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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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durch eigene Fahrlässigkeit sich beschädigt; für derartige Fälle
könne man ihn nicht verantworlich machen.

Als Timpe davon erfuhr, erging er sich in Ausdrücken,
die nicht sehr schmeichelhaft für den großen Konkurrenten
waren. Es wäre jedenfalls besser gewesen, wenn die Säge
einen Theil von Urban's langer Nase mitgenommen hätte,
sagte er voller Galgenhumor, so daß die Gesellen laut auf¬
lachten.

In den nächsten Tagen drehte sich sein ganzes Mitleid
um den Verunglückten. Er brachte es soweit, daß unter Be¬
rufsgenossen eine Geldsammlung abgehalten wurde. Es kam
eine Summe zusammen, die neben der Unterstützung aus der
Krankenkasse ausreichte, um die Familie des Invaliden wenig¬
stens vor der äußersten Sorge zu bewahren.

Während der schlechten Geschäftszeit fand der Meister
genügend Zeit, dem Bau der Stadtbahn hinter seinem Häus¬
chen, der sich immer mehr entwickelte, seine Aufmerksamkeit
zuzuwenden. Oefter als sonst bestieg er in diesem Sommer
die "Warte", für die er niemals mehr die Bezeichnung
"Franzen's Ruh" gebrauchte. Saß er oben zwischen den
Zweigen und rauchte gemüthlich seine Pfeife, so vergaß er
beim Anblick des geschäftlichen Treibens unter sich ein Viertel¬
stündchen lang die Drangsale des Lebens, hatte er nur noch
Sinn für die neue Welt, die sich vor ihm aufbaute und immer
gewaltiger und kühner emporstrebte.

Bis zum Frankfurter Bahnhof war die Gasse freigelegt
worden, die dem Verkehre Spreeathen's einen neuen Weg
eröffnen sollte. Eine eigenartige Perspektive bot sich dem
Auge dar. Es war gerade, als hätte eine Riesenfaust vom
Himmel sich herniedergesenkt und mit gewaltigem Hammer¬

durch eigene Fahrläſſigkeit ſich beſchädigt; für derartige Fälle
könne man ihn nicht verantworlich machen.

Als Timpe davon erfuhr, erging er ſich in Ausdrücken,
die nicht ſehr ſchmeichelhaft für den großen Konkurrenten
waren. Es wäre jedenfalls beſſer geweſen, wenn die Säge
einen Theil von Urban's langer Naſe mitgenommen hätte,
ſagte er voller Galgenhumor, ſo daß die Geſellen laut auf¬
lachten.

In den nächſten Tagen drehte ſich ſein ganzes Mitleid
um den Verunglückten. Er brachte es ſoweit, daß unter Be¬
rufsgenoſſen eine Geldſammlung abgehalten wurde. Es kam
eine Summe zuſammen, die neben der Unterſtützung aus der
Krankenkaſſe ausreichte, um die Familie des Invaliden wenig¬
ſtens vor der äußerſten Sorge zu bewahren.

Während der ſchlechten Geſchäftszeit fand der Meiſter
genügend Zeit, dem Bau der Stadtbahn hinter ſeinem Häus¬
chen, der ſich immer mehr entwickelte, ſeine Aufmerkſamkeit
zuzuwenden. Oefter als ſonſt beſtieg er in dieſem Sommer
die „Warte“, für die er niemals mehr die Bezeichnung
„Franzen's Ruh“ gebrauchte. Saß er oben zwiſchen den
Zweigen und rauchte gemüthlich ſeine Pfeife, ſo vergaß er
beim Anblick des geſchäftlichen Treibens unter ſich ein Viertel¬
ſtündchen lang die Drangſale des Lebens, hatte er nur noch
Sinn für die neue Welt, die ſich vor ihm aufbaute und immer
gewaltiger und kühner emporſtrebte.

Bis zum Frankfurter Bahnhof war die Gaſſe freigelegt
worden, die dem Verkehre Spreeathen's einen neuen Weg
eröffnen ſollte. Eine eigenartige Perſpektive bot ſich dem
Auge dar. Es war gerade, als hätte eine Rieſenfauſt vom
Himmel ſich herniedergeſenkt und mit gewaltigem Hammer¬

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[175/0187] durch eigene Fahrläſſigkeit ſich beſchädigt; für derartige Fälle könne man ihn nicht verantworlich machen. Als Timpe davon erfuhr, erging er ſich in Ausdrücken, die nicht ſehr ſchmeichelhaft für den großen Konkurrenten waren. Es wäre jedenfalls beſſer geweſen, wenn die Säge einen Theil von Urban's langer Naſe mitgenommen hätte, ſagte er voller Galgenhumor, ſo daß die Geſellen laut auf¬ lachten. In den nächſten Tagen drehte ſich ſein ganzes Mitleid um den Verunglückten. Er brachte es ſoweit, daß unter Be¬ rufsgenoſſen eine Geldſammlung abgehalten wurde. Es kam eine Summe zuſammen, die neben der Unterſtützung aus der Krankenkaſſe ausreichte, um die Familie des Invaliden wenig¬ ſtens vor der äußerſten Sorge zu bewahren. Während der ſchlechten Geſchäftszeit fand der Meiſter genügend Zeit, dem Bau der Stadtbahn hinter ſeinem Häus¬ chen, der ſich immer mehr entwickelte, ſeine Aufmerkſamkeit zuzuwenden. Oefter als ſonſt beſtieg er in dieſem Sommer die „Warte“, für die er niemals mehr die Bezeichnung „Franzen's Ruh“ gebrauchte. Saß er oben zwiſchen den Zweigen und rauchte gemüthlich ſeine Pfeife, ſo vergaß er beim Anblick des geſchäftlichen Treibens unter ſich ein Viertel¬ ſtündchen lang die Drangſale des Lebens, hatte er nur noch Sinn für die neue Welt, die ſich vor ihm aufbaute und immer gewaltiger und kühner emporſtrebte. Bis zum Frankfurter Bahnhof war die Gaſſe freigelegt worden, die dem Verkehre Spreeathen's einen neuen Weg eröffnen ſollte. Eine eigenartige Perſpektive bot ſich dem Auge dar. Es war gerade, als hätte eine Rieſenfauſt vom Himmel ſich herniedergeſenkt und mit gewaltigem Hammer¬

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/187>, abgerufen am 21.11.2024.