Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.konnte man eine Oeffnung erblicken, die sich nach einer Meister Timpe wollte gegen den Maurer seinem Unmuth "Guten Tag, mein lieber Herr Timpe! Also hier Und Herr Ferdinand Friedrich Urban, ein kleiner, hagerer Dieser Begrüßung folgte ein Wortschwall von Ent¬ "Wenn Sie erlauben, überschreite ich die feindliche Bevor noch der verlegene Meister Timpe ein zuvor¬ konnte man eine Oeffnung erblicken, die ſich nach einer Meiſter Timpe wollte gegen den Maurer ſeinem Unmuth „Guten Tag, mein lieber Herr Timpe! Alſo hier Und Herr Ferdinand Friedrich Urban, ein kleiner, hagerer Dieſer Begrüßung folgte ein Wortſchwall von Ent¬ „Wenn Sie erlauben, überſchreite ich die feindliche Bevor noch der verlegene Meiſter Timpe ein zuvor¬ <TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0050" n="38"/> konnte man eine Oeffnung erblicken, die ſich nach einer<lb/> weiteren Viertelſtunde ſo vergrößert hatte, daß das bärtige<lb/> Geſicht eines Maurers ſich zeigte. Der Mann blickte neu¬<lb/> gierig durch das Loch und nickte dem Meiſter wie zum<lb/> Gruße zu. Schlag auf Schlag folgte dann wieder, Stein auf<lb/> Stein verſchwand; die Oeffnung erweiterte ſich bis zum<lb/> Boden, bis ſie endlich ſo groß war, daß ein Menſch in ge¬<lb/> bückter Haltung bequem hindurchſchlüpfen konnte.</p><lb/> <p>Meiſter Timpe wollte gegen den Maurer ſeinem Unmuth<lb/> über den herniedergefallenen Kalk, der ſeine Beete bedeckte,<lb/> Luft machen, als durch die Oeffnung eine laute Stimme er¬<lb/> ſchallte:</p><lb/> <p>„Guten Tag, mein lieber Herr Timpe! Alſo hier<lb/> wohnen Sie!“</p><lb/> <p>Und Herr Ferdinand Friedrich Urban, ein kleiner, hagerer<lb/> Mann mit einem ſchmalen bartloſen Geſicht, auf deſſen<lb/> langer, ſpitzer Naſe eine goldene Brille thronte, präſentirte ſich<lb/> den erſtaunten Blicken des Drechslermeiſters.</p><lb/> <p>Dieſer Begrüßung folgte ein Wortſchwall von Ent¬<lb/> ſchuldigungs- und Erklärungsgründen: „.. Ohne Beläſtigung<lb/> für den Nachbar ginge ſo etwas nicht ab. ... Der Schutt<lb/> ſolle ſofort weggeſchafft werden. ... Man wolle die Mauer<lb/> durchaus nicht abreißen, müſſe aber eine Wurzel des Baumes<lb/> da hinten, die bis unter das Fundament führe, durchſchneiden,<lb/> um Unheil zu verhüten. ... Sämmtliche Bäume ſollten<lb/> fallen ..“ und ſo weiter.</p><lb/> <p>„Wenn Sie erlauben, überſchreite ich die feindliche<lb/> Grenze.“</p><lb/> <p>Bevor noch der verlegene Meiſter Timpe ein zuvor¬<lb/> kommendes: „Bitte, bitte recht ſehr,“ ganz zu Ende bringen<lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [38/0050]
konnte man eine Oeffnung erblicken, die ſich nach einer
weiteren Viertelſtunde ſo vergrößert hatte, daß das bärtige
Geſicht eines Maurers ſich zeigte. Der Mann blickte neu¬
gierig durch das Loch und nickte dem Meiſter wie zum
Gruße zu. Schlag auf Schlag folgte dann wieder, Stein auf
Stein verſchwand; die Oeffnung erweiterte ſich bis zum
Boden, bis ſie endlich ſo groß war, daß ein Menſch in ge¬
bückter Haltung bequem hindurchſchlüpfen konnte.
Meiſter Timpe wollte gegen den Maurer ſeinem Unmuth
über den herniedergefallenen Kalk, der ſeine Beete bedeckte,
Luft machen, als durch die Oeffnung eine laute Stimme er¬
ſchallte:
„Guten Tag, mein lieber Herr Timpe! Alſo hier
wohnen Sie!“
Und Herr Ferdinand Friedrich Urban, ein kleiner, hagerer
Mann mit einem ſchmalen bartloſen Geſicht, auf deſſen
langer, ſpitzer Naſe eine goldene Brille thronte, präſentirte ſich
den erſtaunten Blicken des Drechslermeiſters.
Dieſer Begrüßung folgte ein Wortſchwall von Ent¬
ſchuldigungs- und Erklärungsgründen: „.. Ohne Beläſtigung
für den Nachbar ginge ſo etwas nicht ab. ... Der Schutt
ſolle ſofort weggeſchafft werden. ... Man wolle die Mauer
durchaus nicht abreißen, müſſe aber eine Wurzel des Baumes
da hinten, die bis unter das Fundament führe, durchſchneiden,
um Unheil zu verhüten. ... Sämmtliche Bäume ſollten
fallen ..“ und ſo weiter.
„Wenn Sie erlauben, überſchreite ich die feindliche
Grenze.“
Bevor noch der verlegene Meiſter Timpe ein zuvor¬
kommendes: „Bitte, bitte recht ſehr,“ ganz zu Ende bringen
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