Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.Liebegott hatten davon gesprochen. Kam dann das Gespräch "Dieser Spitzbube!" sagte er einmal zu Krusemeyer. Und während er das sagte, blickte er den Wächter listig Es war ein richtiges Versteckenspiel, das sie widerwillig Auch in der Nachbarschaft spionirte Timpe, um schließlich Liebegott hatten davon geſprochen. Kam dann das Geſpräch „Dieſer Spitzbube!“ ſagte er einmal zu Kruſemeyer. Und während er das ſagte, blickte er den Wächter liſtig Es war ein richtiges Verſteckenſpiel, das ſie widerwillig Auch in der Nachbarſchaft ſpionirte Timpe, um ſchließlich <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0216" n="204"/> Liebegott hatten davon geſprochen. Kam dann das Geſpräch<lb/> zufälligerweiſe auf den Vorfall, ſo ſpielte der bekannte „zer¬<lb/> lumpte, graubärtige Kerl“, ſeine Rolle. Der Meiſter athmete<lb/> auf und ging befriedigt nach Hauſe. Auch Kruſemeyer und<lb/> den Schutzmann forſchte er noch einige Male aus; um ganz<lb/> ſicher bei ihnen zu gehen, ſprach er von ihren „Luchsaugen“,<lb/> ſo daß der Hüter der Nachtruhe ſich betroffen abwandte, um<lb/> ſeine Verlegenheit zu verbergen.</p><lb/> <p>„Dieſer Spitzbube!“ ſagte er einmal zu Kruſemeyer.<lb/> „Schade, daß er Ihnen entwiſcht iſt. Es wäre doch ſchön<lb/> geweſen, wenn wir ihn auf friſcher That ertappt und ihm das<lb/> fünfte Gebot auf dem Rücken eingeprägt hätten . . . Alſo<lb/> einen grauen Bart hat er gehabt? Der iſt gewiß im Zucht¬<lb/> hauſe gereiſt. Ja, ja, lieber Kruſemeyer, wenn man wie Sie<lb/> noch geſunde Augen hat.“</p><lb/> <p>Und während er das ſagte, blickte er den Wächter liſtig<lb/> an, um aus deſſen Mienenſpiel zu erſehen, wie ſeine Worte<lb/> aufgenommen wurden. Kruſemeyer machte zu dieſer<lb/> Schmeichelei das Geſicht eines Menſchen, der nicht weiß, ob<lb/> er weinen oder lachen ſoll und ſagte ſchließlich voller Ueber¬<lb/> zeugung: „Liebegott und ich gehören zur Polizei, und die<lb/> ſieht alles, auch wenn ſie die Diebe manchmal nicht be¬<lb/> kommt.“ Seine Gedanken aber lauteten: Wenn Du wüßteſt,<lb/> was ich weiß, armer Meiſter Timpe!</p><lb/> <p>Es war ein richtiges Verſteckenſpiel, das ſie widerwillig<lb/> trieben.</p><lb/> <p>Auch in der Nachbarſchaft ſpionirte Timpe, um ſchließlich<lb/> zu demſelben Reſultat zu gelangen. Niemand theilte mit ihm<lb/> ſein Geheimniß. Wenn auch in dieſer Beziehung Beruhigung<lb/> über ihn kam, ſo änderte das ſein Weſen doch nicht. Er wandelte<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [204/0216]
Liebegott hatten davon geſprochen. Kam dann das Geſpräch
zufälligerweiſe auf den Vorfall, ſo ſpielte der bekannte „zer¬
lumpte, graubärtige Kerl“, ſeine Rolle. Der Meiſter athmete
auf und ging befriedigt nach Hauſe. Auch Kruſemeyer und
den Schutzmann forſchte er noch einige Male aus; um ganz
ſicher bei ihnen zu gehen, ſprach er von ihren „Luchsaugen“,
ſo daß der Hüter der Nachtruhe ſich betroffen abwandte, um
ſeine Verlegenheit zu verbergen.
„Dieſer Spitzbube!“ ſagte er einmal zu Kruſemeyer.
„Schade, daß er Ihnen entwiſcht iſt. Es wäre doch ſchön
geweſen, wenn wir ihn auf friſcher That ertappt und ihm das
fünfte Gebot auf dem Rücken eingeprägt hätten . . . Alſo
einen grauen Bart hat er gehabt? Der iſt gewiß im Zucht¬
hauſe gereiſt. Ja, ja, lieber Kruſemeyer, wenn man wie Sie
noch geſunde Augen hat.“
Und während er das ſagte, blickte er den Wächter liſtig
an, um aus deſſen Mienenſpiel zu erſehen, wie ſeine Worte
aufgenommen wurden. Kruſemeyer machte zu dieſer
Schmeichelei das Geſicht eines Menſchen, der nicht weiß, ob
er weinen oder lachen ſoll und ſagte ſchließlich voller Ueber¬
zeugung: „Liebegott und ich gehören zur Polizei, und die
ſieht alles, auch wenn ſie die Diebe manchmal nicht be¬
kommt.“ Seine Gedanken aber lauteten: Wenn Du wüßteſt,
was ich weiß, armer Meiſter Timpe!
Es war ein richtiges Verſteckenſpiel, das ſie widerwillig
trieben.
Auch in der Nachbarſchaft ſpionirte Timpe, um ſchließlich
zu demſelben Reſultat zu gelangen. Niemand theilte mit ihm
ſein Geheimniß. Wenn auch in dieſer Beziehung Beruhigung
über ihn kam, ſo änderte das ſein Weſen doch nicht. Er wandelte
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