſo kann leicht bei
Luftabſchluß unter Einfluß der Humusſubſtanzen ſobald derſelbe durch Umackern der
Luft ausgeſetzt wird die Bildung des verrufenen Ortſteines (S. 55) veranlaßt wer-
den. Die Marſchländereien zeichnen ſich durch ihre üppige Grasvegetation aus, welche
ſie zu den vorzüglichſten Hutweiden geeignet macht. Außerdem gewähren auf den-
ſelben je nach ihrer leichteren oder bindigeren Beſchaffenheit Raps, Weizen, Roggen,
Pferdebohnen, Hafer die höchſten Ernteerträge. Zu den humusreichſten Bodenarten
zählen auch die ungariſchen, ruſſiſchen (Tſcherno-ſem) und amerikaniſchen Schwarz-
erden. Auf dieſen Böden meiſtens Thon- oder Lehmmergeln, welche auch „Jungfern-
böden“ genannt werden, gedeihen Mais, Roggen, Hafer, Hanf, Mohn, Hackfrüchte
vortrefflich.

b. Humusboden. Derſelbe beſteht vorzugsweiſe aus Pflanzenreſten, welche
in den verſchiedenſten Stadien der Humificirung begriffen ſind. Im Allgemeinen
bilden dieſe Böden ausgetrocknet eine lockere, pulverige mulmige Maſſe, welche leicht
von dem Winde vertragen werden kann. Waſſer wird von dem Humusboden in
großen Mengen unter gleichzeitigem Aufquellen aufgenommen, dabei zerfließt er in
einen breiigen Schlamm Der Froſt verurſacht um ſo mehr Schaden je feuchter
er iſt, ſo zwar, daß der Anbau des Wintergetreides wegen des regelmäßigen Auf-
frierens der Pflanzen aufgegeben werden muß. Je weniger erdige Beſtandtheile die
Humusböden enthalten um ſo ungünſtiger werden ſie für die Pflanzenvegetation. Die
eigentlichen Humusböden werden näher unterſchieden als: Torfboden, Moor-
boden, Haidehumusboden. Der Torfboden
beſteht aus einem filzigen,
erdigen Gemenge abgeſtorbener Torfgewächſe, beſonders der Torfmooſe als Sphagnum,
Hypnum, Polytrichum.
Dann der Gräſer Carex caespitosa, Scirpus lacustris L. ꝛc.
Die Torfböden bilden ſich ſtets auf einem durch Lage oder Beſchaffenheit undurch-
laſſenden Untergrunde. Die beſtändige Näſſe hindert die vollſtändige Zerſetzung der
Pflanzenreſte, es bildet ſich daher wachsharzhaltiger, kohliger Humus. Sie ſind
höchſtens als ſchlechte ſog. ſaure Wieſen brauchbar. Als der Torfflora angehörig,
nennen wir folgende Pflanzen: Eriophorum-Arten, Phragmites communis Trin.,
Andromeda polifolia L., Betula pubescens Ehr., Comarum palustre L., Empe-
trum nigrum L., Erica Tetralix L., Ledum palustre L., Menyanthes trifoliata L.,
Vaccinium oxycoccos und uliginosum L. etc.

Iſt der Boden nicht an Ort und Stelle, ſondern durch Anſchwemmung ent-
ſtanden ſo heißt er Moorboden. Derſelbe enthält gewöhnlich etwas mehr Aſchen-
beſtandtheile. Man erkennt bei ihm nicht mehr, wie bei dem Torfboden, die
Struktur der organiſchen Reſte. Steigt der Gehalt der Mineralbeſtandtheile auf

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[56/0074] Allgemeine Ackerbaulehre. Marſchböden mit allen übrigen humushaltigen Böden die in ihrem Werthe veränder- lichſten Bodenarten. Je mehr kohlenſauren Kalk ſie enthalten, wie z. B. die humoſen Kalkthon- und Mergelböden, welche an der Nordſee unter der Bezeichnung Kleiboden vorkommen, um ſo raſcher wird der Humusgehalt aufgezehrt. Weniger veränderlich ſind die Humusſubſtanzen in lehm- oder thonreichen Böden, wie z. B. in den Schlick- ablagerungen der Meer- und Flußmarſchen. Iſt ein ſolcher Boden reich an Eiſen- oxydhydrat, (in den marſchen Schleswig-Holſteins Knick genannt) ſo kann leicht bei Luftabſchluß unter Einfluß der Humusſubſtanzen ſobald derſelbe durch Umackern der Luft ausgeſetzt wird die Bildung des verrufenen Ortſteines (S. 55) veranlaßt wer- den. Die Marſchländereien zeichnen ſich durch ihre üppige Grasvegetation aus, welche ſie zu den vorzüglichſten Hutweiden geeignet macht. Außerdem gewähren auf den- ſelben je nach ihrer leichteren oder bindigeren Beſchaffenheit Raps, Weizen, Roggen, Pferdebohnen, Hafer die höchſten Ernteerträge. Zu den humusreichſten Bodenarten zählen auch die ungariſchen, ruſſiſchen (Tſcherno-ſem) und amerikaniſchen Schwarz- erden. Auf dieſen Böden meiſtens Thon- oder Lehmmergeln, welche auch „Jungfern- böden“ genannt werden, gedeihen Mais, Roggen, Hafer, Hanf, Mohn, Hackfrüchte vortrefflich. b. Humusboden. Derſelbe beſteht vorzugsweiſe aus Pflanzenreſten, welche in den verſchiedenſten Stadien der Humificirung begriffen ſind. Im Allgemeinen bilden dieſe Böden ausgetrocknet eine lockere, pulverige mulmige Maſſe, welche leicht von dem Winde vertragen werden kann. Waſſer wird von dem Humusboden in großen Mengen unter gleichzeitigem Aufquellen aufgenommen, dabei zerfließt er in einen breiigen Schlamm Der Froſt verurſacht um ſo mehr Schaden je feuchter er iſt, ſo zwar, daß der Anbau des Wintergetreides wegen des regelmäßigen Auf- frierens der Pflanzen aufgegeben werden muß. Je weniger erdige Beſtandtheile die Humusböden enthalten um ſo ungünſtiger werden ſie für die Pflanzenvegetation. Die eigentlichen Humusböden werden näher unterſchieden als: Torfboden, Moor- boden, Haidehumusboden. Der Torfboden beſteht aus einem filzigen, erdigen Gemenge abgeſtorbener Torfgewächſe, beſonders der Torfmooſe als Sphagnum, Hypnum, Polytrichum. Dann der Gräſer Carex caespitosa, Scirpus lacustris L. ꝛc. Die Torfböden bilden ſich ſtets auf einem durch Lage oder Beſchaffenheit undurch- laſſenden Untergrunde. Die beſtändige Näſſe hindert die vollſtändige Zerſetzung der Pflanzenreſte, es bildet ſich daher wachsharzhaltiger, kohliger Humus. Sie ſind höchſtens als ſchlechte ſog. ſaure Wieſen brauchbar. Als der Torfflora angehörig, nennen wir folgende Pflanzen: Eriophorum-Arten, Phragmites communis Trin., Andromeda polifolia L., Betula pubescens Ehr., Comarum palustre L., Empe- trum nigrum L., Erica Tetralix L., Ledum palustre L., Menyanthes trifoliata L., Vaccinium oxycoccos und uliginosum L. etc. Iſt der Boden nicht an Ort und Stelle, ſondern durch Anſchwemmung ent- ſtanden ſo heißt er Moorboden. Derſelbe enthält gewöhnlich etwas mehr Aſchen- beſtandtheile. Man erkennt bei ihm nicht mehr, wie bei dem Torfboden, die Struktur der organiſchen Reſte. Steigt der Gehalt der Mineralbeſtandtheile auf

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 56. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/74>, abgerufen am 21.11.2024.