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Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907.

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ich und jene Amalie waren, eine gute Gelegenheit Fräul. Erlenwein zu begleiten und ihr meinen Schutz auf ihrem abendlichen, weiten Heimwege anzubieten. Sie wies mich ängstlich ab. Ich bat, mich noch wenige Schritte zu dulden bis zu einer gewissen Stelle, wo sie dann entweder: gerade aus! oder: links um! kommandieren möge. Und sie kommandierte: links um! Also hätte ich mir sagen können: du hast deinen Korb! sagte aber: aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn ich war doch ziemlich sicher, zu meiner Herzdame so etwas wie Herzkönig zu sein. Und richtig kam auch sehr rasch ein Vertrauensmann an mich heran mit der Frage, ob ich böse sei? und da ich lachend das Gegentheil versicherte, erschien nach wenig Stunden mein Schwager in spe und lud mich ein, mit ihm gerade aus auf den Kaplaneihof zu gehen, wo am Abend des 25 Juli 1859 ein Brautpaar den Papa Erlenwein um seinen Segen bat. Mein Vater hatte meine Wahl mit Freuden gebilligt.

Im Vorhofe des Ehestandes wurden wir alle Tage glücklicher, dies sagten wir uns einander sehr oft und immer nachdrücklicher, beschlossen aber mir den täglichen Weg von Zweibrücken nach dem Kaplaneihof so bald als möglich zu ersparen und in den ersten Ferien Hochzeit zu machen. Die Weihnachtsferien lagen gerade weit genug weg, um noch alle Besorgungen und Arbeiten zur Einrichtung des neuen Haushaltes bis dahin zu beendigen. Und so wurde der 29. Dez. 1859 als Hochzeitstag festgesetzt und eingehalten.

In Begleitung unserer Väter und Trauzeugen fuhren wir durch das von Hochwasser überfluthete Wiesenthal nach Bubenhausen, wo auf dem Bürgermeisteramte der Zivilstands-Akt zu vollziehen war. Bei der vorgeschriebenen Verlesung des Abschnittes von der Ehe im code civil zitterte meine liebe, an mich gelehnte Braut bei der Aufzählung all der schrecklichen Möglichkeiten im Eheleben und der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen. Die Väter und Trauzeugen hatten ihr Alter anzugeben. Als der letzte es gethan, korrigierte er sich und sagte: wenn man es genau nimmt, bin ich ein Jahr älter; worauf die übrigen der Reihe nach bekannten, dass sie 1 oder 2 Jahre älter seien, als angegeben. Ein schallendes Gelächter über diese Verjüngungs-Versuche unterbrach den höchst nüchternen Akt und hob die Stimmung. Dann ging es - aber nicht wieder

ich und jene Amalie waren, eine gute Gelegenheit Fräul. Erlenwein zu begleiten und ihr meinen Schutz auf ihrem abendlichen, weiten Heimwege anzubieten. Sie wies mich ängstlich ab. Ich bat, mich noch wenige Schritte zu dulden bis zu einer gewissen Stelle, wo sie dann entweder: gerade aus! oder: links um! kommandieren möge. Und sie kommandierte: links um! Also hätte ich mir sagen können: du hast deinen Korb! sagte aber: aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn ich war doch ziemlich sicher, zu meiner Herzdame so etwas wie Herzkönig zu sein. Und richtig kam auch sehr rasch ein Vertrauensmann an mich heran mit der Frage, ob ich böse sei? und da ich lachend das Gegentheil versicherte, erschien nach wenig Stunden mein Schwager in spe und lud mich ein, mit ihm gerade aus auf den Kaplaneihof zu gehen, wo am Abend des 25 Juli 1859 ein Brautpaar den Papa Erlenwein um seinen Segen bat. Mein Vater hatte meine Wahl mit Freuden gebilligt.

Im Vorhofe des Ehestandes wurden wir alle Tage glücklicher, dies sagten wir uns einander sehr oft und immer nachdrücklicher, beschlossen aber mir den täglichen Weg von Zweibrücken nach dem Kaplaneihof so bald als möglich zu ersparen und in den ersten Ferien Hochzeit zu machen. Die Weihnachtsferien lagen gerade weit genug weg, um noch alle Besorgungen und Arbeiten zur Einrichtung des neuen Haushaltes bis dahin zu beendigen. Und so wurde der 29. Dez. 1859 als Hochzeitstag festgesetzt und eingehalten.

In Begleitung unserer Väter und Trauzeugen fuhren wir durch das von Hochwasser überfluthete Wiesenthal nach Bubenhausen, wo auf dem Bürgermeisteramte der Zivilstands-Akt zu vollziehen war. Bei der vorgeschriebenen Verlesung des Abschnittes von der Ehe im code civil zitterte meine liebe, an mich gelehnte Braut bei der Aufzählung all der schrecklichen Möglichkeiten im Eheleben und der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen. Die Väter und Trauzeugen hatten ihr Alter anzugeben. Als der letzte es gethan, korrigierte er sich und sagte: wenn man es genau nimmt, bin ich ein Jahr älter; worauf die übrigen der Reihe nach bekannten, dass sie 1 oder 2 Jahre älter seien, als angegeben. Ein schallendes Gelächter über diese Verjüngungs-Versuche unterbrach den höchst nüchternen Akt und hob die Stimmung. Dann ging es – aber nicht wieder

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ich und jene Amalie waren, eine gute Gelegenheit Fräul. Erlenwein zu begleiten und ihr meinen Schutz auf ihrem abendlichen, weiten Heimwege anzubieten. Sie wies mich ängstlich ab. Ich bat, mich noch wenige Schritte zu dulden bis zu einer gewissen Stelle, wo sie dann entweder: gerade aus! oder: links um! kommandieren möge. Und sie kommandierte: links um! Also hätte ich mir sagen können: du hast deinen Korb! sagte aber: aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn ich war doch ziemlich sicher, zu meiner Herzdame so etwas wie Herzkönig zu sein. Und richtig kam auch sehr rasch ein Vertrauensmann an mich heran mit der Frage, ob ich böse sei? und da ich lachend das Gegentheil versicherte, erschien nach wenig Stunden mein Schwager in spe und lud mich ein, mit ihm gerade aus auf den Kaplaneihof zu gehen, wo am Abend des 25 Juli 1859 ein Brautpaar den Papa Erlenwein um seinen Segen bat. Mein Vater hatte meine Wahl mit Freuden gebilligt.</p>
        <p>Im Vorhofe des Ehestandes wurden wir alle Tage glücklicher, dies sagten wir uns einander sehr oft und immer nachdrücklicher, beschlossen aber mir den täglichen Weg von Zweibrücken nach dem Kaplaneihof so bald als möglich zu ersparen und in den ersten Ferien Hochzeit zu machen. Die Weihnachtsferien lagen gerade weit genug weg, um noch alle Besorgungen und Arbeiten zur Einrichtung des neuen Haushaltes bis dahin zu beendigen. Und so wurde der 29. Dez. 1859 als Hochzeitstag festgesetzt und eingehalten.</p>
        <p>In Begleitung unserer Väter und Trauzeugen fuhren wir durch das von Hochwasser überfluthete Wiesenthal nach Bubenhausen, wo auf dem Bürgermeisteramte der Zivilstands-Akt zu vollziehen war. Bei der vorgeschriebenen Verlesung des Abschnittes von der Ehe im code civil zitterte meine liebe, an mich gelehnte Braut bei der Aufzählung all der schrecklichen Möglichkeiten im Eheleben und der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen. Die Väter und Trauzeugen hatten ihr Alter anzugeben. Als der letzte es gethan, korrigierte er sich und sagte: wenn man es genau nimmt, bin ich ein Jahr älter; worauf die übrigen der Reihe nach bekannten, dass sie 1 oder 2 Jahre älter seien, als angegeben. Ein schallendes Gelächter über diese Verjüngungs-Versuche unterbrach den höchst nüchternen Akt und hob die Stimmung. Dann ging es &#x2013; aber nicht wieder
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[66/0066] ich und jene Amalie waren, eine gute Gelegenheit Fräul. Erlenwein zu begleiten und ihr meinen Schutz auf ihrem abendlichen, weiten Heimwege anzubieten. Sie wies mich ängstlich ab. Ich bat, mich noch wenige Schritte zu dulden bis zu einer gewissen Stelle, wo sie dann entweder: gerade aus! oder: links um! kommandieren möge. Und sie kommandierte: links um! Also hätte ich mir sagen können: du hast deinen Korb! sagte aber: aufgeschoben ist nicht aufgehoben, denn ich war doch ziemlich sicher, zu meiner Herzdame so etwas wie Herzkönig zu sein. Und richtig kam auch sehr rasch ein Vertrauensmann an mich heran mit der Frage, ob ich böse sei? und da ich lachend das Gegentheil versicherte, erschien nach wenig Stunden mein Schwager in spe und lud mich ein, mit ihm gerade aus auf den Kaplaneihof zu gehen, wo am Abend des 25 Juli 1859 ein Brautpaar den Papa Erlenwein um seinen Segen bat. Mein Vater hatte meine Wahl mit Freuden gebilligt. Im Vorhofe des Ehestandes wurden wir alle Tage glücklicher, dies sagten wir uns einander sehr oft und immer nachdrücklicher, beschlossen aber mir den täglichen Weg von Zweibrücken nach dem Kaplaneihof so bald als möglich zu ersparen und in den ersten Ferien Hochzeit zu machen. Die Weihnachtsferien lagen gerade weit genug weg, um noch alle Besorgungen und Arbeiten zur Einrichtung des neuen Haushaltes bis dahin zu beendigen. Und so wurde der 29. Dez. 1859 als Hochzeitstag festgesetzt und eingehalten. In Begleitung unserer Väter und Trauzeugen fuhren wir durch das von Hochwasser überfluthete Wiesenthal nach Bubenhausen, wo auf dem Bürgermeisteramte der Zivilstands-Akt zu vollziehen war. Bei der vorgeschriebenen Verlesung des Abschnittes von der Ehe im code civil zitterte meine liebe, an mich gelehnte Braut bei der Aufzählung all der schrecklichen Möglichkeiten im Eheleben und der hierfür vorgesehenen gesetzlichen Bestimmungen. Die Väter und Trauzeugen hatten ihr Alter anzugeben. Als der letzte es gethan, korrigierte er sich und sagte: wenn man es genau nimmt, bin ich ein Jahr älter; worauf die übrigen der Reihe nach bekannten, dass sie 1 oder 2 Jahre älter seien, als angegeben. Ein schallendes Gelächter über diese Verjüngungs-Versuche unterbrach den höchst nüchternen Akt und hob die Stimmung. Dann ging es – aber nicht wieder

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Zitationshilfe: Krieger, Ernst: [Lebenserinnerungen des Ernst Krieger]. Um 1907, S. 66. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krieger_lebenserinnerungen_1907/66>, abgerufen am 28.11.2024.