Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.lebhafte Bestreben zeigte, es sobald wie möglich ihrem Bruder Sie saß am Fenster mit einer Handarbeit beschäftigt, "Also er ist fort, wirklich fort?" fragte er vergnügt Sofort war auch der Zweifel bei ihm aufgetaucht. Erst "Sie erlauben nun wohl, Herr Timpe, daß ich denselben Da er immer noch schwieg und nur vor sich hinnickte, so lebhafte Beſtreben zeigte, es ſobald wie möglich ihrem Bruder Sie ſaß am Fenſter mit einer Handarbeit beſchäftigt, „Alſo er iſt fort, wirklich fort?“ fragte er vergnügt Sofort war auch der Zweifel bei ihm aufgetaucht. Erſt „Sie erlauben nun wohl, Herr Timpe, daß ich denſelben Da er immer noch ſchwieg und nur vor ſich hinnickte, ſo <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0323" n="311"/> lebhafte Beſtreben zeigte, es ſobald wie möglich ihrem Bruder<lb/> nachzuthun.</p><lb/> <p>Sie ſaß am Fenſter mit einer Handarbeit beſchäftigt,<lb/> that noch einige Stiche und erhob ſich. Gleich darauf ſtand<lb/> ſie vor Timpe.</p><lb/> <p>„Alſo er iſt fort, wirklich fort?“ fragte er vergnügt<lb/> lächelnd, als ſie ihm ihres Bruders letzte Worte übermittelt<lb/> hatte. „Iſt es auch wahr, und kommt er nicht wieder?“</p><lb/> <p>Sofort war auch der Zweifel bei ihm aufgetaucht. Erſt<lb/> als ihm nochmals die Beſtätigung von des Altgeſellen Abzug<lb/> wurde, legte ſich ſein Mißtrauen; aber es entſchwand erſt<lb/> völlig, nachdem er einen Blick in die Werkſtatt und auf den<lb/> Riegel gethan hatte, an dem gewöhnlich Beyer's Sachen<lb/> hingen.</p><lb/> <p>„Sie erlauben nun wohl, Herr Timpe, daß ich denſelben<lb/> Weg nehme,“ ſagte Marie. Sie wollte ihn nicht verletzen<lb/> und ſetzte daher folgende Worte hinzu: „Ich würde gern<lb/> noch bleiben, aber unſere Häuslichkeit geht zu Grunde . . .<lb/> Sie ſind ſo gut wie hergeſtellt, bald wird alles in's alte<lb/> Geleiſe kommen; ich wünſche es von Herzen.“</p><lb/> <p>Da er immer noch ſchwieg und nur vor ſich hinnickte, ſo<lb/> reizte ſie dieſe Gleichgültigkeit. O, er ſollte nicht denken, daß<lb/> er ein frommes Lamm vor ſich habe. „Es iſt auch beſſer,<lb/> wenn ich ebenfalls gehe, Herr Timpe,“ fuhr ſie fort. „Geſtern<lb/> erſt haben Sie mir den Vorwurf gemacht, ich hätte Ihnen<lb/> die Suppe verſalzen; es ſollte das bereits das zweite Mal<lb/> geweſen ſein, trotzdem ich mit gutem Gewiſſen das gerade<lb/> Gegentheil beeiden kann . . . Ich befürchte, daß ich mich<lb/> auch zum dritten Male dieſem Verdachte ausſetzen könnte und<lb/> das wäre zu viel auf einmal . . .“<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [311/0323]
lebhafte Beſtreben zeigte, es ſobald wie möglich ihrem Bruder
nachzuthun.
Sie ſaß am Fenſter mit einer Handarbeit beſchäftigt,
that noch einige Stiche und erhob ſich. Gleich darauf ſtand
ſie vor Timpe.
„Alſo er iſt fort, wirklich fort?“ fragte er vergnügt
lächelnd, als ſie ihm ihres Bruders letzte Worte übermittelt
hatte. „Iſt es auch wahr, und kommt er nicht wieder?“
Sofort war auch der Zweifel bei ihm aufgetaucht. Erſt
als ihm nochmals die Beſtätigung von des Altgeſellen Abzug
wurde, legte ſich ſein Mißtrauen; aber es entſchwand erſt
völlig, nachdem er einen Blick in die Werkſtatt und auf den
Riegel gethan hatte, an dem gewöhnlich Beyer's Sachen
hingen.
„Sie erlauben nun wohl, Herr Timpe, daß ich denſelben
Weg nehme,“ ſagte Marie. Sie wollte ihn nicht verletzen
und ſetzte daher folgende Worte hinzu: „Ich würde gern
noch bleiben, aber unſere Häuslichkeit geht zu Grunde . . .
Sie ſind ſo gut wie hergeſtellt, bald wird alles in's alte
Geleiſe kommen; ich wünſche es von Herzen.“
Da er immer noch ſchwieg und nur vor ſich hinnickte, ſo
reizte ſie dieſe Gleichgültigkeit. O, er ſollte nicht denken, daß
er ein frommes Lamm vor ſich habe. „Es iſt auch beſſer,
wenn ich ebenfalls gehe, Herr Timpe,“ fuhr ſie fort. „Geſtern
erſt haben Sie mir den Vorwurf gemacht, ich hätte Ihnen
die Suppe verſalzen; es ſollte das bereits das zweite Mal
geweſen ſein, trotzdem ich mit gutem Gewiſſen das gerade
Gegentheil beeiden kann . . . Ich befürchte, daß ich mich
auch zum dritten Male dieſem Verdachte ausſetzen könnte und
das wäre zu viel auf einmal . . .“
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