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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Rindviehzucht.
3. die Mastnutzung in erster Linie, die Milchnutzung in zweiter Linie,
4. die Zugnutzung in erster Linie, die Mast- und Milchnutzung in zweiter Linie,
5. die Vereinigung einiger oder mehrerer Nutzungseigenschaften.

Die letzte Zuchtrichtung eignet sich mehr für Kleinwirthe, während für Groß-
wirthe die Specialisirung der Nutzung meist vortheilhafter ist. Bei Hochcultur tritt
eine weitere Theilung der Aufzucht von der Nutzviehhaltung ein. Die Aufzucht
kann wieder für den eigenen Bedarf der Nutzviehhaltung oder für den Bedarf Anderer
betrieben werden.

2. Die Auswahl der Racen.

Die Erreichung des Züchtungszieles hängt, entsprechende Fütterung und Pflege
vorausgesetzt, vornehmlich von der richtigen Wahl der Race und des Schlages ab.
Vorzügliche Milchviehracen und Schläge sind: Holländer, West- und Ostfriesen, Sim-
menthaler, Berner, Pinzgauer, Schwyzer, Montavoner, Algäuer, Mürzthaler, Ayr-
shire, Bretagner etc.; vorzügliche Mastviehracen und Schläge: Schleswig-Holsteinische
Marschracen, weißes norisches Vieh, Oberinnthaler, Shorthorn, Charolais; vorzüg-
liche Zugviehracen und Schläge: Ungarische, russische Racen, Egerländer; für alle
drei Nutzungszwecke eignen sich: Pinzgauer, Kuhländer, Schweizer, Lavanthaler etc.
Ist die Race gewählt, so ist mit Rücksicht auf die in der allgemeinen Thierzuchtlehre
S. 31 gegebenen Grundsätze die Zuchtmethode festzustellen. Dabei wird es sich fragen,
ob das Züchtungsziel durch Einführung von Originalthieren, durch Reinzucht oder
durch Kreuzung erreicht werden soll.

3. Die Auswahl der Zuchtthiere.

In jeder Race gibt es gute und schlechte Stämme und Individuen, weshalb
sich die Auswahl zur Zucht auch auf diese erstrecken muß. Außer den allgemeinen
Anforderungen, welche an die einzelnen Zuchtthiere gestellt werden, verlangt man von
dem Rinde je nach dem Nutzungszwecke folgende besondere Eigenschaften.

Als Zeichen guter Milchergiebigkeit gelten: Mehr feiner als grober
Körperbau, sanfter Ausdruck des Gesichtes, leichter Kopf, mit feinen, glänzenden
Hörnern und dünnen Ohren, schlanker Hals mit geringer Hautfalte, tiefer Bauch,
breites Kreuz, dünner, feiner Schweif, weite, breite Hinterhand, feine, nicht fest an-
liegende Haut, feine Haare, großes, nach vor- und rückwärts sich erstreckendes Euter,
welches nach dem Melken schlaff sein soll, starke hervortretende Milchadern (Venen)
mit breiten "Milchgruben". "Ueberzählige Striche" sind erwünscht, da sie auf eine
üppige Entwickelung der Milchdrüse schließen lassen. Die gegentheiligen Eigenschaften,
wie stierartiges Aussehen der Kühe, Fettleibigkeit, ein nach dem Melken noch voll
anzufühlendes Euter, "Fleischeuter", sprechen für geringe Milchergiebigkeit. Als
Zeichen für die Milchergiebigkeit ist schließlich die Ausdehnung des Milchspiegels,
jenes entgegengesetzten Haarstriches, der sich rückwärts vom Euter nach aufwärts erstreckt,
zu beachten. Auf denselben hat zuerst Guenon, ein französischer Kuhhirt, aufmerksam

Krafft, Lehrb. d. Landw. III. 8
Die Rindviehzucht.
3. die Maſtnutzung in erſter Linie, die Milchnutzung in zweiter Linie,
4. die Zugnutzung in erſter Linie, die Maſt- und Milchnutzung in zweiter Linie,
5. die Vereinigung einiger oder mehrerer Nutzungseigenſchaften.

Die letzte Zuchtrichtung eignet ſich mehr für Kleinwirthe, während für Groß-
wirthe die Specialiſirung der Nutzung meiſt vortheilhafter iſt. Bei Hochcultur tritt
eine weitere Theilung der Aufzucht von der Nutzviehhaltung ein. Die Aufzucht
kann wieder für den eigenen Bedarf der Nutzviehhaltung oder für den Bedarf Anderer
betrieben werden.

2. Die Auswahl der Racen.

Die Erreichung des Züchtungszieles hängt, entſprechende Fütterung und Pflege
vorausgeſetzt, vornehmlich von der richtigen Wahl der Race und des Schlages ab.
Vorzügliche Milchviehracen und Schläge ſind: Holländer, Weſt- und Oſtfrieſen, Sim-
menthaler, Berner, Pinzgauer, Schwyzer, Montavoner, Algäuer, Mürzthaler, Ayr-
ſhire, Bretagner ꝛc.; vorzügliche Maſtviehracen und Schläge: Schleswig-Holſteiniſche
Marſchracen, weißes noriſches Vieh, Oberinnthaler, Shorthorn, Charolais; vorzüg-
liche Zugviehracen und Schläge: Ungariſche, ruſſiſche Racen, Egerländer; für alle
drei Nutzungszwecke eignen ſich: Pinzgauer, Kuhländer, Schweizer, Lavanthaler ꝛc.
Iſt die Race gewählt, ſo iſt mit Rückſicht auf die in der allgemeinen Thierzuchtlehre
S. 31 gegebenen Grundſätze die Zuchtmethode feſtzuſtellen. Dabei wird es ſich fragen,
ob das Züchtungsziel durch Einführung von Originalthieren, durch Reinzucht oder
durch Kreuzung erreicht werden ſoll.

3. Die Auswahl der Zuchtthiere.

In jeder Race gibt es gute und ſchlechte Stämme und Individuen, weshalb
ſich die Auswahl zur Zucht auch auf dieſe erſtrecken muß. Außer den allgemeinen
Anforderungen, welche an die einzelnen Zuchtthiere geſtellt werden, verlangt man von
dem Rinde je nach dem Nutzungszwecke folgende beſondere Eigenſchaften.

Als Zeichen guter Milchergiebigkeit gelten: Mehr feiner als grober
Körperbau, ſanfter Ausdruck des Geſichtes, leichter Kopf, mit feinen, glänzenden
Hörnern und dünnen Ohren, ſchlanker Hals mit geringer Hautfalte, tiefer Bauch,
breites Kreuz, dünner, feiner Schweif, weite, breite Hinterhand, feine, nicht feſt an-
liegende Haut, feine Haare, großes, nach vor- und rückwärts ſich erſtreckendes Euter,
welches nach dem Melken ſchlaff ſein ſoll, ſtarke hervortretende Milchadern (Venen)
mit breiten „Milchgruben“. „Ueberzählige Striche“ ſind erwünſcht, da ſie auf eine
üppige Entwickelung der Milchdrüſe ſchließen laſſen. Die gegentheiligen Eigenſchaften,
wie ſtierartiges Ausſehen der Kühe, Fettleibigkeit, ein nach dem Melken noch voll
anzufühlendes Euter, „Fleiſcheuter“, ſprechen für geringe Milchergiebigkeit. Als
Zeichen für die Milchergiebigkeit iſt ſchließlich die Ausdehnung des Milchſpiegels,
jenes entgegengeſetzten Haarſtriches, der ſich rückwärts vom Euter nach aufwärts erſtreckt,
zu beachten. Auf denſelben hat zuerſt Guènon, ein franzöſiſcher Kuhhirt, aufmerkſam

Krafft, Lehrb. d. Landw. III. 8
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[113/0129] Die Rindviehzucht. 3. die Maſtnutzung in erſter Linie, die Milchnutzung in zweiter Linie, 4. die Zugnutzung in erſter Linie, die Maſt- und Milchnutzung in zweiter Linie, 5. die Vereinigung einiger oder mehrerer Nutzungseigenſchaften. Die letzte Zuchtrichtung eignet ſich mehr für Kleinwirthe, während für Groß- wirthe die Specialiſirung der Nutzung meiſt vortheilhafter iſt. Bei Hochcultur tritt eine weitere Theilung der Aufzucht von der Nutzviehhaltung ein. Die Aufzucht kann wieder für den eigenen Bedarf der Nutzviehhaltung oder für den Bedarf Anderer betrieben werden. 2. Die Auswahl der Racen. Die Erreichung des Züchtungszieles hängt, entſprechende Fütterung und Pflege vorausgeſetzt, vornehmlich von der richtigen Wahl der Race und des Schlages ab. Vorzügliche Milchviehracen und Schläge ſind: Holländer, Weſt- und Oſtfrieſen, Sim- menthaler, Berner, Pinzgauer, Schwyzer, Montavoner, Algäuer, Mürzthaler, Ayr- ſhire, Bretagner ꝛc.; vorzügliche Maſtviehracen und Schläge: Schleswig-Holſteiniſche Marſchracen, weißes noriſches Vieh, Oberinnthaler, Shorthorn, Charolais; vorzüg- liche Zugviehracen und Schläge: Ungariſche, ruſſiſche Racen, Egerländer; für alle drei Nutzungszwecke eignen ſich: Pinzgauer, Kuhländer, Schweizer, Lavanthaler ꝛc. Iſt die Race gewählt, ſo iſt mit Rückſicht auf die in der allgemeinen Thierzuchtlehre S. 31 gegebenen Grundſätze die Zuchtmethode feſtzuſtellen. Dabei wird es ſich fragen, ob das Züchtungsziel durch Einführung von Originalthieren, durch Reinzucht oder durch Kreuzung erreicht werden ſoll. 3. Die Auswahl der Zuchtthiere. In jeder Race gibt es gute und ſchlechte Stämme und Individuen, weshalb ſich die Auswahl zur Zucht auch auf dieſe erſtrecken muß. Außer den allgemeinen Anforderungen, welche an die einzelnen Zuchtthiere geſtellt werden, verlangt man von dem Rinde je nach dem Nutzungszwecke folgende beſondere Eigenſchaften. Als Zeichen guter Milchergiebigkeit gelten: Mehr feiner als grober Körperbau, ſanfter Ausdruck des Geſichtes, leichter Kopf, mit feinen, glänzenden Hörnern und dünnen Ohren, ſchlanker Hals mit geringer Hautfalte, tiefer Bauch, breites Kreuz, dünner, feiner Schweif, weite, breite Hinterhand, feine, nicht feſt an- liegende Haut, feine Haare, großes, nach vor- und rückwärts ſich erſtreckendes Euter, welches nach dem Melken ſchlaff ſein ſoll, ſtarke hervortretende Milchadern (Venen) mit breiten „Milchgruben“. „Ueberzählige Striche“ ſind erwünſcht, da ſie auf eine üppige Entwickelung der Milchdrüſe ſchließen laſſen. Die gegentheiligen Eigenſchaften, wie ſtierartiges Ausſehen der Kühe, Fettleibigkeit, ein nach dem Melken noch voll anzufühlendes Euter, „Fleiſcheuter“, ſprechen für geringe Milchergiebigkeit. Als Zeichen für die Milchergiebigkeit iſt ſchließlich die Ausdehnung des Milchſpiegels, jenes entgegengeſetzten Haarſtriches, der ſich rückwärts vom Euter nach aufwärts erſtreckt, zu beachten. Auf denſelben hat zuerſt Guènon, ein franzöſiſcher Kuhhirt, aufmerkſam Krafft, Lehrb. d. Landw. III. 8

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 113. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/129>, abgerufen am 26.11.2024.