Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).Anweisung des Paulus, so ist es geradezu romanmäßig-gesucht, Heben wir aus den "Schwestern" einige wenige Stellen aus. Anweiſung des Paulus, ſo iſt es geradezu romanmäßig-geſucht, Heben wir aus den „Schweſtern‟ einige wenige Stellen aus. <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0026" n="26 218"/> Anweiſung des Paulus, ſo iſt es geradezu romanmäßig-geſucht,<lb/> wenn dieſer jenem ſein Fell aufnöthigt und ſich nun geradezu<lb/> dahin drängt, wo man ihn bei einiger Gedankenſchwäche wirklich<lb/> für den Miſſethäter halten konnte. Je länger wir bei <hi rendition="#aq">Homo<lb/> sum</hi> verweilten, um ſo kürzer können wir uns bei dem vierten<lb/> egyptiſchen Romane aufhalten, der 1879 unter dem Titel „<hi rendition="#g">Die<lb/> Schweſtern</hi>‟ erſchienen iſt. Dieß um ſo mehr, als in der vier-<lb/> mal aufgelegten Schrift <hi rendition="#b">„Memphis in Leipzig‟</hi> <hi rendition="#g">oder G. Ebers<lb/> und ſeine ‚Schweſtern‛ von H. Steinhauſen,</hi> Frankfurt<lb/> a. M. 1880, mit vollberechtigter Rückſichtsloſigkeit auf die for-<lb/> mellen und materiellen Gebrechen dieſes Werkes nachdrücklichſt<lb/> hingewieſen worden iſt. Wie ſehr aber ein mit dem Strome<lb/> luſtig, ja mit ganz überflüſſigem Kraftaufwand ſchwimmender<lb/> chriſtlicher Recenſent die Klippe „Steinhauſen‟ umgangen hat,<lb/> ergibt ſich aus folgender, wie eine Buchhändleranzeige ſich aus-<lb/> nehmenden Beurtheilung: „Nicht der Mode dienend oder einer<lb/> Zeitſtrömung huldigend, haben die Romane von Ebers ſo große<lb/> Erfolge errungen, ſondern lediglich durch inneren, unvergänglichen<lb/> Werth. — — Der weit über das Ziel hinausſchießenden Kritik<lb/> dieſes Romans von Steinhauſen können wir nicht beitreten.‟<lb/> Der Mode können allerdings die Ebers’ſchen Romane nicht dienen,<lb/> denn ſie ſind ſelbſt die Mode im Gebiete der Unterhaltungs-<lb/> literatur; der Mode dienen und der literariſchen Zeitſtrömung<lb/> huldigen aber alle diejenigen, welche dem Profeſſor Ebers <hi rendition="#g">geiſt-<lb/> eigen</hi> geworden ſind. Der „unvergängliche Werth‟ iſt von einem<lb/> anderen Kritiker folgendermaßen taxirt worden: „Nach 200 Jahren<lb/> werden dieſe Romane noch gerade ſo geleſen werden wie heute.‟<lb/> Dieſer rührenden Unerfahrenheit in literariſchen Dingen ſoll hier<lb/> nur die Frage entgegen geſtellt werden: Welcher Roman wird<lb/> überhaupt noch nach 200 Jahren von anderen als ſolchen geleſen,<lb/> welche berufsmäßig ſich mit dem Leſen alter Bücher beſchäftigen?</p><lb/> <p>Heben wir aus den „Schweſtern‟ einige wenige Stellen aus.<lb/> Jn <hi rendition="#aq">Homo sum</hi> wird von einer Hirtin erzählt, daß ſie mit ver-<lb/> hülltem Geſicht auf der Erde gelegen und mit aller Spannung<lb/> und leidenſchaftlichen Erwartung auf die Ankunft des Geliebten<lb/> gelauſcht habe; von dieſem Geſpanntſein heißt es dann weiter:<lb/></p> </body> </text> </TEI> [26 218/0026]
Anweiſung des Paulus, ſo iſt es geradezu romanmäßig-geſucht,
wenn dieſer jenem ſein Fell aufnöthigt und ſich nun geradezu
dahin drängt, wo man ihn bei einiger Gedankenſchwäche wirklich
für den Miſſethäter halten konnte. Je länger wir bei Homo
sum verweilten, um ſo kürzer können wir uns bei dem vierten
egyptiſchen Romane aufhalten, der 1879 unter dem Titel „Die
Schweſtern‟ erſchienen iſt. Dieß um ſo mehr, als in der vier-
mal aufgelegten Schrift „Memphis in Leipzig‟ oder G. Ebers
und ſeine ‚Schweſtern‛ von H. Steinhauſen, Frankfurt
a. M. 1880, mit vollberechtigter Rückſichtsloſigkeit auf die for-
mellen und materiellen Gebrechen dieſes Werkes nachdrücklichſt
hingewieſen worden iſt. Wie ſehr aber ein mit dem Strome
luſtig, ja mit ganz überflüſſigem Kraftaufwand ſchwimmender
chriſtlicher Recenſent die Klippe „Steinhauſen‟ umgangen hat,
ergibt ſich aus folgender, wie eine Buchhändleranzeige ſich aus-
nehmenden Beurtheilung: „Nicht der Mode dienend oder einer
Zeitſtrömung huldigend, haben die Romane von Ebers ſo große
Erfolge errungen, ſondern lediglich durch inneren, unvergänglichen
Werth. — — Der weit über das Ziel hinausſchießenden Kritik
dieſes Romans von Steinhauſen können wir nicht beitreten.‟
Der Mode können allerdings die Ebers’ſchen Romane nicht dienen,
denn ſie ſind ſelbſt die Mode im Gebiete der Unterhaltungs-
literatur; der Mode dienen und der literariſchen Zeitſtrömung
huldigen aber alle diejenigen, welche dem Profeſſor Ebers geiſt-
eigen geworden ſind. Der „unvergängliche Werth‟ iſt von einem
anderen Kritiker folgendermaßen taxirt worden: „Nach 200 Jahren
werden dieſe Romane noch gerade ſo geleſen werden wie heute.‟
Dieſer rührenden Unerfahrenheit in literariſchen Dingen ſoll hier
nur die Frage entgegen geſtellt werden: Welcher Roman wird
überhaupt noch nach 200 Jahren von anderen als ſolchen geleſen,
welche berufsmäßig ſich mit dem Leſen alter Bücher beſchäftigen?
Heben wir aus den „Schweſtern‟ einige wenige Stellen aus.
Jn Homo sum wird von einer Hirtin erzählt, daß ſie mit ver-
hülltem Geſicht auf der Erde gelegen und mit aller Spannung
und leidenſchaftlichen Erwartung auf die Ankunft des Geliebten
gelauſcht habe; von dieſem Geſpanntſein heißt es dann weiter:
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeAutorname, Autorvorname: Kurztitel. In: Kurztitel… [mehr] Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |