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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Lebens essen können, ohne satt zu werden. Dieser Bursche,
dieser Ueberläufer!" . . Die Faust ballte sich, und das Fenster
wurde unsanft zugeschlagen.

Jenseits der Mauer schritt Franz neben den beiden
Mädchen langsam dahin. Zuerst war er sehr zerstreut und
gab verkehrte Antworten auf die Fragen Emmas, denn
sein Interesse wurde durch die Umgehung in Anspruch
genommen. An einzelnen Stellen hatte man bereits Erde
aufgeworfen, um den Grund und Boden zu prüfen. Me߬
schnüre waren ausgespannt, eine Arbeitsbude zeigte sich. In
der Nähe der Mauer zeugte entwurzeltes Strauchwerk von
dem Ernste, mit dem man die Neugestaltung zu beginnen ge¬
dachte. Alles deutete darauf hin, daß demnächst hundert
rührige Hände ihre Arbeit beginnen würden, um das, was
hier stand und die Allmacht der Natur verkündete, dem Boden
gleich zu machen.

Als Franz stehen blieb und sich eine darauf bezügliche
Bemerkung erlaubte, zeigte Emma ein sehr trauriges Gesicht,
in dem sich der Ernst allerdings etwas komisch ausnahm.
Da sie aber ihren Groll nicht zu unterdrücken vermochte und
schon längst die Gelegenheit herbeigesehnt hatte, ihrem Un¬
muth über die neuesten Wandlungen der Dinge einmal gründ¬
lich Luft zu machen, so ließ sie nun den Worten des Aergers
freien Lauf.

Vorerst gestand sie ein, nicht zu begreifen, wie ihre Mama,
die sie so sehr liebe und welche sie immer für außerordentlich
vernünftig gehalten habe, es über sich habe gewinnen können,
auf ihre alten Tage noch einmal zu heirathen; und obendrein
einen so häßlichen, wenig sympathischen Menschen, wie Herr
Urban es sei! Dann sah sie sich zu der Erklärung genöthigt,

Lebens eſſen können, ohne ſatt zu werden. Dieſer Burſche,
dieſer Ueberläufer!“ . . Die Fauſt ballte ſich, und das Fenſter
wurde unſanft zugeſchlagen.

Jenſeits der Mauer ſchritt Franz neben den beiden
Mädchen langſam dahin. Zuerſt war er ſehr zerſtreut und
gab verkehrte Antworten auf die Fragen Emmas, denn
ſein Intereſſe wurde durch die Umgehung in Anſpruch
genommen. An einzelnen Stellen hatte man bereits Erde
aufgeworfen, um den Grund und Boden zu prüfen. Me߬
ſchnüre waren ausgeſpannt, eine Arbeitsbude zeigte ſich. In
der Nähe der Mauer zeugte entwurzeltes Strauchwerk von
dem Ernſte, mit dem man die Neugeſtaltung zu beginnen ge¬
dachte. Alles deutete darauf hin, daß demnächſt hundert
rührige Hände ihre Arbeit beginnen würden, um das, was
hier ſtand und die Allmacht der Natur verkündete, dem Boden
gleich zu machen.

Als Franz ſtehen blieb und ſich eine darauf bezügliche
Bemerkung erlaubte, zeigte Emma ein ſehr trauriges Geſicht,
in dem ſich der Ernſt allerdings etwas komiſch ausnahm.
Da ſie aber ihren Groll nicht zu unterdrücken vermochte und
ſchon längſt die Gelegenheit herbeigeſehnt hatte, ihrem Un¬
muth über die neueſten Wandlungen der Dinge einmal gründ¬
lich Luft zu machen, ſo ließ ſie nun den Worten des Aergers
freien Lauf.

Vorerſt geſtand ſie ein, nicht zu begreifen, wie ihre Mama,
die ſie ſo ſehr liebe und welche ſie immer für außerordentlich
vernünftig gehalten habe, es über ſich habe gewinnen können,
auf ihre alten Tage noch einmal zu heirathen; und obendrein
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[54/0066] Lebens eſſen können, ohne ſatt zu werden. Dieſer Burſche, dieſer Ueberläufer!“ . . Die Fauſt ballte ſich, und das Fenſter wurde unſanft zugeſchlagen. Jenſeits der Mauer ſchritt Franz neben den beiden Mädchen langſam dahin. Zuerſt war er ſehr zerſtreut und gab verkehrte Antworten auf die Fragen Emmas, denn ſein Intereſſe wurde durch die Umgehung in Anſpruch genommen. An einzelnen Stellen hatte man bereits Erde aufgeworfen, um den Grund und Boden zu prüfen. Me߬ ſchnüre waren ausgeſpannt, eine Arbeitsbude zeigte ſich. In der Nähe der Mauer zeugte entwurzeltes Strauchwerk von dem Ernſte, mit dem man die Neugeſtaltung zu beginnen ge¬ dachte. Alles deutete darauf hin, daß demnächſt hundert rührige Hände ihre Arbeit beginnen würden, um das, was hier ſtand und die Allmacht der Natur verkündete, dem Boden gleich zu machen. Als Franz ſtehen blieb und ſich eine darauf bezügliche Bemerkung erlaubte, zeigte Emma ein ſehr trauriges Geſicht, in dem ſich der Ernſt allerdings etwas komiſch ausnahm. Da ſie aber ihren Groll nicht zu unterdrücken vermochte und ſchon längſt die Gelegenheit herbeigeſehnt hatte, ihrem Un¬ muth über die neueſten Wandlungen der Dinge einmal gründ¬ lich Luft zu machen, ſo ließ ſie nun den Worten des Aergers freien Lauf. Vorerſt geſtand ſie ein, nicht zu begreifen, wie ihre Mama, die ſie ſo ſehr liebe und welche ſie immer für außerordentlich vernünftig gehalten habe, es über ſich habe gewinnen können, auf ihre alten Tage noch einmal zu heirathen; und obendrein einen ſo häßlichen, wenig ſympathiſchen Menſchen, wie Herr Urban es ſei! Dann ſah ſie ſich zu der Erklärung genöthigt,

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 54. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/66>, abgerufen am 21.11.2024.