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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875.

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Allgemeine Ackerbaulehre.
extreme, da das Wasser sich vermöge seiner hohen Wärmecapacität und der Bindung
eines Theiles der Insolationswärme durch Verdunstung langsamer und nicht so hoch
erwärmt oder erkältet als der Erdboden. Ebenso wirken Wasserflächen ausgleichend
auf den Wassergehalt der Luftströmungen ein, trockene Winde werden feuchter, feuchte
durch Entledigung ihres Wassers über der Wasserfläche trockener. Nachtheilig werden
benachbarte Gewässer, wenn sie unzeitgemäße Ueberschwemmungen verursachen oder
wenn sie durch ihr Durchsickerungswasser die Veranlassung zu stauender Nässe im
Boden werden.

Die Wiesen und grünen Ackerflächen erniedrigen die Temperatur und
erhöhen auf Kosten des Bodenwassergehaltes die Luftfeuchtigkeit in der wärmeren
Jahreszeit, ähnlich, nur in geringerem Maße, als wie die Wasserflächen. Nach den
Untersuchungen von Dr. Vogel 1) verhält sich in letzterer Beziehung der Feuchtigkeits-
gehalt der Luft über einem Brachfelde, gegenüber jenem über einer abgemähten ver-
dorrten Wiese, einem eben abgeblühten Esparsettfeld und einer hochgrasigen Wiese
wie 100 : 113 : 125 : 150.

Am nächsten dem Einflusse einer Wasserfläche auf das Klima seiner Umgebung
kommt der Einfluß des Waldes 2). Der Wald mildert nicht nur die Sommer-
wärme sondern auch die Winterkälte. Entwaldung steigert daher den excessiven Cha-
rakter eines Klimas und bewirkt weniger eine Verminderung der jährlichen Nieder-
schlagsmengen als eine ungünstigere Vertheilung der Regenfälle auf die einzelnen
Jahreszeiten. --

Das Zusammenwirken von Boden, Klima und örtlicher Lage bestimmt die Cultur-
und Ertragsfähigkeit eines Grundstückes. Entscheidend für die Benutzungsweise des-
selben sind jedoch erst die wirthschaftlichen Verhältnisse, welche festzustellen Aufgabe
der Betriebslehre ist. Eine zweckentsprechende Einreihung der Verschiedenheiten der
Standortsbeschaffenheit oder die Aufstellung eines Bonitirungs- und Classifi-
cations-Systemes
wird jedoch erst dann durchführbar sein, wenn die Ansprüche
der verschiedenen Culturpflanzen an die Standortsbeschaffenheit durch die Lehren des
besonderen Pflanzenbaues bekannt geworden sind. Diese Erwägung veranlaßt uns
daher auf die Bodenbonitirung erst in der Betriebslehre näher einzugehen.

IV.
Die Melioration.

Boden, Klima und Lage bilden die Faktoren von deren Zusammenwirken das
Wachsthum der Pflanzen abhängig ist. Im natürlichen Zustande bedeckt sich der
ausreichend verwitterte Boden mit einer Wald- und Grasvegetation. Erst durch die
menschliche Thätigkeit wird das natürliche Wald- und Grasland durch die Urbar-

1) Zeitschrift der k. bayer. Akad. d. Wissensch. 1868.
2) Dr. E. Evermayer, Die physikalischen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden
und seine klimatologische und hygienische Bedeutung. I. Band. Aschaffenburg 1873.

Allgemeine Ackerbaulehre.
extreme, da das Waſſer ſich vermöge ſeiner hohen Wärmecapacität und der Bindung
eines Theiles der Inſolationswärme durch Verdunſtung langſamer und nicht ſo hoch
erwärmt oder erkältet als der Erdboden. Ebenſo wirken Waſſerflächen ausgleichend
auf den Waſſergehalt der Luftſtrömungen ein, trockene Winde werden feuchter, feuchte
durch Entledigung ihres Waſſers über der Waſſerfläche trockener. Nachtheilig werden
benachbarte Gewäſſer, wenn ſie unzeitgemäße Ueberſchwemmungen verurſachen oder
wenn ſie durch ihr Durchſickerungswaſſer die Veranlaſſung zu ſtauender Näſſe im
Boden werden.

Die Wieſen und grünen Ackerflächen erniedrigen die Temperatur und
erhöhen auf Koſten des Bodenwaſſergehaltes die Luftfeuchtigkeit in der wärmeren
Jahreszeit, ähnlich, nur in geringerem Maße, als wie die Waſſerflächen. Nach den
Unterſuchungen von Dr. Vogel 1) verhält ſich in letzterer Beziehung der Feuchtigkeits-
gehalt der Luft über einem Brachfelde, gegenüber jenem über einer abgemähten ver-
dorrten Wieſe, einem eben abgeblühten Eſparſettfeld und einer hochgraſigen Wieſe
wie 100 : 113 : 125 : 150.

Am nächſten dem Einfluſſe einer Waſſerfläche auf das Klima ſeiner Umgebung
kommt der Einfluß des Waldes 2). Der Wald mildert nicht nur die Sommer-
wärme ſondern auch die Winterkälte. Entwaldung ſteigert daher den exceſſiven Cha-
rakter eines Klimas und bewirkt weniger eine Verminderung der jährlichen Nieder-
ſchlagsmengen als eine ungünſtigere Vertheilung der Regenfälle auf die einzelnen
Jahreszeiten. —

Das Zuſammenwirken von Boden, Klima und örtlicher Lage beſtimmt die Cultur-
und Ertragsfähigkeit eines Grundſtückes. Entſcheidend für die Benutzungsweiſe des-
ſelben ſind jedoch erſt die wirthſchaftlichen Verhältniſſe, welche feſtzuſtellen Aufgabe
der Betriebslehre iſt. Eine zweckentſprechende Einreihung der Verſchiedenheiten der
Standortsbeſchaffenheit oder die Aufſtellung eines Bonitirungs- und Claſſifi-
cations-Syſtemes
wird jedoch erſt dann durchführbar ſein, wenn die Anſprüche
der verſchiedenen Culturpflanzen an die Standortsbeſchaffenheit durch die Lehren des
beſonderen Pflanzenbaues bekannt geworden ſind. Dieſe Erwägung veranlaßt uns
daher auf die Bodenbonitirung erſt in der Betriebslehre näher einzugehen.

IV.
Die Melioration.

Boden, Klima und Lage bilden die Faktoren von deren Zuſammenwirken das
Wachsthum der Pflanzen abhängig iſt. Im natürlichen Zuſtande bedeckt ſich der
ausreichend verwitterte Boden mit einer Wald- und Grasvegetation. Erſt durch die
menſchliche Thätigkeit wird das natürliche Wald- und Grasland durch die Urbar-

1) Zeitſchrift der k. bayer. Akad. d. Wiſſenſch. 1868.
2) Dr. E. Evermayer, Die phyſikaliſchen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden
und ſeine klimatologiſche und hygieniſche Bedeutung. I. Band. Aſchaffenburg 1873.
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[66/0084] Allgemeine Ackerbaulehre. extreme, da das Waſſer ſich vermöge ſeiner hohen Wärmecapacität und der Bindung eines Theiles der Inſolationswärme durch Verdunſtung langſamer und nicht ſo hoch erwärmt oder erkältet als der Erdboden. Ebenſo wirken Waſſerflächen ausgleichend auf den Waſſergehalt der Luftſtrömungen ein, trockene Winde werden feuchter, feuchte durch Entledigung ihres Waſſers über der Waſſerfläche trockener. Nachtheilig werden benachbarte Gewäſſer, wenn ſie unzeitgemäße Ueberſchwemmungen verurſachen oder wenn ſie durch ihr Durchſickerungswaſſer die Veranlaſſung zu ſtauender Näſſe im Boden werden. Die Wieſen und grünen Ackerflächen erniedrigen die Temperatur und erhöhen auf Koſten des Bodenwaſſergehaltes die Luftfeuchtigkeit in der wärmeren Jahreszeit, ähnlich, nur in geringerem Maße, als wie die Waſſerflächen. Nach den Unterſuchungen von Dr. Vogel 1) verhält ſich in letzterer Beziehung der Feuchtigkeits- gehalt der Luft über einem Brachfelde, gegenüber jenem über einer abgemähten ver- dorrten Wieſe, einem eben abgeblühten Eſparſettfeld und einer hochgraſigen Wieſe wie 100 : 113 : 125 : 150. Am nächſten dem Einfluſſe einer Waſſerfläche auf das Klima ſeiner Umgebung kommt der Einfluß des Waldes 2). Der Wald mildert nicht nur die Sommer- wärme ſondern auch die Winterkälte. Entwaldung ſteigert daher den exceſſiven Cha- rakter eines Klimas und bewirkt weniger eine Verminderung der jährlichen Nieder- ſchlagsmengen als eine ungünſtigere Vertheilung der Regenfälle auf die einzelnen Jahreszeiten. — Das Zuſammenwirken von Boden, Klima und örtlicher Lage beſtimmt die Cultur- und Ertragsfähigkeit eines Grundſtückes. Entſcheidend für die Benutzungsweiſe des- ſelben ſind jedoch erſt die wirthſchaftlichen Verhältniſſe, welche feſtzuſtellen Aufgabe der Betriebslehre iſt. Eine zweckentſprechende Einreihung der Verſchiedenheiten der Standortsbeſchaffenheit oder die Aufſtellung eines Bonitirungs- und Claſſifi- cations-Syſtemes wird jedoch erſt dann durchführbar ſein, wenn die Anſprüche der verſchiedenen Culturpflanzen an die Standortsbeſchaffenheit durch die Lehren des beſonderen Pflanzenbaues bekannt geworden ſind. Dieſe Erwägung veranlaßt uns daher auf die Bodenbonitirung erſt in der Betriebslehre näher einzugehen. IV. Die Melioration. Boden, Klima und Lage bilden die Faktoren von deren Zuſammenwirken das Wachsthum der Pflanzen abhängig iſt. Im natürlichen Zuſtande bedeckt ſich der ausreichend verwitterte Boden mit einer Wald- und Grasvegetation. Erſt durch die menſchliche Thätigkeit wird das natürliche Wald- und Grasland durch die Urbar- 1) Zeitſchrift der k. bayer. Akad. d. Wiſſenſch. 1868. 2) Dr. E. Evermayer, Die phyſikaliſchen Einwirkungen des Waldes auf Luft und Boden und ſeine klimatologiſche und hygieniſche Bedeutung. I. Band. Aſchaffenburg 1873.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 1. Berlin, 1875, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft01_1875/84>, abgerufen am 24.11.2024.