Kraus, Otto: Der Professorenroman. In: Zeitfragen des christlichen Volkslebens/ Band IX. Heft 4 (1884).Zeitung") einige Sätze mitzutheilen: "Als Goethe im Ge- Ganz denselben Gedanken finden wir in der Novelle Levin Jener Typus ist auch bei Ebers zu finden. Und weil dieser Zeitung‟) einige Sätze mitzutheilen: „Als Goethe im Ge- Ganz denſelben Gedanken finden wir in der Novelle Levin Jener Typus iſt auch bei Ebers zu finden. Und weil dieſer <TEI> <text> <body> <p><pb facs="#f0038" n="38 230"/> Zeitung‟) einige Sätze mitzutheilen: „Als <hi rendition="#g">Goethe</hi> im Ge-<lb/> ſpräche mit <hi rendition="#g">Eckermann</hi> einmal auf den Werth der egyptiſchen<lb/> Forſchungen für unſere moderne Kultur zu reden kam, äußerte<lb/> er das vernichtende Wort, daß ſie für uns „immer <hi rendition="#g">nur bloße</hi><lb/> Kurioſitäten ſeien, die zu ſittlicher und äſthetiſcher Bildung uns<lb/> wenig zu fruchten vermögen.‟ Es iſt dieſer Ausſpruch nur der<lb/> Revers eines andern, in welchem derſelbe Dichter als Weſen des<lb/> poetiſchen Berufs bezeichnete: „volle Hingabe an das Leben und<lb/> Darſtellung des Erlebten.‟ — Darum ſind die Ebers’ſchen Romane<lb/> Kurioſitäten-Behälter, die vorzugsweiſe in ihren <hi rendition="#g">Noten,</hi> in ihren<lb/> vom löblichen Publico mißachteten und darum in den drei letzten<lb/> egyptiſchen Romanen weggelaſſenen <hi rendition="#g">Noten,</hi> ein größeres oder<lb/> geringeres Jntereſſe bieten, wobei wir mit Prölß daran zu denken<lb/> haben, daß es ſich um längſt verſchwundene Kulturen handelt,<lb/><hi rendition="#g">von denen wir, und im Grunde Ebers ſelbſt, ſo un-<lb/> endlich wenig wiſſen</hi>. —</p><lb/> <p>Ganz denſelben Gedanken finden wir in der Novelle <hi rendition="#g">Levin<lb/> Schückings</hi> „<hi rendition="#g">Etwas auf dem Gewiſſen</hi>‟. Robert, ein<lb/> Gerichtsbeamter, der mitten im praktiſchen Leben ſteht, erblickt in<lb/> Felix, ſeinem Jugendfreund, einen dem thatſächlichen Leben ab-<lb/> gewandten Gelehrten, einen „Typus‟. „Weil ich zu oft bei<lb/> euern Werken eure totale Unbekanntſchaft mit der realen Welt,<lb/> mit ihren Bedingungen, ihren Einrichtungen, mit der Art, wie<lb/> die Gegenwart geordnet iſt und die Vergangenheit ſich geſtaltet<lb/> hat, ſehe; unbekannt mit der Sitte der Höfe, mit dem Ton der<lb/> Geſellſchaft, mit dem Zuſtand und der Denkart der Bauern;<lb/> Nichts kennend und doch Alles ſchildernd. Wie phantaſtiſche<lb/> Maler ſchöne fabelhafte Paläſte in ihre Hintergründe ſtellen, die<lb/> kein Architekt ſo bauen kann, weil nicht Eines auf dem Anderen<lb/> ruht. Jch denke dann immer: Verlegt eure wahrhaftigen Ge-<lb/> ſchehniſſe doch in die Zeiten des Pharao <hi rendition="#g">Rhamſes</hi> <hi rendition="#aq">II.,</hi> von<lb/> denen wir nichts wiſſen und Alles auf Treu und Glauben an-<lb/> nehmen müſſen, was eure Leſer ja ſo bereitwillig thun.‟</p><lb/> <p>Jener Typus iſt auch bei Ebers zu finden. Und weil dieſer<lb/> ein dem wirklichen Leben fremder, nur in der Bücherwelt heimiſcher,<lb/> ſonſt erfahrungsarmer Gelehrter iſt, packen ſeine Romane nicht,<lb/></p> </body> </text> </TEI> [38 230/0038]
Zeitung‟) einige Sätze mitzutheilen: „Als Goethe im Ge-
ſpräche mit Eckermann einmal auf den Werth der egyptiſchen
Forſchungen für unſere moderne Kultur zu reden kam, äußerte
er das vernichtende Wort, daß ſie für uns „immer nur bloße
Kurioſitäten ſeien, die zu ſittlicher und äſthetiſcher Bildung uns
wenig zu fruchten vermögen.‟ Es iſt dieſer Ausſpruch nur der
Revers eines andern, in welchem derſelbe Dichter als Weſen des
poetiſchen Berufs bezeichnete: „volle Hingabe an das Leben und
Darſtellung des Erlebten.‟ — Darum ſind die Ebers’ſchen Romane
Kurioſitäten-Behälter, die vorzugsweiſe in ihren Noten, in ihren
vom löblichen Publico mißachteten und darum in den drei letzten
egyptiſchen Romanen weggelaſſenen Noten, ein größeres oder
geringeres Jntereſſe bieten, wobei wir mit Prölß daran zu denken
haben, daß es ſich um längſt verſchwundene Kulturen handelt,
von denen wir, und im Grunde Ebers ſelbſt, ſo un-
endlich wenig wiſſen. —
Ganz denſelben Gedanken finden wir in der Novelle Levin
Schückings „Etwas auf dem Gewiſſen‟. Robert, ein
Gerichtsbeamter, der mitten im praktiſchen Leben ſteht, erblickt in
Felix, ſeinem Jugendfreund, einen dem thatſächlichen Leben ab-
gewandten Gelehrten, einen „Typus‟. „Weil ich zu oft bei
euern Werken eure totale Unbekanntſchaft mit der realen Welt,
mit ihren Bedingungen, ihren Einrichtungen, mit der Art, wie
die Gegenwart geordnet iſt und die Vergangenheit ſich geſtaltet
hat, ſehe; unbekannt mit der Sitte der Höfe, mit dem Ton der
Geſellſchaft, mit dem Zuſtand und der Denkart der Bauern;
Nichts kennend und doch Alles ſchildernd. Wie phantaſtiſche
Maler ſchöne fabelhafte Paläſte in ihre Hintergründe ſtellen, die
kein Architekt ſo bauen kann, weil nicht Eines auf dem Anderen
ruht. Jch denke dann immer: Verlegt eure wahrhaftigen Ge-
ſchehniſſe doch in die Zeiten des Pharao Rhamſes II., von
denen wir nichts wiſſen und Alles auf Treu und Glauben an-
nehmen müſſen, was eure Leſer ja ſo bereitwillig thun.‟
Jener Typus iſt auch bei Ebers zu finden. Und weil dieſer
ein dem wirklichen Leben fremder, nur in der Bücherwelt heimiſcher,
ſonſt erfahrungsarmer Gelehrter iſt, packen ſeine Romane nicht,
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