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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Urban zog die spitze Nase zurück und gab seiner Wuth
einen vorläufigen Ausdruck, indem er die Bohle mit einem
kräftigen Ruck auf ihren alten Platz beförderte.

Timpe lachte leise vor sich hin bei dem Gedanken, mit
seinen Worten den Aerger des reichen Nachbars einmal gründ¬
lich zu Tage gefördert zu haben. Plötzlich klaffte die Oeffnung
abermals und Herrn Urban's glänzende Brillengläser richteten
sich wiederholt drohend auf Johannes.

"He, Sie wollen also nicht?" schrie er diesmal wie ein
zornig gewordener Knabe. "Wissen Sie, was ich dann thue?
Ich lasse die Mauer herunterreißen und verbaue Ihnen hier
das ganze Licht. Wurst wieder Wurst! Adieu, Adieu! Bis
morgen können Sie mir schreiben."

Ein Stoß und die Bretter klapperten wieder.

Johannes Timpe lachte diesmal sehr laut auf und sagte,
unangenehm berührt durch die Anmaßung des Fabrikbesitzers:

"Sie sind ein Narr."

Zum dritten Male zeigte sich die geröthete Nase des
Nachbars.

"Was erlaubten Sie sich soeben zu sagen?"

"Morgen ist Sonntag und heute friert's wieder stark,"
erwiderte der Meister gelassen.

"Ach so, das ist etwas anderes! . . . Was geht's Sie über¬
haupt an, wenn es friert! Mein Bau wird doch fertig --
zum Aerger gewisser Leute."

Sein Grimm war diesmal unverkennbar, als er den
Blicken Timpe's entschwand.

"Sie sind ein kleiner Mann mit einem großen Munde,"
rief der Drechslermeister ihm nach.

"Wie?" schallte es über die Mauer zurück.

Kretzer, Meister Timpe. 7

Urban zog die ſpitze Naſe zurück und gab ſeiner Wuth
einen vorläufigen Ausdruck, indem er die Bohle mit einem
kräftigen Ruck auf ihren alten Platz beförderte.

Timpe lachte leiſe vor ſich hin bei dem Gedanken, mit
ſeinen Worten den Aerger des reichen Nachbars einmal gründ¬
lich zu Tage gefördert zu haben. Plötzlich klaffte die Oeffnung
abermals und Herrn Urban's glänzende Brillengläſer richteten
ſich wiederholt drohend auf Johannes.

„He, Sie wollen alſo nicht?“ ſchrie er diesmal wie ein
zornig gewordener Knabe. „Wiſſen Sie, was ich dann thue?
Ich laſſe die Mauer herunterreißen und verbaue Ihnen hier
das ganze Licht. Wurſt wieder Wurſt! Adieu, Adieu! Bis
morgen können Sie mir ſchreiben.“

Ein Stoß und die Bretter klapperten wieder.

Johannes Timpe lachte diesmal ſehr laut auf und ſagte,
unangenehm berührt durch die Anmaßung des Fabrikbeſitzers:

„Sie ſind ein Narr.“

Zum dritten Male zeigte ſich die geröthete Naſe des
Nachbars.

„Was erlaubten Sie ſich ſoeben zu ſagen?“

„Morgen iſt Sonntag und heute friert's wieder ſtark,“
erwiderte der Meiſter gelaſſen.

„Ach ſo, das iſt etwas anderes! . . . Was geht's Sie über¬
haupt an, wenn es friert! Mein Bau wird doch fertig —
zum Aerger gewiſſer Leute.“

Sein Grimm war diesmal unverkennbar, als er den
Blicken Timpe's entſchwand.

„Sie ſind ein kleiner Mann mit einem großen Munde,“
rief der Drechslermeiſter ihm nach.

„Wie?“ ſchallte es über die Mauer zurück.

Kretzer, Meiſter Timpe. 7
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[97/0109] Urban zog die ſpitze Naſe zurück und gab ſeiner Wuth einen vorläufigen Ausdruck, indem er die Bohle mit einem kräftigen Ruck auf ihren alten Platz beförderte. Timpe lachte leiſe vor ſich hin bei dem Gedanken, mit ſeinen Worten den Aerger des reichen Nachbars einmal gründ¬ lich zu Tage gefördert zu haben. Plötzlich klaffte die Oeffnung abermals und Herrn Urban's glänzende Brillengläſer richteten ſich wiederholt drohend auf Johannes. „He, Sie wollen alſo nicht?“ ſchrie er diesmal wie ein zornig gewordener Knabe. „Wiſſen Sie, was ich dann thue? Ich laſſe die Mauer herunterreißen und verbaue Ihnen hier das ganze Licht. Wurſt wieder Wurſt! Adieu, Adieu! Bis morgen können Sie mir ſchreiben.“ Ein Stoß und die Bretter klapperten wieder. Johannes Timpe lachte diesmal ſehr laut auf und ſagte, unangenehm berührt durch die Anmaßung des Fabrikbeſitzers: „Sie ſind ein Narr.“ Zum dritten Male zeigte ſich die geröthete Naſe des Nachbars. „Was erlaubten Sie ſich ſoeben zu ſagen?“ „Morgen iſt Sonntag und heute friert's wieder ſtark,“ erwiderte der Meiſter gelaſſen. „Ach ſo, das iſt etwas anderes! . . . Was geht's Sie über¬ haupt an, wenn es friert! Mein Bau wird doch fertig — zum Aerger gewiſſer Leute.“ Sein Grimm war diesmal unverkennbar, als er den Blicken Timpe's entſchwand. „Sie ſind ein kleiner Mann mit einem großen Munde,“ rief der Drechslermeiſter ihm nach. „Wie?“ ſchallte es über die Mauer zurück. Kretzer, Meiſter Timpe. 7

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 97. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/109>, abgerufen am 21.11.2024.