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Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.

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Besondere Thierzuchtlehre.
[Tabelle]

Ausgewachsene Schweine erreichen ein Lebendgewicht von 100, 200, 400 Kilogr.
und darüber.

Bei der raschen Körperentwickelung des Schweines ist dasselbe schon vor Ablauf
des ersten Jahres, oft im Alter von 3/4 Jahr zuchtfähig. Bei dem Wildschweine
äußert sich dagegen der Geschlechtstrieb erst später. Das Brünstigwerden des Schweines
wird als Rauschen, Ranken, Brausen oder rauschig werden bezeichnet.

Hat das Mutterschwein aufgenommen, so geht es gewöhnlich 16--17 Wochen
oder im Mittel 120 Tage trächtig. Die Extreme der Trächtigkeitsdauer bewegen
sich zwischen 109 und 133 Tagen. Im Naturzustande wirft das Schwein nur ein-
mal im Jahre gegen das Frühjahr zu Junge. Bei der Haltung als Hausthier
läßt sich seine Fruchtbarkeit auf 3 Würfe in 2 Jahren und selbst auf 2 Würfe in
einem Jahre steigern. Die Zahl der bei einem Wurfe zur Welt gebrachten Ferkel
beläuft sich auf 4, 12, 20 und mehr Stücke. Der erste Wurf fällt stets
schwächer aus als die folgenden, bis das Mutterschwein mit dem 7. oder 8. Jahre
zuchtunfähig wird.

Nach der Geburt tritt die Brünstigkeit in 42--56 Tagen ein, bei Nichtbe-
fruchtung kehrt sie in 20--40 Tagen wieder.

Das Wachsthum des Schweines findet im 4. Jahre seinen Abschluß. Veredelte
Racen können übrigens schon im Alter von 1/4 Jahr und selbst als Ferkel verwer-
thet werden.

Der Magen des Schweines ist einfach, ungetheilt, der Darmcanal mittelmäßig
lang und zwar 15--16mal länger als der Körper. Die eigenthümliche Kiefer-
gestaltung zu einem Rüssel befähigt das Schwein in der Erde zu wühlen, wobei es
das Genießbare, Wurzeln, Insectenlarven, Würmer etc. heraussucht. Das Schwein
verzehrt sowohl pflanzliche als thierische Stoffe und zeichnet sich durch große Ge-
fräßigkeit und rasche Verdauung aus, weshalb es schwerer verdauliche Futterstoffe, wie
Stroh, Heu, nicht verzehren kann. Am zusagendsten ist demselben wässeriges Futter.
Bei trockenem Futter ist für reichliches Tränkwasser zu sorgen. Das gewöhnliche
Futter der Schweine besteht aus grünem Rothklee, Luzerne, Esparsette, Rübenblätter,
Wurzeln und Knollenfrüchten, Getreide, Mehl, Kleie, Baumfrüchten, Obst, Gemüse-
abfällen, Molkereiabfällen, Fleisch, auch Aas etc.

Das Empfindungsleben ist bei dem als stumpfsinnig bekannten Schweine
am geringsten, am meisten noch der Gehör- und Geruchssinn ausgebildet.
Der Umgang mit demselben, namentlich mit dem gereizten Eber, kann unter Um-

Beſondere Thierzuchtlehre.
[Tabelle]

Ausgewachſene Schweine erreichen ein Lebendgewicht von 100, 200, 400 Kilogr.
und darüber.

Bei der raſchen Körperentwickelung des Schweines iſt daſſelbe ſchon vor Ablauf
des erſten Jahres, oft im Alter von ¾ Jahr zuchtfähig. Bei dem Wildſchweine
äußert ſich dagegen der Geſchlechtstrieb erſt ſpäter. Das Brünſtigwerden des Schweines
wird als Rauſchen, Ranken, Brauſen oder rauſchig werden bezeichnet.

Hat das Mutterſchwein aufgenommen, ſo geht es gewöhnlich 16—17 Wochen
oder im Mittel 120 Tage trächtig. Die Extreme der Trächtigkeitsdauer bewegen
ſich zwiſchen 109 und 133 Tagen. Im Naturzuſtande wirft das Schwein nur ein-
mal im Jahre gegen das Frühjahr zu Junge. Bei der Haltung als Hausthier
läßt ſich ſeine Fruchtbarkeit auf 3 Würfe in 2 Jahren und ſelbſt auf 2 Würfe in
einem Jahre ſteigern. Die Zahl der bei einem Wurfe zur Welt gebrachten Ferkel
beläuft ſich auf 4, 12, 20 und mehr Stücke. Der erſte Wurf fällt ſtets
ſchwächer aus als die folgenden, bis das Mutterſchwein mit dem 7. oder 8. Jahre
zuchtunfähig wird.

Nach der Geburt tritt die Brünſtigkeit in 42—56 Tagen ein, bei Nichtbe-
fruchtung kehrt ſie in 20—40 Tagen wieder.

Das Wachsthum des Schweines findet im 4. Jahre ſeinen Abſchluß. Veredelte
Racen können übrigens ſchon im Alter von ¼ Jahr und ſelbſt als Ferkel verwer-
thet werden.

Der Magen des Schweines iſt einfach, ungetheilt, der Darmcanal mittelmäßig
lang und zwar 15—16mal länger als der Körper. Die eigenthümliche Kiefer-
geſtaltung zu einem Rüſſel befähigt das Schwein in der Erde zu wühlen, wobei es
das Genießbare, Wurzeln, Inſectenlarven, Würmer ꝛc. herausſucht. Das Schwein
verzehrt ſowohl pflanzliche als thieriſche Stoffe und zeichnet ſich durch große Ge-
fräßigkeit und raſche Verdauung aus, weshalb es ſchwerer verdauliche Futterſtoffe, wie
Stroh, Heu, nicht verzehren kann. Am zuſagendſten iſt demſelben wäſſeriges Futter.
Bei trockenem Futter iſt für reichliches Tränkwaſſer zu ſorgen. Das gewöhnliche
Futter der Schweine beſteht aus grünem Rothklee, Luzerne, Eſparſette, Rübenblätter,
Wurzeln und Knollenfrüchten, Getreide, Mehl, Kleie, Baumfrüchten, Obſt, Gemüſe-
abfällen, Molkereiabfällen, Fleiſch, auch Aas ꝛc.

Das Empfindungsleben iſt bei dem als ſtumpfſinnig bekannten Schweine
am geringſten, am meiſten noch der Gehör- und Geruchsſinn ausgebildet.
Der Umgang mit demſelben, namentlich mit dem gereizten Eber, kann unter Um-

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[266/0282] Beſondere Thierzuchtlehre. Ausgewachſene Schweine erreichen ein Lebendgewicht von 100, 200, 400 Kilogr. und darüber. Bei der raſchen Körperentwickelung des Schweines iſt daſſelbe ſchon vor Ablauf des erſten Jahres, oft im Alter von ¾ Jahr zuchtfähig. Bei dem Wildſchweine äußert ſich dagegen der Geſchlechtstrieb erſt ſpäter. Das Brünſtigwerden des Schweines wird als Rauſchen, Ranken, Brauſen oder rauſchig werden bezeichnet. Hat das Mutterſchwein aufgenommen, ſo geht es gewöhnlich 16—17 Wochen oder im Mittel 120 Tage trächtig. Die Extreme der Trächtigkeitsdauer bewegen ſich zwiſchen 109 und 133 Tagen. Im Naturzuſtande wirft das Schwein nur ein- mal im Jahre gegen das Frühjahr zu Junge. Bei der Haltung als Hausthier läßt ſich ſeine Fruchtbarkeit auf 3 Würfe in 2 Jahren und ſelbſt auf 2 Würfe in einem Jahre ſteigern. Die Zahl der bei einem Wurfe zur Welt gebrachten Ferkel beläuft ſich auf 4, 12, 20 und mehr Stücke. Der erſte Wurf fällt ſtets ſchwächer aus als die folgenden, bis das Mutterſchwein mit dem 7. oder 8. Jahre zuchtunfähig wird. Nach der Geburt tritt die Brünſtigkeit in 42—56 Tagen ein, bei Nichtbe- fruchtung kehrt ſie in 20—40 Tagen wieder. Das Wachsthum des Schweines findet im 4. Jahre ſeinen Abſchluß. Veredelte Racen können übrigens ſchon im Alter von ¼ Jahr und ſelbſt als Ferkel verwer- thet werden. Der Magen des Schweines iſt einfach, ungetheilt, der Darmcanal mittelmäßig lang und zwar 15—16mal länger als der Körper. Die eigenthümliche Kiefer- geſtaltung zu einem Rüſſel befähigt das Schwein in der Erde zu wühlen, wobei es das Genießbare, Wurzeln, Inſectenlarven, Würmer ꝛc. herausſucht. Das Schwein verzehrt ſowohl pflanzliche als thieriſche Stoffe und zeichnet ſich durch große Ge- fräßigkeit und raſche Verdauung aus, weshalb es ſchwerer verdauliche Futterſtoffe, wie Stroh, Heu, nicht verzehren kann. Am zuſagendſten iſt demſelben wäſſeriges Futter. Bei trockenem Futter iſt für reichliches Tränkwaſſer zu ſorgen. Das gewöhnliche Futter der Schweine beſteht aus grünem Rothklee, Luzerne, Eſparſette, Rübenblätter, Wurzeln und Knollenfrüchten, Getreide, Mehl, Kleie, Baumfrüchten, Obſt, Gemüſe- abfällen, Molkereiabfällen, Fleiſch, auch Aas ꝛc. Das Empfindungsleben iſt bei dem als ſtumpfſinnig bekannten Schweine am geringſten, am meiſten noch der Gehör- und Geruchsſinn ausgebildet. Der Umgang mit demſelben, namentlich mit dem gereizten Eber, kann unter Um-

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Zitationshilfe: Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876, S. 266. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krafft_landwirthschaft03_1876/282>, abgerufen am 24.11.2024.