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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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der Meister nicht eine Hypothek, unkündbar auf Lebenszeit,
gewünscht hätte. Er wollte sich auf alle Fälle sichern. Der
Termin rückte immer näher heran -- er fand keine Be¬
friedigung seiner Wünsche. Schließlich dachte er daran, eine
geringere Summe aufzunehmen, die überflüssigen Drehbänke,
die Modelle und alle entbehrlichen Möbel zu verkaufen, um
mit dem Erlös die nöthige Summe zu erzielen. In dieser
peinlichen Situation war ihm Niemand mehr im Wege als
Thomas Beyer. Er haßte ihn jetzt förmlich, er wußte nicht
warum. Jedenfalls fand er es nicht für nöthig, den Gesellen
Zeuge der neuesten Veränderung sein zu lassen. Wenn es
schon so weit kam, daß wirklich alles Entbehrliche verkauft
werden mußte, dann konnte das in aller Stille geschehen, in
der Dunkelheit womöglich, und brauchte Niemand etwas davon
zu wissen, außer ihm und seinem Gott! Das wäre ein
Gaudium für seine Feinde gewesen, wenn sie erfahren hätten,
wie es wirklich um ihn stand. Obendrein würde man ihm
noch Mitleid entgegenbringen und er wollte es nicht, verlangte
es nicht, und würde eher den Tod erlitten haben, ehe er es
entgegen genommen hätte.

Sein ganzes Sinnen und Trachten ging nun darauf hin,
dem Altgesellen für immer den Laufpaß zu geben. Er faßte
diesen Gedanken mit Mitleid, aber es war eine Nothwendig¬
keit, die durchgeführt werden mußte. Nicht nur der Zwang
trieb ihn dazu, sondern eine tiefe Sehnsucht nach gänzlicher
Einsamkeit, wie sie Menschen zu überkommen pflegt, die mit
dem Gefühl im Herzen den Haß gegen die Welt mit sich
herumtragen und Gewohnheiten annehmen, die sie zu Sonder¬
lingen machen.

Am nächsten Sonnabend machte er den letzten Ver¬

der Meiſter nicht eine Hypothek, unkündbar auf Lebenszeit,
gewünſcht hätte. Er wollte ſich auf alle Fälle ſichern. Der
Termin rückte immer näher heran — er fand keine Be¬
friedigung ſeiner Wünſche. Schließlich dachte er daran, eine
geringere Summe aufzunehmen, die überflüſſigen Drehbänke,
die Modelle und alle entbehrlichen Möbel zu verkaufen, um
mit dem Erlös die nöthige Summe zu erzielen. In dieſer
peinlichen Situation war ihm Niemand mehr im Wege als
Thomas Beyer. Er haßte ihn jetzt förmlich, er wußte nicht
warum. Jedenfalls fand er es nicht für nöthig, den Geſellen
Zeuge der neueſten Veränderung ſein zu laſſen. Wenn es
ſchon ſo weit kam, daß wirklich alles Entbehrliche verkauft
werden mußte, dann konnte das in aller Stille geſchehen, in
der Dunkelheit womöglich, und brauchte Niemand etwas davon
zu wiſſen, außer ihm und ſeinem Gott! Das wäre ein
Gaudium für ſeine Feinde geweſen, wenn ſie erfahren hätten,
wie es wirklich um ihn ſtand. Obendrein würde man ihm
noch Mitleid entgegenbringen und er wollte es nicht, verlangte
es nicht, und würde eher den Tod erlitten haben, ehe er es
entgegen genommen hätte.

Sein ganzes Sinnen und Trachten ging nun darauf hin,
dem Altgeſellen für immer den Laufpaß zu geben. Er faßte
dieſen Gedanken mit Mitleid, aber es war eine Nothwendig¬
keit, die durchgeführt werden mußte. Nicht nur der Zwang
trieb ihn dazu, ſondern eine tiefe Sehnſucht nach gänzlicher
Einſamkeit, wie ſie Menſchen zu überkommen pflegt, die mit
dem Gefühl im Herzen den Haß gegen die Welt mit ſich
herumtragen und Gewohnheiten annehmen, die ſie zu Sonder¬
lingen machen.

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[264/0276] der Meiſter nicht eine Hypothek, unkündbar auf Lebenszeit, gewünſcht hätte. Er wollte ſich auf alle Fälle ſichern. Der Termin rückte immer näher heran — er fand keine Be¬ friedigung ſeiner Wünſche. Schließlich dachte er daran, eine geringere Summe aufzunehmen, die überflüſſigen Drehbänke, die Modelle und alle entbehrlichen Möbel zu verkaufen, um mit dem Erlös die nöthige Summe zu erzielen. In dieſer peinlichen Situation war ihm Niemand mehr im Wege als Thomas Beyer. Er haßte ihn jetzt förmlich, er wußte nicht warum. Jedenfalls fand er es nicht für nöthig, den Geſellen Zeuge der neueſten Veränderung ſein zu laſſen. Wenn es ſchon ſo weit kam, daß wirklich alles Entbehrliche verkauft werden mußte, dann konnte das in aller Stille geſchehen, in der Dunkelheit womöglich, und brauchte Niemand etwas davon zu wiſſen, außer ihm und ſeinem Gott! Das wäre ein Gaudium für ſeine Feinde geweſen, wenn ſie erfahren hätten, wie es wirklich um ihn ſtand. Obendrein würde man ihm noch Mitleid entgegenbringen und er wollte es nicht, verlangte es nicht, und würde eher den Tod erlitten haben, ehe er es entgegen genommen hätte. Sein ganzes Sinnen und Trachten ging nun darauf hin, dem Altgeſellen für immer den Laufpaß zu geben. Er faßte dieſen Gedanken mit Mitleid, aber es war eine Nothwendig¬ keit, die durchgeführt werden mußte. Nicht nur der Zwang trieb ihn dazu, ſondern eine tiefe Sehnſucht nach gänzlicher Einſamkeit, wie ſie Menſchen zu überkommen pflegt, die mit dem Gefühl im Herzen den Haß gegen die Welt mit ſich herumtragen und Gewohnheiten annehmen, die ſie zu Sonder¬ lingen machen. Am nächſten Sonnabend machte er den letzten Ver¬

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 264. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/276>, abgerufen am 22.11.2024.