Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.Besondere Thierzuchtlehre. In Deutschland sind durch mannigfache Kreuzungen und Veredlungen die ehemals vor- Ausgezeichnete Pferde liefert auch Westpreußen, weniger Ostpreußen. Neben Zu den hervorragendsten Gestüten Deutschlands zählen die preußischen Staatsgestüte In Frankreich finden sich sowohl schwere als leichte Pferdeschläge. Zu ersteren In Belgien findet sich als leichtes Zugpferd das Ardenner Pferd, als schwe- In England steht obenan das englische Vollblutpferd, Fig. 172, S. 241, Beſondere Thierzuchtlehre. In Deutſchland ſind durch mannigfache Kreuzungen und Veredlungen die ehemals vor- Ausgezeichnete Pferde liefert auch Weſtpreußen, weniger Oſtpreußen. Neben Zu den hervorragendſten Geſtüten Deutſchlands zählen die preußiſchen Staatsgeſtüte In Frankreich finden ſich ſowohl ſchwere als leichte Pferdeſchläge. Zu erſteren In Belgien findet ſich als leichtes Zugpferd das Ardenner Pferd, als ſchwe- In England ſteht obenan das engliſche Vollblutpferd, Fig. 172, S. 241, <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <div n="5"> <pb facs="#f0254" n="238"/> <fw place="top" type="header">Beſondere Thierzuchtlehre.</fw><lb/> <p>In Deutſchland ſind durch mannigfache Kreuzungen und Veredlungen die ehemals vor-<lb/> handenen, conſtanten Pferdeſchläge immer mehr im Verſchwinden begriffen. Bei dem<lb/> allgemeinen, oft jedoch übertriebenen Streben, dem Pferde mehr Maſſe zu geben, ſcheint<lb/> das Oldenburger Pferd, Fig. 169, für die Heranzucht eines zwar kräftigen, aber doch<lb/> lebhaften Gebrauchspferdes für die Landwirthſchaft eine große Zukunft zu haben. Die<lb/> gewöhnlich rein braunen Oldenburger Pferde ſind 1.75—1.85 Meter hoch, beſitzen<lb/> gerade, zuweilen auch halbe Rams-Köpfe, der mäßig lange Hals iſt etwas breit, die<lb/> Bruſt tief, die Schulterlage entſprechend, der Rücken weich, die Nachhand musculös,<lb/> die Kruppe melonenförmig mit hochangeſetztem Schweife, die Beine kräftig, die Hufe<lb/> breit, jedoch bröcklich.</p><lb/> <p>Ausgezeichnete Pferde liefert auch Weſtpreußen, weniger Oſtpreußen. Neben<lb/> Weſtpreußen iſt Schleswig-Holſtein die pferdereichſte Provinz Deutſchlands. Das alte,<lb/> ſchwere Holſteinerpferd iſt größtentheils verſchwunden und durch Kreuzungen mit<lb/> engliſchem Blute vielfach verändert. Auf den benachbarten däniſchen Inſeln, in Jüt-<lb/> land werden ſehr dauerhafte Pferde, die ſog. Waſſerdänen gezüchtet, welche ſich<lb/> durch gute Schrittbewegung auszeichnen, aber im Rücken und in den Hufen meiſt<lb/> weich ſind.</p><lb/> <p>Zu den hervorragendſten Geſtüten Deutſchlands zählen die preußiſchen Staatsgeſtüte<lb/> zu Trakehenen (Oſtpreußen), welches engliſches und orientaliſches Voll- und Halbblut züchtet,<lb/> das Friedrich-Wilhelms-Geſtüt bei Neuſtadt an der Doſſe (Brandenburg) für kräftige Halb-<lb/> blutthiere, das Geſtüt Graditz in Sachſen für engliſches Vollblut, das königlich württem-<lb/> bergiſche Hofgeſtüt Weil bei Stuttgart für arabiſches und anglo-arabiſches Vollblut ꝛc.</p><lb/> <p>In Frankreich finden ſich ſowohl ſchwere als leichte Pferdeſchläge. Zu erſteren<lb/> zählt vor allem das in der Normandie einheimiſche, edle normanniſche Pferd, Fig. 170,<lb/> hervorgegangen aus einer Kreuzung normanniſcher Landſtuten mit engliſchen Heng-<lb/> ſten, daher es auch gewöhnlich als <hi rendition="#g">Anglo-Normannen</hi> bezeichnet wird. Es<lb/> ſind meiſt braune, 1.70—1.80 Meter hohe Pferde, welche ſich durch große Tiefe,<lb/> Breite, Kurzbeinigkeit, gute Musculatur und Freiheit von Knochenfehlern auszeichnen.<lb/> Manchmal kommen etwas ſchwere Köpfe, kurze Hälſe und fehlerhafte Vorderbeine<lb/> vor. Im übrigen Nordfrankreich finden ſich ſchwere Racen für den Zug und zwar<lb/> für den Schritt die <hi rendition="#g">flamländiſche</hi> und für den Trab die <hi rendition="#g">Boulonnaiſer</hi> Race.<lb/> Zu letzterer zählt das bekannte, weiße <hi rendition="#g">Percheronpferd</hi>, deſſen Formen aus der<lb/> Fig. 171, S. 240, zu entnehmen ſind. Die leichten Pferde, wie das Limouſinpferd,<lb/> das Pyrenäenpferd, das Pferd in den Landes bleiben gewöhnlich unter 1.6 Meter;<lb/> ſie ſtammen zumeiſt von arabiſchen und Berberpferden und geben ein mittelmäßiges<lb/> Reitpferd. In der Bretagne und in Corſica züchtet man ſelten über 1.4 Meter<lb/> hohe Pony.</p><lb/> <p>In Belgien findet ſich als leichtes Zugpferd das <hi rendition="#g">Ardenner</hi> Pferd, als ſchwe-<lb/> res das <hi rendition="#g">flamländiſche</hi> Pferd, welches eine Höhe bis zu 1.82 Meter erreicht,<lb/> und ſich beſonders durch in Europa ſonſt unübertroffenes Körpergewicht auszeichnet.</p><lb/> <p>In England ſteht obenan das <hi rendition="#g">engliſche Vollblutpferd</hi>, Fig. 172, S. 241,<lb/> oft kurzweg „Vollblut“ genannt. Schwarznecker gibt über daſſelbe folgende Definition:<lb/></p> </div> </div> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [238/0254]
Beſondere Thierzuchtlehre.
In Deutſchland ſind durch mannigfache Kreuzungen und Veredlungen die ehemals vor-
handenen, conſtanten Pferdeſchläge immer mehr im Verſchwinden begriffen. Bei dem
allgemeinen, oft jedoch übertriebenen Streben, dem Pferde mehr Maſſe zu geben, ſcheint
das Oldenburger Pferd, Fig. 169, für die Heranzucht eines zwar kräftigen, aber doch
lebhaften Gebrauchspferdes für die Landwirthſchaft eine große Zukunft zu haben. Die
gewöhnlich rein braunen Oldenburger Pferde ſind 1.75—1.85 Meter hoch, beſitzen
gerade, zuweilen auch halbe Rams-Köpfe, der mäßig lange Hals iſt etwas breit, die
Bruſt tief, die Schulterlage entſprechend, der Rücken weich, die Nachhand musculös,
die Kruppe melonenförmig mit hochangeſetztem Schweife, die Beine kräftig, die Hufe
breit, jedoch bröcklich.
Ausgezeichnete Pferde liefert auch Weſtpreußen, weniger Oſtpreußen. Neben
Weſtpreußen iſt Schleswig-Holſtein die pferdereichſte Provinz Deutſchlands. Das alte,
ſchwere Holſteinerpferd iſt größtentheils verſchwunden und durch Kreuzungen mit
engliſchem Blute vielfach verändert. Auf den benachbarten däniſchen Inſeln, in Jüt-
land werden ſehr dauerhafte Pferde, die ſog. Waſſerdänen gezüchtet, welche ſich
durch gute Schrittbewegung auszeichnen, aber im Rücken und in den Hufen meiſt
weich ſind.
Zu den hervorragendſten Geſtüten Deutſchlands zählen die preußiſchen Staatsgeſtüte
zu Trakehenen (Oſtpreußen), welches engliſches und orientaliſches Voll- und Halbblut züchtet,
das Friedrich-Wilhelms-Geſtüt bei Neuſtadt an der Doſſe (Brandenburg) für kräftige Halb-
blutthiere, das Geſtüt Graditz in Sachſen für engliſches Vollblut, das königlich württem-
bergiſche Hofgeſtüt Weil bei Stuttgart für arabiſches und anglo-arabiſches Vollblut ꝛc.
In Frankreich finden ſich ſowohl ſchwere als leichte Pferdeſchläge. Zu erſteren
zählt vor allem das in der Normandie einheimiſche, edle normanniſche Pferd, Fig. 170,
hervorgegangen aus einer Kreuzung normanniſcher Landſtuten mit engliſchen Heng-
ſten, daher es auch gewöhnlich als Anglo-Normannen bezeichnet wird. Es
ſind meiſt braune, 1.70—1.80 Meter hohe Pferde, welche ſich durch große Tiefe,
Breite, Kurzbeinigkeit, gute Musculatur und Freiheit von Knochenfehlern auszeichnen.
Manchmal kommen etwas ſchwere Köpfe, kurze Hälſe und fehlerhafte Vorderbeine
vor. Im übrigen Nordfrankreich finden ſich ſchwere Racen für den Zug und zwar
für den Schritt die flamländiſche und für den Trab die Boulonnaiſer Race.
Zu letzterer zählt das bekannte, weiße Percheronpferd, deſſen Formen aus der
Fig. 171, S. 240, zu entnehmen ſind. Die leichten Pferde, wie das Limouſinpferd,
das Pyrenäenpferd, das Pferd in den Landes bleiben gewöhnlich unter 1.6 Meter;
ſie ſtammen zumeiſt von arabiſchen und Berberpferden und geben ein mittelmäßiges
Reitpferd. In der Bretagne und in Corſica züchtet man ſelten über 1.4 Meter
hohe Pony.
In Belgien findet ſich als leichtes Zugpferd das Ardenner Pferd, als ſchwe-
res das flamländiſche Pferd, welches eine Höhe bis zu 1.82 Meter erreicht,
und ſich beſonders durch in Europa ſonſt unübertroffenes Körpergewicht auszeichnet.
In England ſteht obenan das engliſche Vollblutpferd, Fig. 172, S. 241,
oft kurzweg „Vollblut“ genannt. Schwarznecker gibt über daſſelbe folgende Definition:
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