tiges ist. Wir holen uns fast alle zu wenig Schlüsse für unsere Dressur aus dem Stalle.
Bei den Eskadronen wird ebenfalls eine gewisse Steigerung in Dauer und Schnelligkeit der Evolutionen bei ihrer Ausbildung nothwendig, und die richtige Steigerung bis zu dem Herbst- manöver hin wird meist den Grund für das bessere oder schlechtere Ertragen der Fatiguen des Sommerhalbjahrs und für das "in den Winter kommen" abgeben. Mehr wie gegen diese Steigerung wird meines Ermessens gegen das allmälige Fallen der Thätigkeit zum Winter hin gefehlt. Man will die mager gewordenen gar zu bald wieder heraufbringen und ist zu eilig damit. Man beschränkt die Bewegung der Thiere, die beim Manöver wohl 8 Stunden täg- lich unter dem gepackten Sattel waren, plötzlich auf eine Stunde Spaziergang an der Hand und legt dadurch gewiss den Keim zu manchen Krankheiten. Die Natur erträgt keine Sprünge, weder aufwärts noch abwärts.
Es ist für die Fütterung noch endlich die Zeitbestim- mung wichtig. Vor Allem hat man sich zu hüten, sie so zu legen, dass der Verdauungsprozess durch Arbeit unterbrochen wird. Man war in früheren Zeiten der Meinung, dass eine mässige Bewegung diesen Prozess befördere, und glaubte der alten sprüchwörtlichen Tradition mehr wie der Natur, wie sehr sie auch nach dem Mahle zur Ruhe mahnt, und wie deutlich das Verdauungsfrösteln auch zeigt, dass die Natur das Blut aus der Oberfläche in die Tiefe führt, wo- gegen die Bewegung es nach der entgegengesetzten Richtung zwingt. Man hat indess in neuerer Zeit, um den klassischen Stehern und Gehern ihren Irrthum klar zu machen, bei Thieren, welche man nach dem Futtern theils ruhen liess, theils in eine gelinde, theils in eine heftige Bewegung setzte und dann tödtete, die Verdauung in ihren verschiedenen Stadien beobachtet, und ist dadurch zu dem sicheren Resultate gekommen, dass die gänzliche Ruhe die Verdauung am meisten befördere, heftige Bewegung sie aber wesentlich störe. Vor 11/2--2 Stunden nach der ein- genommenen Mahlzeit soll man das Pferd nicht reiten, am wenigsten aber heftig anstrengen oder dressiren. Hieraus ergiebt sich auch der Nachtheil des zu frühen Aus- rückens der Cavallerie aus den Nachtquartieren. Es ist all- gemein anerkannt, wie nachtheilig es ist, die nächtliche Ruhe der Pferde zu stören, die einzige Zeit, wo sie nicht vom Ungeziefer zu leiden haben, weshalb auch erfahrungsgemäss die drückendste Hitze für den Marsch am Tage den Nachtmärschen vorzuziehen ist.
Anhang.
tiges ist. Wir holen uns fast alle zu wenig Schlüsse für unsere Dressur aus dem Stalle.
Bei den Eskadronen wird ebenfalls eine gewisse Steigerung in Dauer und Schnelligkeit der Evolutionen bei ihrer Ausbildung nothwendig, und die richtige Steigerung bis zu dem Herbst- manöver hin wird meist den Grund für das bessere oder schlechtere Ertragen der Fatiguen des Sommerhalbjahrs und für das „in den Winter kommen“ abgeben. Mehr wie gegen diese Steigerung wird meines Ermessens gegen das allmälige Fallen der Thätigkeit zum Winter hin gefehlt. Man will die mager gewordenen gar zu bald wieder heraufbringen und ist zu eilig damit. Man beschränkt die Bewegung der Thiere, die beim Manöver wohl 8 Stunden täg- lich unter dem gepackten Sattel waren, plötzlich auf eine Stunde Spaziergang an der Hand und legt dadurch gewiss den Keim zu manchen Krankheiten. Die Natur erträgt keine Sprünge, weder aufwärts noch abwärts.
Es ist für die Fütterung noch endlich die Zeitbestim- mung wichtig. Vor Allem hat man sich zu hüten, sie so zu legen, dass der Verdauungsprozess durch Arbeit unterbrochen wird. Man war in früheren Zeiten der Meinung, dass eine mässige Bewegung diesen Prozess befördere, und glaubte der alten sprüchwörtlichen Tradition mehr wie der Natur, wie sehr sie auch nach dem Mahle zur Ruhe mahnt, und wie deutlich das Verdauungsfrösteln auch zeigt, dass die Natur das Blut aus der Oberfläche in die Tiefe führt, wo- gegen die Bewegung es nach der entgegengesetzten Richtung zwingt. Man hat indess in neuerer Zeit, um den klassischen Stehern und Gehern ihren Irrthum klar zu machen, bei Thieren, welche man nach dem Futtern theils ruhen liess, theils in eine gelinde, theils in eine heftige Bewegung setzte und dann tödtete, die Verdauung in ihren verschiedenen Stadien beobachtet, und ist dadurch zu dem sicheren Resultate gekommen, dass die gänzliche Ruhe die Verdauung am meisten befördere, heftige Bewegung sie aber wesentlich störe. Vor 1½—2 Stunden nach der ein- genommenen Mahlzeit soll man das Pferd nicht reiten, am wenigsten aber heftig anstrengen oder dressiren. Hieraus ergiebt sich auch der Nachtheil des zu frühen Aus- rückens der Cavallerie aus den Nachtquartieren. Es ist all- gemein anerkannt, wie nachtheilig es ist, die nächtliche Ruhe der Pferde zu stören, die einzige Zeit, wo sie nicht vom Ungeziefer zu leiden haben, weshalb auch erfahrungsgemäss die drückendste Hitze für den Marsch am Tage den Nachtmärschen vorzuziehen ist.
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Anhang.
tiges ist. Wir holen uns fast alle zu wenig Schlüsse für
unsere Dressur aus dem Stalle.
Bei den Eskadronen wird ebenfalls eine gewisse Steigerung in
Dauer und Schnelligkeit der Evolutionen bei ihrer Ausbildung
nothwendig, und die richtige Steigerung bis zu dem Herbst-
manöver hin wird meist den Grund für das bessere oder schlechtere
Ertragen der Fatiguen des Sommerhalbjahrs und für das „in den
Winter kommen“ abgeben. Mehr wie gegen diese Steigerung
wird meines Ermessens gegen das allmälige Fallen der Thätigkeit
zum Winter hin gefehlt. Man will die mager gewordenen gar zu
bald wieder heraufbringen und ist zu eilig damit. Man beschränkt
die Bewegung der Thiere, die beim Manöver wohl 8 Stunden täg-
lich unter dem gepackten Sattel waren, plötzlich auf eine Stunde
Spaziergang an der Hand und legt dadurch gewiss den Keim zu
manchen Krankheiten. Die Natur erträgt keine Sprünge, weder
aufwärts noch abwärts.
Es ist für die Fütterung noch endlich die Zeitbestim-
mung wichtig. Vor Allem hat man sich zu hüten, sie so zu legen,
dass der Verdauungsprozess durch Arbeit unterbrochen wird. Man
war in früheren Zeiten der Meinung, dass eine mässige Bewegung
diesen Prozess befördere, und glaubte der alten sprüchwörtlichen
Tradition mehr wie der Natur, wie sehr sie auch nach dem Mahle
zur Ruhe mahnt, und wie deutlich das Verdauungsfrösteln auch zeigt,
dass die Natur das Blut aus der Oberfläche in die Tiefe führt, wo-
gegen die Bewegung es nach der entgegengesetzten Richtung zwingt.
Man hat indess in neuerer Zeit, um den klassischen Stehern und
Gehern ihren Irrthum klar zu machen, bei Thieren, welche man
nach dem Futtern theils ruhen liess, theils in eine gelinde, theils in
eine heftige Bewegung setzte und dann tödtete, die Verdauung in
ihren verschiedenen Stadien beobachtet, und ist dadurch zu dem
sicheren Resultate gekommen, dass die gänzliche Ruhe die
Verdauung am meisten befördere, heftige Bewegung sie
aber wesentlich störe. Vor 1½—2 Stunden nach der ein-
genommenen Mahlzeit soll man das Pferd nicht reiten,
am wenigsten aber heftig anstrengen oder dressiren.
Hieraus ergiebt sich auch der Nachtheil des zu frühen Aus-
rückens der Cavallerie aus den Nachtquartieren. Es ist all-
gemein anerkannt, wie nachtheilig es ist, die nächtliche Ruhe der
Pferde zu stören, die einzige Zeit, wo sie nicht vom Ungeziefer
zu leiden haben, weshalb auch erfahrungsgemäss die drückendste
Hitze für den Marsch am Tage den Nachtmärschen vorzuziehen ist.
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Krane, Friedrich von: Die Dressur des Reitpferdes (Campagne- und Gebrauchs-Pferdes). Münster, 1856, S. 293. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krane_reitpferd_1856/315>, abgerufen am 16.02.2025.
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