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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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streich eine Bresche durch die Häuser geschlagen, gleichgültig
darüber, ob das eine stehen bleibe oder die Hälfte des
anderen falle.

Dort blickte man in einen Hof hinein, dem bis vor
Kurzem noch Luft und Licht fehlte, und der nun die Geheim¬
nisse der Hinterhäuser verrieth; und daneben in einen kleinen
Garten, der bisher wie ein seltener Schatz inmitten der grauen
Mauern nur zur Freude seines Besitzers gedient hatte und nun
gleich einer weithin sichtbaren Oase das Auge entzückte. Aber nur
noch kurze Zeit, und der Dampf des Eisenrosses wälzte sich über
ihn fort und raubte den herrlichen Rosen den Duft. . . . .
Und dazwischen freigelegte Ställe und Scheunen, Trocken- und
Holzplätze, zwei Seitengebäude ohne Vorderhaus, die Reste
von durchschnittenem Mauerwerk; und dort wo der Trümmer¬
weg eine Kurve machte, die offene Straße wieder mit ihren
vier- und fünfstöckigen Miethskasernen, in deren Fenstern die
Sonne sich blendend spiegelte.

Vom dunklen Grunde dieser Gasse hoben sich leuchtend
die hellen kalkbestäubten Jacken eines Heeres von Maurern
ab. Wie sich das bückte, hinauf- und hinabstieg, Stein an
Stein fügte, um das Fundament der breiten Pfeiler zu
gestalten. Die rothen Steine leuchteten, die Hammer¬
schläge klangen hell herüber, und ein Fuhrmann trieb fluchend
die Pferde vor einem schwer mit Sand beladenen Wagen an.

Auch zu den Füßen Timpe's, wenige Schritte von seinem
Hause, erhoben sich bereits die ersten Anfänge der Viadukte.
Einer ihrer Pfeiler berührte die hintere Giebelwand so dicht,
daß der Meister vermeinte, ihn mit der Hand berühren zu
können. Fast gleichmäßig von Tag zu Tag, als wüchsen sie
Fuß für Fuß aus der Erde, erhoben die Pfeiler sich auf der

ſtreich eine Breſche durch die Häuſer geſchlagen, gleichgültig
darüber, ob das eine ſtehen bleibe oder die Hälfte des
anderen falle.

Dort blickte man in einen Hof hinein, dem bis vor
Kurzem noch Luft und Licht fehlte, und der nun die Geheim¬
niſſe der Hinterhäuſer verrieth; und daneben in einen kleinen
Garten, der bisher wie ein ſeltener Schatz inmitten der grauen
Mauern nur zur Freude ſeines Beſitzers gedient hatte und nun
gleich einer weithin ſichtbaren Oaſe das Auge entzückte. Aber nur
noch kurze Zeit, und der Dampf des Eiſenroſſes wälzte ſich über
ihn fort und raubte den herrlichen Roſen den Duft. . . . .
Und dazwiſchen freigelegte Ställe und Scheunen, Trocken- und
Holzplätze, zwei Seitengebäude ohne Vorderhaus, die Reſte
von durchſchnittenem Mauerwerk; und dort wo der Trümmer¬
weg eine Kurve machte, die offene Straße wieder mit ihren
vier- und fünfſtöckigen Miethskaſernen, in deren Fenſtern die
Sonne ſich blendend ſpiegelte.

Vom dunklen Grunde dieſer Gaſſe hoben ſich leuchtend
die hellen kalkbeſtäubten Jacken eines Heeres von Maurern
ab. Wie ſich das bückte, hinauf- und hinabſtieg, Stein an
Stein fügte, um das Fundament der breiten Pfeiler zu
geſtalten. Die rothen Steine leuchteten, die Hammer¬
ſchläge klangen hell herüber, und ein Fuhrmann trieb fluchend
die Pferde vor einem ſchwer mit Sand beladenen Wagen an.

Auch zu den Füßen Timpe's, wenige Schritte von ſeinem
Hauſe, erhoben ſich bereits die erſten Anfänge der Viadukte.
Einer ihrer Pfeiler berührte die hintere Giebelwand ſo dicht,
daß der Meiſter vermeinte, ihn mit der Hand berühren zu
können. Faſt gleichmäßig von Tag zu Tag, als wüchſen ſie
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[176/0188] ſtreich eine Breſche durch die Häuſer geſchlagen, gleichgültig darüber, ob das eine ſtehen bleibe oder die Hälfte des anderen falle. Dort blickte man in einen Hof hinein, dem bis vor Kurzem noch Luft und Licht fehlte, und der nun die Geheim¬ niſſe der Hinterhäuſer verrieth; und daneben in einen kleinen Garten, der bisher wie ein ſeltener Schatz inmitten der grauen Mauern nur zur Freude ſeines Beſitzers gedient hatte und nun gleich einer weithin ſichtbaren Oaſe das Auge entzückte. Aber nur noch kurze Zeit, und der Dampf des Eiſenroſſes wälzte ſich über ihn fort und raubte den herrlichen Roſen den Duft. . . . . Und dazwiſchen freigelegte Ställe und Scheunen, Trocken- und Holzplätze, zwei Seitengebäude ohne Vorderhaus, die Reſte von durchſchnittenem Mauerwerk; und dort wo der Trümmer¬ weg eine Kurve machte, die offene Straße wieder mit ihren vier- und fünfſtöckigen Miethskaſernen, in deren Fenſtern die Sonne ſich blendend ſpiegelte. Vom dunklen Grunde dieſer Gaſſe hoben ſich leuchtend die hellen kalkbeſtäubten Jacken eines Heeres von Maurern ab. Wie ſich das bückte, hinauf- und hinabſtieg, Stein an Stein fügte, um das Fundament der breiten Pfeiler zu geſtalten. Die rothen Steine leuchteten, die Hammer¬ ſchläge klangen hell herüber, und ein Fuhrmann trieb fluchend die Pferde vor einem ſchwer mit Sand beladenen Wagen an. Auch zu den Füßen Timpe's, wenige Schritte von ſeinem Hauſe, erhoben ſich bereits die erſten Anfänge der Viadukte. Einer ihrer Pfeiler berührte die hintere Giebelwand ſo dicht, daß der Meiſter vermeinte, ihn mit der Hand berühren zu können. Faſt gleichmäßig von Tag zu Tag, als wüchſen ſie Fuß für Fuß aus der Erde, erhoben die Pfeiler ſich auf der

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/188>, abgerufen am 21.11.2024.