Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).lassen sein Lebenlang." -- Man fragt sich: was hat Ebers mit Neben dem Poeten und ersten Liebhaber Pentaur fesselt laſſen ſein Lebenlang.‟ — Man fragt ſich: was hat Ebers mit Neben dem Poeten und erſten Liebhaber Pentaur feſſelt <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0015" n="15 207"/> laſſen ſein Lebenlang.‟ — Man fragt ſich: was hat Ebers mit<lb/> dieſer Begegnung Pentaur’s und Moſes’ gewollt? An ſich muß<lb/> es bedenklich erſcheinen, einen Mann wie Moſes, dieſen <hi rendition="#g">Mann<lb/> Gottes,</hi> wie ihn der 90. Pſalm nennt, in einem Romane, einer<lb/> mit allerlei Liebesabenteuern angefüllten Geſchichte erſcheinen zu<lb/> laſſen. Wenn es aber geſchah, ſo durfte der „mit aller Weisheit<lb/> der Egypter‟ vertraute Moſes nicht in ſo kläglicher, jämmerlicher<lb/> Weiſe den erkenntnißhungrigen Egypter, der den lebendigen Gott<lb/> ſuchte, mit der kühlen Mahnung abſpeiſen: „Suche ihn und du<lb/> wirſt ihn finden‟. Es mag ja ſein, daß die rechte Antwort über<lb/> die Kräfte des Prof. Ebers hinausgeht, dann hätte er aber dem<lb/> Pentaur die Begegnung mit Moſes ganz ſparen und ihn nach<lb/> dem Gebet zur Sonne gleich in die Arme der Königstochter<lb/> führen ſollen. <hi rendition="#g">Schiller</hi> hat in ſeinem Aufſatze „Die Sendung<lb/> Moſes‟ die theilweiſe anfechtbaren Sätze geleiſtet: „Den wahren<lb/> Gott kann er den Hebräern nicht verkündigen, weil ſie unfähig<lb/> ſind, ihn zu faſſen; einen fabelhaften will er ihnen nicht ver-<lb/> kündigen, weil er dieſe widrige Rolle verachtet. Es bleibt ihm<lb/> alſo nichts übrig, als ihnen ſeinen wahren Gott auf eine fabel-<lb/> hafte Art zu verkündigen.‟ An den Ausweg, welchen Ebers ein-<lb/> ſchlägt, die Verkündigung Gottes mit hohler Rede dem in der<lb/> Wüſte des Menſchenlebens Verirrten ſelbſt zu überlaſſen, hat<lb/> Schiller nicht gedacht. Und daß er nicht einmal an die Mög-<lb/> lichkeit eines ſo elenden Echappements dachte, gereicht ihm zur Ehre.</p><lb/> <p>Neben dem Poeten und erſten Liebhaber Pentaur feſſelt<lb/> unſer Jntereſſe noch in beſonderem Maße ein zweiter Prieſter,<lb/> der uns an die Stelle des Ebers’ſchen Vorworts erinnert, nach<lb/> welcher „mancher Anachronismus mit unterlaufen und vieles<lb/> modern erſcheinen wird‟, was die „Aeußerungen des Gemüths-<lb/> lebens‟ anlangt. Mit dem Arzte <hi rendition="#g">Nebſecht</hi> hat der Autor getroſt<lb/> in das ihn umgebende Univerſitätsleben gegriffen und einen<lb/> „Menſchen von heute Modell ſtehen laſſen‟. — Nebſecht iſt ein<lb/> ganz negativer Geiſt, Naturforſcher, als ſolcher Viviſectioniſt, der<lb/> mit dem ſchon den alten Egyptern bekannten Strychnin umzu-<lb/> gehen weiß, der den Benjamin <hi rendition="#g">Franklin</hi> mit ſeinem Blitz-<lb/> ableiter auf die hohen mit Eiſenſpitzen verſehenen Maſte am<lb/></p> </body> </text> </TEI> [15 207/0015]
laſſen ſein Lebenlang.‟ — Man fragt ſich: was hat Ebers mit
dieſer Begegnung Pentaur’s und Moſes’ gewollt? An ſich muß
es bedenklich erſcheinen, einen Mann wie Moſes, dieſen Mann
Gottes, wie ihn der 90. Pſalm nennt, in einem Romane, einer
mit allerlei Liebesabenteuern angefüllten Geſchichte erſcheinen zu
laſſen. Wenn es aber geſchah, ſo durfte der „mit aller Weisheit
der Egypter‟ vertraute Moſes nicht in ſo kläglicher, jämmerlicher
Weiſe den erkenntnißhungrigen Egypter, der den lebendigen Gott
ſuchte, mit der kühlen Mahnung abſpeiſen: „Suche ihn und du
wirſt ihn finden‟. Es mag ja ſein, daß die rechte Antwort über
die Kräfte des Prof. Ebers hinausgeht, dann hätte er aber dem
Pentaur die Begegnung mit Moſes ganz ſparen und ihn nach
dem Gebet zur Sonne gleich in die Arme der Königstochter
führen ſollen. Schiller hat in ſeinem Aufſatze „Die Sendung
Moſes‟ die theilweiſe anfechtbaren Sätze geleiſtet: „Den wahren
Gott kann er den Hebräern nicht verkündigen, weil ſie unfähig
ſind, ihn zu faſſen; einen fabelhaften will er ihnen nicht ver-
kündigen, weil er dieſe widrige Rolle verachtet. Es bleibt ihm
alſo nichts übrig, als ihnen ſeinen wahren Gott auf eine fabel-
hafte Art zu verkündigen.‟ An den Ausweg, welchen Ebers ein-
ſchlägt, die Verkündigung Gottes mit hohler Rede dem in der
Wüſte des Menſchenlebens Verirrten ſelbſt zu überlaſſen, hat
Schiller nicht gedacht. Und daß er nicht einmal an die Mög-
lichkeit eines ſo elenden Echappements dachte, gereicht ihm zur Ehre.
Neben dem Poeten und erſten Liebhaber Pentaur feſſelt
unſer Jntereſſe noch in beſonderem Maße ein zweiter Prieſter,
der uns an die Stelle des Ebers’ſchen Vorworts erinnert, nach
welcher „mancher Anachronismus mit unterlaufen und vieles
modern erſcheinen wird‟, was die „Aeußerungen des Gemüths-
lebens‟ anlangt. Mit dem Arzte Nebſecht hat der Autor getroſt
in das ihn umgebende Univerſitätsleben gegriffen und einen
„Menſchen von heute Modell ſtehen laſſen‟. — Nebſecht iſt ein
ganz negativer Geiſt, Naturforſcher, als ſolcher Viviſectioniſt, der
mit dem ſchon den alten Egyptern bekannten Strychnin umzu-
gehen weiß, der den Benjamin Franklin mit ſeinem Blitz-
ableiter auf die hohen mit Eiſenſpitzen verſehenen Maſte am
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