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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Die Rindviehzucht.
Wahrscheinlichkeit noch auf eine vollkommenere Geschlechtsorganisation zu hoffen, als
wenn das Stierkalb zuerst geboren wird 1). Die nicht abzusetzenden Kälber werden
je nach dem Milchpreise nach 3--4 Wochen an die Schlachtbank verkauft. Stier-
kälber, welche keine Verwendung als Zuchtthiere finden, werden bald nach dem Ab-
setzen mit 6--8 Wochen castrirt. Zu dieser Zeit ist mit dem Castriren weniger
Risiko verbunden und das Fleisch bleibt fein und zart. Sollen nicht Mastochsen, sondern
Zugochsen herangezogen werden, so verschiebt man das Castriren, bis das Kalb
6--9 Monate alt geworden und eine größere Körperkraft erreicht hat. Der, wie
das übrige Jungvieh aufzuziehende Ochse kann dann im dritten Jahre schon schonend
zum Zuge gebraucht werden. Weibliche Thiere werden, wenn auch selten, mit 10--12
Wochen oder im Alter von 1--11/2 Jahr castrirt. Das nicht immer gefahrlose
Castriren der Kühe bietet jedoch keinen Vortheil, da die vermeintliche Steigerung des
Milchertrages fast immer ausbleibt.

Um sich späterhin die Führung der Stiere zu erleichtern, empfiehlt es sich den
1/2jährigen Jungstieren Nasenringe durch die Nasenscheidewand zu ziehen, mit welchen
sie leicht gelenkt werden können. Am vorzüglichsten eignen sich dazu die Nasenringe
von Dr. Rueff, Fig. 68,
welche nach dem Einziehen
mit einer Schraube geschlossen
werden, deren Ansatz dann
abgebrochen wird. Zu dem-
selben Zwecke dienen die
Bullenbändiger, Fig. 69,
welche erst im Falle des Be-
darfes an die Nasenscheide-
wand angelegt werden.

Nach der völligen Ent-
wöhnung der Kälber von der
Milchnahrung in der neunten
oder zehnten Lebenswoche ist
das Jungvieh in der ersten
Zeit unter regelmäßiger Ein-
haltung der Futterzeiten kräf-
tig zu ernähren, jedoch nicht
zu mästen. Das Nährstoff-
verhältniß ist entsprechend der

[Abbildung] Fig. 68.
[Abbildung] Fig. 69.
[Abbildung]

Fig. 68. Bullenring nach Rueff von H. Hauptner -- Berlin.
-- Preis 1.75 Mark (88 Kr.).

Fig. 69. Bullenbändiger (Nasenzange) von H. Hauptner --
Berlin. -- Preis 4 Mark (2 fl.).

Ernährung auf der Weide mit 1 : 5--6 einzuhalten. Es wird dies am besten
erreicht, wenn man Heu nach Belieben oder in einer Menge von 2--3 Kilogr.,
1--1.5 Kilogr. Gerste, Hafer oder Maisschrot, nebst 0.1--0.2 Kilogr. Oel-
kuchen verabreicht. Zum weiteren Aufziehen eignet sich auch gutes Wiesengras,

1) Dr. A. Rueff, Die Unfruchtbarkeit der mit einem Zwillingsbruder geborenen Kuh-
kälber. Oesterr. landw. Wochenbl. 1875, S. 450.

Die Rindviehzucht.
Wahrſcheinlichkeit noch auf eine vollkommenere Geſchlechtsorganiſation zu hoffen, als
wenn das Stierkalb zuerſt geboren wird 1). Die nicht abzuſetzenden Kälber werden
je nach dem Milchpreiſe nach 3—4 Wochen an die Schlachtbank verkauft. Stier-
kälber, welche keine Verwendung als Zuchtthiere finden, werden bald nach dem Ab-
ſetzen mit 6—8 Wochen caſtrirt. Zu dieſer Zeit iſt mit dem Caſtriren weniger
Riſiko verbunden und das Fleiſch bleibt fein und zart. Sollen nicht Maſtochſen, ſondern
Zugochſen herangezogen werden, ſo verſchiebt man das Caſtriren, bis das Kalb
6—9 Monate alt geworden und eine größere Körperkraft erreicht hat. Der, wie
das übrige Jungvieh aufzuziehende Ochſe kann dann im dritten Jahre ſchon ſchonend
zum Zuge gebraucht werden. Weibliche Thiere werden, wenn auch ſelten, mit 10—12
Wochen oder im Alter von 1—1½ Jahr caſtrirt. Das nicht immer gefahrloſe
Caſtriren der Kühe bietet jedoch keinen Vortheil, da die vermeintliche Steigerung des
Milchertrages faſt immer ausbleibt.

Um ſich ſpäterhin die Führung der Stiere zu erleichtern, empfiehlt es ſich den
½jährigen Jungſtieren Naſenringe durch die Naſenſcheidewand zu ziehen, mit welchen
ſie leicht gelenkt werden können. Am vorzüglichſten eignen ſich dazu die Naſenringe
von Dr. Rueff, Fig. 68,
welche nach dem Einziehen
mit einer Schraube geſchloſſen
werden, deren Anſatz dann
abgebrochen wird. Zu dem-
ſelben Zwecke dienen die
Bullenbändiger, Fig. 69,
welche erſt im Falle des Be-
darfes an die Naſenſcheide-
wand angelegt werden.

Nach der völligen Ent-
wöhnung der Kälber von der
Milchnahrung in der neunten
oder zehnten Lebenswoche iſt
das Jungvieh in der erſten
Zeit unter regelmäßiger Ein-
haltung der Futterzeiten kräf-
tig zu ernähren, jedoch nicht
zu mäſten. Das Nährſtoff-
verhältniß iſt entſprechend der

[Abbildung] Fig. 68.
[Abbildung] Fig. 69.
[Abbildung]

Fig. 68. Bullenring nach Rueff von H. Hauptner — Berlin.
— Preis 1.75 Mark (88 Kr.).

Fig. 69. Bullenbändiger (Naſenzange) von H. Hauptner —
Berlin. — Preis 4 Mark (2 fl.).

Ernährung auf der Weide mit 1 : 5—6 einzuhalten. Es wird dies am beſten
erreicht, wenn man Heu nach Belieben oder in einer Menge von 2—3 Kilogr.,
1—1.5 Kilogr. Gerſte, Hafer oder Maisſchrot, nebſt 0.1—0.2 Kilogr. Oel-
kuchen verabreicht. Zum weiteren Aufziehen eignet ſich auch gutes Wieſengras,

1) Dr. A. Rueff, Die Unfruchtbarkeit der mit einem Zwillingsbruder geborenen Kuh-
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[121/0137] Die Rindviehzucht. Wahrſcheinlichkeit noch auf eine vollkommenere Geſchlechtsorganiſation zu hoffen, als wenn das Stierkalb zuerſt geboren wird 1). Die nicht abzuſetzenden Kälber werden je nach dem Milchpreiſe nach 3—4 Wochen an die Schlachtbank verkauft. Stier- kälber, welche keine Verwendung als Zuchtthiere finden, werden bald nach dem Ab- ſetzen mit 6—8 Wochen caſtrirt. Zu dieſer Zeit iſt mit dem Caſtriren weniger Riſiko verbunden und das Fleiſch bleibt fein und zart. Sollen nicht Maſtochſen, ſondern Zugochſen herangezogen werden, ſo verſchiebt man das Caſtriren, bis das Kalb 6—9 Monate alt geworden und eine größere Körperkraft erreicht hat. Der, wie das übrige Jungvieh aufzuziehende Ochſe kann dann im dritten Jahre ſchon ſchonend zum Zuge gebraucht werden. Weibliche Thiere werden, wenn auch ſelten, mit 10—12 Wochen oder im Alter von 1—1½ Jahr caſtrirt. Das nicht immer gefahrloſe Caſtriren der Kühe bietet jedoch keinen Vortheil, da die vermeintliche Steigerung des Milchertrages faſt immer ausbleibt. Um ſich ſpäterhin die Führung der Stiere zu erleichtern, empfiehlt es ſich den ½jährigen Jungſtieren Naſenringe durch die Naſenſcheidewand zu ziehen, mit welchen ſie leicht gelenkt werden können. Am vorzüglichſten eignen ſich dazu die Naſenringe von Dr. Rueff, Fig. 68, welche nach dem Einziehen mit einer Schraube geſchloſſen werden, deren Anſatz dann abgebrochen wird. Zu dem- ſelben Zwecke dienen die Bullenbändiger, Fig. 69, welche erſt im Falle des Be- darfes an die Naſenſcheide- wand angelegt werden. Nach der völligen Ent- wöhnung der Kälber von der Milchnahrung in der neunten oder zehnten Lebenswoche iſt das Jungvieh in der erſten Zeit unter regelmäßiger Ein- haltung der Futterzeiten kräf- tig zu ernähren, jedoch nicht zu mäſten. Das Nährſtoff- verhältniß iſt entſprechend der [Abbildung Fig. 68.] [Abbildung Fig. 69.] [Abbildung Fig. 68. Bullenring nach Rueff von H. Hauptner — Berlin. — Preis 1.75 Mark (88 Kr.). Fig. 69. Bullenbändiger (Naſenzange) von H. Hauptner — Berlin. — Preis 4 Mark (2 fl.).] Ernährung auf der Weide mit 1 : 5—6 einzuhalten. Es wird dies am beſten erreicht, wenn man Heu nach Belieben oder in einer Menge von 2—3 Kilogr., 1—1.5 Kilogr. Gerſte, Hafer oder Maisſchrot, nebſt 0.1—0.2 Kilogr. Oel- kuchen verabreicht. Zum weiteren Aufziehen eignet ſich auch gutes Wieſengras, 1) Dr. A. Rueff, Die Unfruchtbarkeit der mit einem Zwillingsbruder geborenen Kuh- kälber. Oeſterr. landw. Wochenbl. 1875, S. 450.

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 121. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/137>, abgerufen am 27.11.2024.