Krafft, Guido: Lehrbuch der Landwirthschaft auf wissenschaftlicher und praktischer Grundlage. Bd. 3. Berlin, 1876.Die Züchtung. zählte auf dem Halme eines einzigen Wiesenfuchsschwanzes 110 Mutterkörner --besitzt eine specifisch Wehen erregende Wirkung und ist daher oft die Veranlassung des Verwerfens. Trächtige Thiere sind möglichst schonend zu behandeln, nur mäßig zur Arbeit zu verwenden und von denselben alle Schläge und Stöße fernzuhalten. Ist der Fötus nach einer gewissen Zeit (Trächtigkeitsdauer) soweit entwickelt, Eine Geburtshilfe ist nur bei enger Beschaffenheit des Beckens der Mutter, Nach der Geburt ist das Mutterthier gewöhnlich sehr erschöpft, weshalb man Die Züchtung. zählte auf dem Halme eines einzigen Wieſenfuchsſchwanzes 110 Mutterkörner —beſitzt eine ſpecifiſch Wehen erregende Wirkung und iſt daher oft die Veranlaſſung des Verwerfens. Trächtige Thiere ſind möglichſt ſchonend zu behandeln, nur mäßig zur Arbeit zu verwenden und von denſelben alle Schläge und Stöße fernzuhalten. Iſt der Fötus nach einer gewiſſen Zeit (Trächtigkeitsdauer) ſoweit entwickelt, Eine Geburtshilfe iſt nur bei enger Beſchaffenheit des Beckens der Mutter, Nach der Geburt iſt das Mutterthier gewöhnlich ſehr erſchöpft, weshalb man <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <div n="4"> <p><pb facs="#f0059" n="43"/><fw place="top" type="header">Die Züchtung.</fw><lb/> zählte auf dem Halme eines einzigen Wieſenfuchsſchwanzes 110 Mutterkörner —<lb/> beſitzt eine ſpecifiſch Wehen erregende Wirkung und iſt daher oft die Veranlaſſung<lb/> des Verwerfens. Trächtige Thiere ſind möglichſt ſchonend zu behandeln, nur mäßig<lb/> zur Arbeit zu verwenden und von denſelben alle Schläge und Stöße fernzuhalten.</p><lb/> <p>Iſt der Fötus nach einer gewiſſen Zeit (Trächtigkeitsdauer) ſoweit entwickelt,<lb/> daß er ſelbſtſtändig leben kann, reif geworden iſt, ſo wird er durch mehrmaliges<lb/> Zuſammenziehen des Tragſackes, durch die Wehen, nach Außen befördert, geboren.<lb/> Zuerſt erſcheint bei der Geburt ein Theil der Fruchthaut, die ſogenannte Waſſer-<lb/> blaſe, welche weiterhin durch verſtärkte Wehen platzt und das Fruchtwaſſer entleert,<lb/> welches die Geburtswege ſchlüpfrig erhält. Hierauf folgt das Junge und zwar zuerſt<lb/> der Kopf, welcher zwiſchen den beiden Vorderbeinen liegt, und dann allmählig der<lb/> übrige Körper. Bei dem Herabgleiten des Jungen, wenn das Thier ſtehend gebärt,<lb/> reißt der Nabelſtrang, welcher die Verbindung des Jungen mit dem Mutterkuchen<lb/> vermittelte und durch welchen die Ernährung deſſelben erfolgte. Im Nothfalle iſt<lb/> derſelbe oberhalb des Nabels mit der Hand abzureißen. Nach einiger Zeit gehen<lb/> auch die Eihäute, die Leder- und Schafhaut und der Reſt der Nabelſchnur als<lb/><hi rendition="#g">Nachgeburt</hi> ab.</p><lb/> <p>Eine Geburtshilfe iſt nur bei enger Beſchaffenheit des Beckens der Mutter,<lb/> beſonders bei gleichzeitig großem Kopfe und Körper des Jungen, bei fehlerhafter<lb/> Lage des Jungen erforderlich und in ſchonendſter, ſachverſtändiger Weiſe auszuführen.<lb/> Geht bei Fehl- und abnormen Geburten die Nachgeburt nicht ab, ſo iſt ebenfalls<lb/> ein thierärztliches Einſchreiten geboten, um gefährliche Krankheitszuſtände zu vermeiden.</p><lb/> <p>Nach der Geburt iſt das Mutterthier gewöhnlich ſehr erſchöpft, weshalb man<lb/> demſelben gutes, ſüßes Heu und eine nahrhafte Tränke, meiſt in laues Waſſer ein-<lb/> gerührtes Schrot, Oelkuchenmehl und Salz vorſetzen ſoll. Das Junge, welches ganz<lb/> durchnäßt zur Welt kommt, wird von der Mutter abgeleckt. Es ſucht alsbald das<lb/> Euter zu erreichen, um zu ſaugen. Die Erſtmilch (Coloſtrum ſ. S. 26) iſt dem<lb/> Jungen nicht zu entziehen, nachdem dieſelbe eine abführende Wirkung hat und die<lb/> während des Aufenthaltes im Tragſacke angeſammelten Stoffwechſelprodukte, das<lb/> Mutterpech (<hi rendition="#aq">Meconium</hi>), zur Entleerung bringt. Die weitere gedeihlichſte Nahrung<lb/> für das neugeborene Thier iſt die Muttermilch, welche, ſo lange ſie von normaler<lb/> Beſchaffenheit iſt, alle jene Beſtandtheile enthält, die zum Aufbaue des thieriſchen<lb/> Körpers erforderlich ſind. Im Naturzuſtande entwöhnen ſich die jungen Thiere ſelbſt,<lb/> nachdem die Milch in dem Maße, als das Mutterthier wieder trächtig wird und<lb/> die Stoffe zur Ernährung des neuen Fötus Verwendung finden, weniger reichlich<lb/> abgeſondert wird, bis dieſelbe gänzlich verſiegt. Bei künſtlicher Haltung müſſen die<lb/> Jungen wegen der Verwerthung der Milch oft viel früher als dies im Naturzuſtande<lb/> geſchieht, entwöhnt, abgeſpänt, abgeſetzt werden. Es geſchieht dies durch Verab-<lb/> reichung von Futterſtoffen, welche in ihrer Zuſammenſetzung jener der Milch naheſtehen.<lb/> Weiterhin nimmt das Junge allmählig die Futterſtoffe auf, welche von dem Mutter-<lb/> thiere verzehrt werden und zwar in dem Maße, als ſich bei der weiteren Ent-<lb/> wickelung des Jungen der Verdauungsapparat der veränderten Nahrung anpaßt.</p> </div> </div><lb/> </div> </div> </body> </text> </TEI> [43/0059]
Die Züchtung.
zählte auf dem Halme eines einzigen Wieſenfuchsſchwanzes 110 Mutterkörner —
beſitzt eine ſpecifiſch Wehen erregende Wirkung und iſt daher oft die Veranlaſſung
des Verwerfens. Trächtige Thiere ſind möglichſt ſchonend zu behandeln, nur mäßig
zur Arbeit zu verwenden und von denſelben alle Schläge und Stöße fernzuhalten.
Iſt der Fötus nach einer gewiſſen Zeit (Trächtigkeitsdauer) ſoweit entwickelt,
daß er ſelbſtſtändig leben kann, reif geworden iſt, ſo wird er durch mehrmaliges
Zuſammenziehen des Tragſackes, durch die Wehen, nach Außen befördert, geboren.
Zuerſt erſcheint bei der Geburt ein Theil der Fruchthaut, die ſogenannte Waſſer-
blaſe, welche weiterhin durch verſtärkte Wehen platzt und das Fruchtwaſſer entleert,
welches die Geburtswege ſchlüpfrig erhält. Hierauf folgt das Junge und zwar zuerſt
der Kopf, welcher zwiſchen den beiden Vorderbeinen liegt, und dann allmählig der
übrige Körper. Bei dem Herabgleiten des Jungen, wenn das Thier ſtehend gebärt,
reißt der Nabelſtrang, welcher die Verbindung des Jungen mit dem Mutterkuchen
vermittelte und durch welchen die Ernährung deſſelben erfolgte. Im Nothfalle iſt
derſelbe oberhalb des Nabels mit der Hand abzureißen. Nach einiger Zeit gehen
auch die Eihäute, die Leder- und Schafhaut und der Reſt der Nabelſchnur als
Nachgeburt ab.
Eine Geburtshilfe iſt nur bei enger Beſchaffenheit des Beckens der Mutter,
beſonders bei gleichzeitig großem Kopfe und Körper des Jungen, bei fehlerhafter
Lage des Jungen erforderlich und in ſchonendſter, ſachverſtändiger Weiſe auszuführen.
Geht bei Fehl- und abnormen Geburten die Nachgeburt nicht ab, ſo iſt ebenfalls
ein thierärztliches Einſchreiten geboten, um gefährliche Krankheitszuſtände zu vermeiden.
Nach der Geburt iſt das Mutterthier gewöhnlich ſehr erſchöpft, weshalb man
demſelben gutes, ſüßes Heu und eine nahrhafte Tränke, meiſt in laues Waſſer ein-
gerührtes Schrot, Oelkuchenmehl und Salz vorſetzen ſoll. Das Junge, welches ganz
durchnäßt zur Welt kommt, wird von der Mutter abgeleckt. Es ſucht alsbald das
Euter zu erreichen, um zu ſaugen. Die Erſtmilch (Coloſtrum ſ. S. 26) iſt dem
Jungen nicht zu entziehen, nachdem dieſelbe eine abführende Wirkung hat und die
während des Aufenthaltes im Tragſacke angeſammelten Stoffwechſelprodukte, das
Mutterpech (Meconium), zur Entleerung bringt. Die weitere gedeihlichſte Nahrung
für das neugeborene Thier iſt die Muttermilch, welche, ſo lange ſie von normaler
Beſchaffenheit iſt, alle jene Beſtandtheile enthält, die zum Aufbaue des thieriſchen
Körpers erforderlich ſind. Im Naturzuſtande entwöhnen ſich die jungen Thiere ſelbſt,
nachdem die Milch in dem Maße, als das Mutterthier wieder trächtig wird und
die Stoffe zur Ernährung des neuen Fötus Verwendung finden, weniger reichlich
abgeſondert wird, bis dieſelbe gänzlich verſiegt. Bei künſtlicher Haltung müſſen die
Jungen wegen der Verwerthung der Milch oft viel früher als dies im Naturzuſtande
geſchieht, entwöhnt, abgeſpänt, abgeſetzt werden. Es geſchieht dies durch Verab-
reichung von Futterſtoffen, welche in ihrer Zuſammenſetzung jener der Milch naheſtehen.
Weiterhin nimmt das Junge allmählig die Futterſtoffe auf, welche von dem Mutter-
thiere verzehrt werden und zwar in dem Maße, als ſich bei der weiteren Ent-
wickelung des Jungen der Verdauungsapparat der veränderten Nahrung anpaßt.
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