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Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888.

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Höllenmusik abgab . . . Na, das war ein netter Skandal!
Die Ohren mußte man sich zuhalten! Es geschah in meinem
benachbarten Revier. Ich konnte von der Straßenecke den
Vorgang deutlich mit ansehen, dachte aber bei mir: was wirst
du dich um die Stunde noch hineinmischen! Es war nämlich
bereits drei Uhr; und außerdem sagte Liebegott zu mir:
"Laß die nur laufen, denn ehe wir dorthin kommen, sind die
längst über alle Berge!"

"So stehen wir Beide denn an der Ecke und sehen dem
Indianertanz zu und fragen uns gegenseitig immer nur das
Eine: Wo mag nur Wenzel stecken? So heißt nämlich
mein Kollege aus dem Revier. Endlich kommt er ange¬
schlurft und gebietet Ruhe. Ja, da war gut Ruhe bieten.
Die ganze Gesellschaft umringte ihn, nannte ihn "Herr
Wachtmeister", "Herr Lieutenant" und "Herr Polizei-Präsi¬
dent"; zuletzt wollten Alle mit ihm eine Weiße trinken gehen.
Dann fragte ihn einer nach seinem Namen und er, gemüthlich
geworden durch die Aussicht auf die Weiße, sagte wie er
heißt. Nun fingen sie alle an das Lied zu singen: "Der
Wenzel kommt, der Wenzel kommt, der Wenzel ist schon
da!" Einige pfiffen dabei auf ihren Stöcken, zwei trompe¬
teten laut gen Himmel und die Anderen paukten ruhig weiter
auf ihre Schilder. Das war denn doch dem Wenzel zu viel.
Er drohte mit dem Arretiren, und als die jungen Herren
nun sahen, daß selbst die Anrede "Herr Oberbürgermeister"
nichts helfe, da wurden sie wieder sehr ungemüthlich, pfiffen
und lärmten noch lauter, nannten ihn einen "Nachtwächter
von Mottenburg", der niemals in seinem Leben anständig be¬
trunken gewesen sei, und verlangten durchaus von ihm, er
solle ihnen den Ort angeben, wo er seinen Spieß gelassen

Höllenmuſik abgab . . . Na, das war ein netter Skandal!
Die Ohren mußte man ſich zuhalten! Es geſchah in meinem
benachbarten Revier. Ich konnte von der Straßenecke den
Vorgang deutlich mit anſehen, dachte aber bei mir: was wirſt
du dich um die Stunde noch hineinmiſchen! Es war nämlich
bereits drei Uhr; und außerdem ſagte Liebegott zu mir:
„Laß die nur laufen, denn ehe wir dorthin kommen, ſind die
längſt über alle Berge!“

„So ſtehen wir Beide denn an der Ecke und ſehen dem
Indianertanz zu und fragen uns gegenſeitig immer nur das
Eine: Wo mag nur Wenzel ſtecken? So heißt nämlich
mein Kollege aus dem Revier. Endlich kommt er ange¬
ſchlurft und gebietet Ruhe. Ja, da war gut Ruhe bieten.
Die ganze Geſellſchaft umringte ihn, nannte ihn „Herr
Wachtmeiſter“, „Herr Lieutenant“ und „Herr Polizei-Präſi¬
dent“; zuletzt wollten Alle mit ihm eine Weiße trinken gehen.
Dann fragte ihn einer nach ſeinem Namen und er, gemüthlich
geworden durch die Ausſicht auf die Weiße, ſagte wie er
heißt. Nun fingen ſie alle an das Lied zu ſingen: „Der
Wenzel kommt, der Wenzel kommt, der Wenzel iſt ſchon
da!“ Einige pfiffen dabei auf ihren Stöcken, zwei trompe¬
teten laut gen Himmel und die Anderen paukten ruhig weiter
auf ihre Schilder. Das war denn doch dem Wenzel zu viel.
Er drohte mit dem Arretiren, und als die jungen Herren
nun ſahen, daß ſelbſt die Anrede „Herr Oberbürgermeiſter“
nichts helfe, da wurden ſie wieder ſehr ungemüthlich, pfiffen
und lärmten noch lauter, nannten ihn einen „Nachtwächter
von Mottenburg“, der niemals in ſeinem Leben anſtändig be¬
trunken geweſen ſei, und verlangten durchaus von ihm, er
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[84/0096] Höllenmuſik abgab . . . Na, das war ein netter Skandal! Die Ohren mußte man ſich zuhalten! Es geſchah in meinem benachbarten Revier. Ich konnte von der Straßenecke den Vorgang deutlich mit anſehen, dachte aber bei mir: was wirſt du dich um die Stunde noch hineinmiſchen! Es war nämlich bereits drei Uhr; und außerdem ſagte Liebegott zu mir: „Laß die nur laufen, denn ehe wir dorthin kommen, ſind die längſt über alle Berge!“ „So ſtehen wir Beide denn an der Ecke und ſehen dem Indianertanz zu und fragen uns gegenſeitig immer nur das Eine: Wo mag nur Wenzel ſtecken? So heißt nämlich mein Kollege aus dem Revier. Endlich kommt er ange¬ ſchlurft und gebietet Ruhe. Ja, da war gut Ruhe bieten. Die ganze Geſellſchaft umringte ihn, nannte ihn „Herr Wachtmeiſter“, „Herr Lieutenant“ und „Herr Polizei-Präſi¬ dent“; zuletzt wollten Alle mit ihm eine Weiße trinken gehen. Dann fragte ihn einer nach ſeinem Namen und er, gemüthlich geworden durch die Ausſicht auf die Weiße, ſagte wie er heißt. Nun fingen ſie alle an das Lied zu ſingen: „Der Wenzel kommt, der Wenzel kommt, der Wenzel iſt ſchon da!“ Einige pfiffen dabei auf ihren Stöcken, zwei trompe¬ teten laut gen Himmel und die Anderen paukten ruhig weiter auf ihre Schilder. Das war denn doch dem Wenzel zu viel. Er drohte mit dem Arretiren, und als die jungen Herren nun ſahen, daß ſelbſt die Anrede „Herr Oberbürgermeiſter“ nichts helfe, da wurden ſie wieder ſehr ungemüthlich, pfiffen und lärmten noch lauter, nannten ihn einen „Nachtwächter von Mottenburg“, der niemals in ſeinem Leben anſtändig be¬ trunken geweſen ſei, und verlangten durchaus von ihm, er ſolle ihnen den Ort angeben, wo er ſeinen Spieß gelaſſen

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Zitationshilfe: Kretzer, Max: Meister Timpe. Berlin, 1888, S. 84. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/kretzer_timpe_1888/96>, abgerufen am 21.11.2024.