Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).Betrug möglich geworden, bedauert Paulus allerdings nach der Noch haben wir aber den Paulus nicht auf der untersten Betrug möglich geworden, bedauert Paulus allerdings nach der Noch haben wir aber den Paulus nicht auf der unterſten <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0022" n="22 214"/> Betrug möglich geworden, bedauert Paulus allerdings nach der<lb/> Hand, „aber ich bin ja ſchon als Heide wahrhaftig geweſen und<lb/> habe die Lüge an mir und anderen ſo tief verabſcheut, wie der<lb/> Vater Abraham einen Mord, und doch führte der, weil der Herr<lb/> es ihm auftrug, ſeinen Jſaak vor die Schlachtbank. Und Moſe,<lb/> da er den Frohnvogt erſchlug, und Elias und Deborah und<lb/> Judith?!‟ — Wie wenig der gelehrte Ebers die Bibel verſteht,<lb/> geht aus dieſen ſinnloſen Reden ſeines Paulus hervor. Die<lb/> größte Glaubensthat, welche je ein Menſch gethan, war die Auf-<lb/> opferung Jſaaks durch Abraham. <hi rendition="#g">Luther</hi> ſagt von der zweifels-<lb/> ohne vorausgegangenen Unterredung zwiſchen Vater und Sohn:<lb/> „Er wird alſo geſagt haben: <hi rendition="#g">Gott hat dieß geboten,</hi> darum<lb/> müſſen wir ihm gehorſam ſein. Und dieweil er allmächtig iſt,<lb/> kann er ſeine Verheißung wohl halten, wenn du auch ſchon ge-<lb/> ſtorben und zu Aſche worden biſt.‟ Und dazu das Wort des<lb/> HErrn zu Abraham, als dem Vater aller Gläubigen: Jch habe<lb/> bei mir ſelbſt geſchworen, dieweil du ſolches gethan haſt und haſt<lb/> deines einigen Sohnes nicht verſchont, daß ich deinen Samen ſegnen<lb/> und mehren will, wie die Sterne am Himmel und wie den Sand<lb/> am Ufer des Meeres. — Und nun ſtellt ſich der thörichte Paulus<lb/> des Prof. Ebers, welcher ſich mit Abſicht und Plan, im Wider-<lb/> ſpruch mit der Mahnung: Meidet allen böſen Schein, frevelhafter<lb/> Weiſe in den böſen Schein eines Ehebrechers gebracht hat, in<lb/> wahrhaft alberner Selbſtüberſchätzung an die Seite eines Abraham.<lb/> Und was ſoll der Vergleich mit dem Propheten Elias? War<lb/> dieſer Prophet ein Mörder oder Todtſchläger wie Moſes? Von<lb/><hi rendition="#g">Deborah</hi> aber ſcheint Paulus-Ebers im Buche der Richter wenig<lb/> geleſen zu haben. Der Verfaſſer des <hi rendition="#aq">Homo sum</hi> wird gut thun,<lb/> wenn er die angezogene Stelle einer gründlichen Reviſion unter-<lb/> zieht und das Raiſonnement ſeines Anachoreten von ſolchen Un-<lb/> gereimtheiten ſäubert.</p><lb/> <p>Noch haben wir aber den Paulus nicht auf der unterſten<lb/> Stufe des <hi rendition="#aq">Homo sum</hi> erblickt. Jm wilden Gebirge findet er<lb/> eines Tages die geflüchtete Sirona am Abhang hängend. Er<lb/> rettet ſie aus der lebensgefährlichen Lage, bringt ſie in einer<lb/> verlaſſenen Anachoretenhöhle unter, bereitet ihr daſelbſt ein Lager<lb/></p> </body> </text> </TEI> [22 214/0022]
Betrug möglich geworden, bedauert Paulus allerdings nach der
Hand, „aber ich bin ja ſchon als Heide wahrhaftig geweſen und
habe die Lüge an mir und anderen ſo tief verabſcheut, wie der
Vater Abraham einen Mord, und doch führte der, weil der Herr
es ihm auftrug, ſeinen Jſaak vor die Schlachtbank. Und Moſe,
da er den Frohnvogt erſchlug, und Elias und Deborah und
Judith?!‟ — Wie wenig der gelehrte Ebers die Bibel verſteht,
geht aus dieſen ſinnloſen Reden ſeines Paulus hervor. Die
größte Glaubensthat, welche je ein Menſch gethan, war die Auf-
opferung Jſaaks durch Abraham. Luther ſagt von der zweifels-
ohne vorausgegangenen Unterredung zwiſchen Vater und Sohn:
„Er wird alſo geſagt haben: Gott hat dieß geboten, darum
müſſen wir ihm gehorſam ſein. Und dieweil er allmächtig iſt,
kann er ſeine Verheißung wohl halten, wenn du auch ſchon ge-
ſtorben und zu Aſche worden biſt.‟ Und dazu das Wort des
HErrn zu Abraham, als dem Vater aller Gläubigen: Jch habe
bei mir ſelbſt geſchworen, dieweil du ſolches gethan haſt und haſt
deines einigen Sohnes nicht verſchont, daß ich deinen Samen ſegnen
und mehren will, wie die Sterne am Himmel und wie den Sand
am Ufer des Meeres. — Und nun ſtellt ſich der thörichte Paulus
des Prof. Ebers, welcher ſich mit Abſicht und Plan, im Wider-
ſpruch mit der Mahnung: Meidet allen böſen Schein, frevelhafter
Weiſe in den böſen Schein eines Ehebrechers gebracht hat, in
wahrhaft alberner Selbſtüberſchätzung an die Seite eines Abraham.
Und was ſoll der Vergleich mit dem Propheten Elias? War
dieſer Prophet ein Mörder oder Todtſchläger wie Moſes? Von
Deborah aber ſcheint Paulus-Ebers im Buche der Richter wenig
geleſen zu haben. Der Verfaſſer des Homo sum wird gut thun,
wenn er die angezogene Stelle einer gründlichen Reviſion unter-
zieht und das Raiſonnement ſeines Anachoreten von ſolchen Un-
gereimtheiten ſäubert.
Noch haben wir aber den Paulus nicht auf der unterſten
Stufe des Homo sum erblickt. Jm wilden Gebirge findet er
eines Tages die geflüchtete Sirona am Abhang hängend. Er
rettet ſie aus der lebensgefährlichen Lage, bringt ſie in einer
verlaſſenen Anachoretenhöhle unter, bereitet ihr daſelbſt ein Lager
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAutorname, Autorvorname: Kurztitel. In: Kurztitel… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |