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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876.

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Die Mehlfrüchte.
Untersuchungen (Metamorphose der Maispflanze. Wien 1870. S. 20) 150--250°C. er-
forderlich. Die Keimpflanze, welche sich aus dem Nährstoffvorrathe des Maiskornes ent-
wickelt, besitzt nebst der Scheide zwei vollständig entfaltete Blätter. Dieselbe erreicht von
dem Korne gemessen eine Höhe von 7--14 Ctm.

Das weitere Wachsthum der Maispflanze, welches von dem Ergrünen der Blätter ab-
hängt, erfordert eine Temperatur, welche bestimmt oberhalb 6°C. und wahrscheinlich unter-
halb 15°C. liegt1). Bei niederer Temperatur verlängert sich zwar noch anfänglich die
Pflanze, die Blätter bleiben aber gelb. Nach Bernatz (Landw. Centralbl. XVI. I. 126)
wächst der Mais langsamer als der Weizen; er nahm in 7 Tagen um 155 Mm. (am
Tage 105, Nachts 50 Mm.) an Länge zu.

Die Assimilationsproducte der Blätter treten bei dem Maise nach den Untersuchungen
von Dr. J. Sachs (Annalen der Landw. i. d. kgl. pr. Staaten. Bd. XXXIX. S. 181)
im Stamme als Stärke auf, welche überwiegend durch die Parenchymzellen weiter befördert
wird, während die Eiweißstoffe durch die Gitterzellen der Gefäßbündel zu den Verbrauchs-
orten geschafft werden. Später scheint die Stärke zum Theile in Rohr- und Traubenzucker
umgewandelt zu werden, um sich endlich wieder, durch die Kolbenspindel eingewandert,
in dem Endosperm der reisenden Körner als Stärke niederzuschlagen.

Der Tiefgang der Maiswurzeln ist nach Johnson (Wie die Feldfrüchte wachsen. Braun-
schweig 1871. S. 269) in reichem zähen Boden auf 0.5--1 Meter, dagegen im leichten,
sandigen Boden sogar bis auf 3--4.7 Meter verfolgt worden. Fehlt es an Stickstoff, so
zeigt der Mais nach Stohmann (Landw. Vers. Stat. X. 107) eine Neigung zur Ent-
wickelung sehr langer Wurzeln. Eine Maispflanze von kaum 0.16 Meter Höhe besaß eine
2.2 Meter lange Wurzel.

Bemerkenswerth bleibt weiter, daß bei der Maispflanze die Blattknoten lange Zeit
quellungsfähig bleiben, so zwar, daß durch den Wind niedergelegte Maisstämme mit halb-
reifen Kolben durch die Krümmungsfähigkeit dieser Knoten wieder aufrecht gestellt werden.

Bis zum Hervortreten der männlichen Rispe, 50--100 Tage nach dem Anbaue, ist je
nach der Maisvarietät eine Wärmesumme von 970--1900°C. erforderlich. Sobald sich
die männlichen Blüthen öffnen und die Verstäubung der Pollenzellen beginnt, erscheinen von
oben nach abwärts in den Blattaxeln des Stammes die weiblichen Blüthenkolben. Jeder
Kolben wird von zahlreichen, scheidenartigen Deckblättern (Lieschen) eingehüllt. An der
Spitze der Lieschen treten die sehr langen Griffeln der weiblichen Blüthen als zahlreiche
Fäden hervor. Bis zu dem Erscheinen der Griffeln verstreichen 63--112 Tage mit einer
Wärmesumme von 1200--1800°C. An einer Pflanze entwickeln sich 1--4, in seltenen
Fällen auch 5 Maiskolben, in welchen die Samen je nach der Varietät in 6--20 Reihen
von 90--220 Mm. Länge dicht gedrängt stehen.

Größeren Kolben entspricht nach Haberlandt (Centralbl. f. ges. Landescultur. 1867.
Nr. 1) bei völlig ausgereisten Körnern ein größeres Körnergewicht, aber auch ein größeres
Gewicht der Kolbenspindel und der Deckblätter. Das durchschnittliche lufttrockene Gewicht
eines Kolbens beträgt 143 Gramm; davon entfallen auf die Körner 104 Gramm (73.6 %)
und auf die Spindel 39 Gramm (26.4 %). Die Deckblätter eines Kolbens wägen durch-
schnittlich 24 Gramm (16.5 % vom Kolbengewicht), das Stroh einer Pflanze 114 Gramm
(77.1 % vom Kolbengewicht).

1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Mais, welcher nach dem Reise die meisten Menschen ernährt, bildet in
Amerika und Afrika eine Hauptbrodfrucht. Seine Verbreitung erstreckt sich nicht
nur auf seine Heimath Amerika, woselbst der Maisbau vom 54° nördlicher Breite

1) J. Sachs Handbuch der physiolog. Botanik. S. 55.
4*

Die Mehlfrüchte.
Unterſuchungen (Metamorphoſe der Maispflanze. Wien 1870. S. 20) 150—250°C. er-
forderlich. Die Keimpflanze, welche ſich aus dem Nährſtoffvorrathe des Maiskornes ent-
wickelt, beſitzt nebſt der Scheide zwei vollſtändig entfaltete Blätter. Dieſelbe erreicht von
dem Korne gemeſſen eine Höhe von 7—14 Ctm.

Das weitere Wachsthum der Maispflanze, welches von dem Ergrünen der Blätter ab-
hängt, erfordert eine Temperatur, welche beſtimmt oberhalb 6°C. und wahrſcheinlich unter-
halb 15°C. liegt1). Bei niederer Temperatur verlängert ſich zwar noch anfänglich die
Pflanze, die Blätter bleiben aber gelb. Nach Bernatz (Landw. Centralbl. XVI. I. 126)
wächſt der Mais langſamer als der Weizen; er nahm in 7 Tagen um 155 Mm. (am
Tage 105, Nachts 50 Mm.) an Länge zu.

Die Aſſimilationsproducte der Blätter treten bei dem Maiſe nach den Unterſuchungen
von Dr. J. Sachs (Annalen der Landw. i. d. kgl. pr. Staaten. Bd. XXXIX. S. 181)
im Stamme als Stärke auf, welche überwiegend durch die Parenchymzellen weiter befördert
wird, während die Eiweißſtoffe durch die Gitterzellen der Gefäßbündel zu den Verbrauchs-
orten geſchafft werden. Später ſcheint die Stärke zum Theile in Rohr- und Traubenzucker
umgewandelt zu werden, um ſich endlich wieder, durch die Kolbenſpindel eingewandert,
in dem Endoſperm der reiſenden Körner als Stärke niederzuſchlagen.

Der Tiefgang der Maiswurzeln iſt nach Johnſon (Wie die Feldfrüchte wachſen. Braun-
ſchweig 1871. S. 269) in reichem zähen Boden auf 0.5—1 Meter, dagegen im leichten,
ſandigen Boden ſogar bis auf 3—4.7 Meter verfolgt worden. Fehlt es an Stickſtoff, ſo
zeigt der Mais nach Stohmann (Landw. Verſ. Stat. X. 107) eine Neigung zur Ent-
wickelung ſehr langer Wurzeln. Eine Maispflanze von kaum 0.16 Meter Höhe beſaß eine
2.2 Meter lange Wurzel.

Bemerkenswerth bleibt weiter, daß bei der Maispflanze die Blattknoten lange Zeit
quellungsfähig bleiben, ſo zwar, daß durch den Wind niedergelegte Maisſtämme mit halb-
reifen Kolben durch die Krümmungsfähigkeit dieſer Knoten wieder aufrecht geſtellt werden.

Bis zum Hervortreten der männlichen Rispe, 50—100 Tage nach dem Anbaue, iſt je
nach der Maisvarietät eine Wärmeſumme von 970—1900°C. erforderlich. Sobald ſich
die männlichen Blüthen öffnen und die Verſtäubung der Pollenzellen beginnt, erſcheinen von
oben nach abwärts in den Blattaxeln des Stammes die weiblichen Blüthenkolben. Jeder
Kolben wird von zahlreichen, ſcheidenartigen Deckblättern (Lieſchen) eingehüllt. An der
Spitze der Lieſchen treten die ſehr langen Griffeln der weiblichen Blüthen als zahlreiche
Fäden hervor. Bis zu dem Erſcheinen der Griffeln verſtreichen 63—112 Tage mit einer
Wärmeſumme von 1200—1800°C. An einer Pflanze entwickeln ſich 1—4, in ſeltenen
Fällen auch 5 Maiskolben, in welchen die Samen je nach der Varietät in 6—20 Reihen
von 90—220 Mm. Länge dicht gedrängt ſtehen.

Größeren Kolben entſpricht nach Haberlandt (Centralbl. f. geſ. Landescultur. 1867.
Nr. 1) bei völlig ausgereiſten Körnern ein größeres Körnergewicht, aber auch ein größeres
Gewicht der Kolbenſpindel und der Deckblätter. Das durchſchnittliche lufttrockene Gewicht
eines Kolbens beträgt 143 Gramm; davon entfallen auf die Körner 104 Gramm (73.6 %)
und auf die Spindel 39 Gramm (26.4 %). Die Deckblätter eines Kolbens wägen durch-
ſchnittlich 24 Gramm (16.5 % vom Kolbengewicht), das Stroh einer Pflanze 114 Gramm
(77.1 % vom Kolbengewicht).

1. Die Wachsthumsbedingungen.

Der Mais, welcher nach dem Reiſe die meiſten Menſchen ernährt, bildet in
Amerika und Afrika eine Hauptbrodfrucht. Seine Verbreitung erſtreckt ſich nicht
nur auf ſeine Heimath Amerika, woſelbſt der Maisbau vom 54° nördlicher Breite

1) J. Sachs Handbuch der phyſiolog. Botanik. S. 55.
4*
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[51/0065] Die Mehlfrüchte. Unterſuchungen (Metamorphoſe der Maispflanze. Wien 1870. S. 20) 150—250°C. er- forderlich. Die Keimpflanze, welche ſich aus dem Nährſtoffvorrathe des Maiskornes ent- wickelt, beſitzt nebſt der Scheide zwei vollſtändig entfaltete Blätter. Dieſelbe erreicht von dem Korne gemeſſen eine Höhe von 7—14 Ctm. Das weitere Wachsthum der Maispflanze, welches von dem Ergrünen der Blätter ab- hängt, erfordert eine Temperatur, welche beſtimmt oberhalb 6°C. und wahrſcheinlich unter- halb 15°C. liegt 1). Bei niederer Temperatur verlängert ſich zwar noch anfänglich die Pflanze, die Blätter bleiben aber gelb. Nach Bernatz (Landw. Centralbl. XVI. I. 126) wächſt der Mais langſamer als der Weizen; er nahm in 7 Tagen um 155 Mm. (am Tage 105, Nachts 50 Mm.) an Länge zu. Die Aſſimilationsproducte der Blätter treten bei dem Maiſe nach den Unterſuchungen von Dr. J. Sachs (Annalen der Landw. i. d. kgl. pr. Staaten. Bd. XXXIX. S. 181) im Stamme als Stärke auf, welche überwiegend durch die Parenchymzellen weiter befördert wird, während die Eiweißſtoffe durch die Gitterzellen der Gefäßbündel zu den Verbrauchs- orten geſchafft werden. Später ſcheint die Stärke zum Theile in Rohr- und Traubenzucker umgewandelt zu werden, um ſich endlich wieder, durch die Kolbenſpindel eingewandert, in dem Endoſperm der reiſenden Körner als Stärke niederzuſchlagen. Der Tiefgang der Maiswurzeln iſt nach Johnſon (Wie die Feldfrüchte wachſen. Braun- ſchweig 1871. S. 269) in reichem zähen Boden auf 0.5—1 Meter, dagegen im leichten, ſandigen Boden ſogar bis auf 3—4.7 Meter verfolgt worden. Fehlt es an Stickſtoff, ſo zeigt der Mais nach Stohmann (Landw. Verſ. Stat. X. 107) eine Neigung zur Ent- wickelung ſehr langer Wurzeln. Eine Maispflanze von kaum 0.16 Meter Höhe beſaß eine 2.2 Meter lange Wurzel. Bemerkenswerth bleibt weiter, daß bei der Maispflanze die Blattknoten lange Zeit quellungsfähig bleiben, ſo zwar, daß durch den Wind niedergelegte Maisſtämme mit halb- reifen Kolben durch die Krümmungsfähigkeit dieſer Knoten wieder aufrecht geſtellt werden. Bis zum Hervortreten der männlichen Rispe, 50—100 Tage nach dem Anbaue, iſt je nach der Maisvarietät eine Wärmeſumme von 970—1900°C. erforderlich. Sobald ſich die männlichen Blüthen öffnen und die Verſtäubung der Pollenzellen beginnt, erſcheinen von oben nach abwärts in den Blattaxeln des Stammes die weiblichen Blüthenkolben. Jeder Kolben wird von zahlreichen, ſcheidenartigen Deckblättern (Lieſchen) eingehüllt. An der Spitze der Lieſchen treten die ſehr langen Griffeln der weiblichen Blüthen als zahlreiche Fäden hervor. Bis zu dem Erſcheinen der Griffeln verſtreichen 63—112 Tage mit einer Wärmeſumme von 1200—1800°C. An einer Pflanze entwickeln ſich 1—4, in ſeltenen Fällen auch 5 Maiskolben, in welchen die Samen je nach der Varietät in 6—20 Reihen von 90—220 Mm. Länge dicht gedrängt ſtehen. Größeren Kolben entſpricht nach Haberlandt (Centralbl. f. geſ. Landescultur. 1867. Nr. 1) bei völlig ausgereiſten Körnern ein größeres Körnergewicht, aber auch ein größeres Gewicht der Kolbenſpindel und der Deckblätter. Das durchſchnittliche lufttrockene Gewicht eines Kolbens beträgt 143 Gramm; davon entfallen auf die Körner 104 Gramm (73.6 %) und auf die Spindel 39 Gramm (26.4 %). Die Deckblätter eines Kolbens wägen durch- ſchnittlich 24 Gramm (16.5 % vom Kolbengewicht), das Stroh einer Pflanze 114 Gramm (77.1 % vom Kolbengewicht). 1. Die Wachsthumsbedingungen. Der Mais, welcher nach dem Reiſe die meiſten Menſchen ernährt, bildet in Amerika und Afrika eine Hauptbrodfrucht. Seine Verbreitung erſtreckt ſich nicht nur auf ſeine Heimath Amerika, woſelbſt der Maisbau vom 54° nördlicher Breite 1) J. Sachs Handbuch der phyſiolog. Botanik. S. 55. 4*

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Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 2. Berlin, 1876, S. 51. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft02_1876/65>, abgerufen am 27.11.2024.