Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.Fräulein Wilhelmine halten. Er wollte das Fräulein erst in seiner Bibliotheck vor- nehmen, aber Tempelstolz wollte es nicht leiden, daß er sie mitten in seiner Gelehr- samkeit vornehmen sollte, darum habe ich ihm dieselben heimlich hieher bringen müs- sen. (er will die Bücher auf den Tisch setzen, läßt aber eins davon fallen) Wo mein Herr dis sähe, so wär ich unglücklich; er würde gewiß die arme Postille so nachdrücklich an meinem Puckel rächen, daß ich fast selbst glauben sollte, ich hätte mich an derselben versündiget. (er stellt die Postillen ausrecht auf den Tisch an einer Ecke.) Herr v. R. Aber habt ihr die Frau Conrecktorin schon in ein Zimmer geführet, wo sie so lange verborgen bleiben kan? Peter. Ja, mein Herr von Roseneck. Jch habe ihr auch schon ein paar Krüge Bier ge- bracht, worin sie tapfer gezogen, weil sie nicht nur den Durst stillen wollte, sondern auch glaubte, Tempelstolzen desto herzhafter be- gegnen zu können. Doch da kommt mein Herr, lassen sie sich beyleibe noch nicht das geringste gegen ihn merken (geht ab.) Fünfter Auftritt. Hr. v. Ros. Muffel mit Büchern, Wahrm. Muffel. (Setzt die Bücher geschwinde auf den Tisch, macht einige Creutze drüber und sagt für sich:) O weh! da ist der Philosoph, wo mir der die Postillen behext, daß sie mir bey der
Fraͤulein Wilhelmine halten. Er wollte das Fraͤulein erſt in ſeiner Bibliotheck vor- nehmen, aber Tempelſtolz wollte es nicht leiden, daß er ſie mitten in ſeiner Gelehr- ſamkeit vornehmen ſollte, darum habe ich ihm dieſelben heimlich hieher bringen muͤſ- ſen. (er will die Buͤcher auf den Tiſch ſetzen, laͤßt aber eins davon fallen) Wo mein Herr dis ſaͤhe, ſo waͤr ich ungluͤcklich; er wuͤrde gewiß die arme Poſtille ſo nachdruͤcklich an meinem Puckel raͤchen, daß ich faſt ſelbſt glauben ſollte, ich haͤtte mich an derſelben verſuͤndiget. (er ſtellt die Poſtillen auſrecht auf den Tiſch an einer Ecke.) Herr v. R. Aber habt ihr die Frau Conrecktorin ſchon in ein Zimmer gefuͤhret, wo ſie ſo lange verborgen bleiben kan? Peter. Ja, mein Herr von Roſeneck. Jch habe ihr auch ſchon ein paar Kruͤge Bier ge- bracht, worin ſie tapfer gezogen, weil ſie nicht nur den Durſt ſtillen wollte, ſondern auch glaubte, Tempelſtolzen deſto herzhafter be- gegnen zu koͤnnen. Doch da kommt mein Herr, laſſen ſie ſich beyleibe noch nicht das geringſte gegen ihn merken (geht ab.) Fuͤnfter Auftritt. Hr. v. Roſ. Muffel mit Buͤchern, Wahrm. Muffel. (Setzt die Buͤcher geſchwinde auf den Tiſch, macht einige Creutze druͤber und ſagt fuͤr ſich:) O weh! da iſt der Philoſoph, wo mir der die Poſtillen behext, daß ſie mir bey der
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <sp who="#PET"> <p><pb facs="#f0108" n="104"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/> Fraͤulein Wilhelmine halten. Er wollte<lb/> das Fraͤulein erſt in ſeiner Bibliotheck vor-<lb/> nehmen, aber Tempelſtolz wollte es nicht<lb/> leiden, daß er ſie mitten in ſeiner Gelehr-<lb/> ſamkeit vornehmen ſollte, darum habe ich<lb/> ihm dieſelben heimlich hieher bringen muͤſ-<lb/> ſen. <stage>(er will die Buͤcher auf den Tiſch ſetzen,<lb/> laͤßt aber eins davon fallen)</stage> Wo mein Herr<lb/> dis ſaͤhe, ſo waͤr ich ungluͤcklich; er wuͤrde<lb/> gewiß die arme Poſtille ſo nachdruͤcklich an<lb/> meinem Puckel raͤchen, daß ich faſt ſelbſt<lb/> glauben ſollte, ich haͤtte mich an derſelben<lb/> verſuͤndiget.</p> <stage>(er ſtellt die Poſtillen auſrecht<lb/> auf den Tiſch an einer Ecke.)</stage> </sp><lb/> <sp who="#HVR"> <speaker>Herr v. R.</speaker> <p>Aber habt ihr die Frau Conrecktorin<lb/> ſchon in ein Zimmer gefuͤhret, wo ſie ſo lange<lb/> verborgen bleiben kan?</p> </sp><lb/> <sp who="#PET"> <speaker>Peter.</speaker> <p>Ja, mein Herr von Roſeneck. Jch habe<lb/> ihr auch ſchon ein paar Kruͤge Bier ge-<lb/> bracht, worin ſie tapfer gezogen, weil ſie nicht<lb/> nur den Durſt ſtillen wollte, ſondern auch<lb/> glaubte, Tempelſtolzen deſto herzhafter be-<lb/> gegnen zu koͤnnen. Doch da kommt mein<lb/> Herr, laſſen ſie ſich beyleibe noch nicht das<lb/> geringſte gegen ihn merken</p> <stage> <hi rendition="#et">(geht ab.)</hi> </stage> </sp> </div><lb/> <div n="2"> <head> <hi rendition="#b">Fuͤnfter Auftritt.</hi> </head><lb/> <stage> <hi rendition="#c"> <hi rendition="#fr">Hr. v. Roſ. Muffel mit Buͤchern, Wahrm.</hi> </hi> </stage><lb/> <sp who="#MUF"> <speaker>Muffel.</speaker> <stage>(Setzt die Buͤcher geſchwinde auf den<lb/> Tiſch, macht einige Creutze druͤber und ſagt<lb/> fuͤr ſich:)</stage> <p>O weh! da iſt der Philoſoph, wo<lb/> mir der die Poſtillen behext, daß ſie mir bey<lb/> <fw place="bottom" type="catch">der</fw><lb/></p> </sp> </div> </div> </body> </text> </TEI> [104/0108]
Fraͤulein Wilhelmine halten. Er wollte
das Fraͤulein erſt in ſeiner Bibliotheck vor-
nehmen, aber Tempelſtolz wollte es nicht
leiden, daß er ſie mitten in ſeiner Gelehr-
ſamkeit vornehmen ſollte, darum habe ich
ihm dieſelben heimlich hieher bringen muͤſ-
ſen. (er will die Buͤcher auf den Tiſch ſetzen,
laͤßt aber eins davon fallen) Wo mein Herr
dis ſaͤhe, ſo waͤr ich ungluͤcklich; er wuͤrde
gewiß die arme Poſtille ſo nachdruͤcklich an
meinem Puckel raͤchen, daß ich faſt ſelbſt
glauben ſollte, ich haͤtte mich an derſelben
verſuͤndiget. (er ſtellt die Poſtillen auſrecht
auf den Tiſch an einer Ecke.)
Herr v. R. Aber habt ihr die Frau Conrecktorin
ſchon in ein Zimmer gefuͤhret, wo ſie ſo lange
verborgen bleiben kan?
Peter. Ja, mein Herr von Roſeneck. Jch habe
ihr auch ſchon ein paar Kruͤge Bier ge-
bracht, worin ſie tapfer gezogen, weil ſie nicht
nur den Durſt ſtillen wollte, ſondern auch
glaubte, Tempelſtolzen deſto herzhafter be-
gegnen zu koͤnnen. Doch da kommt mein
Herr, laſſen ſie ſich beyleibe noch nicht das
geringſte gegen ihn merken (geht ab.)
Fuͤnfter Auftritt.
Hr. v. Roſ. Muffel mit Buͤchern, Wahrm.
Muffel. (Setzt die Buͤcher geſchwinde auf den
Tiſch, macht einige Creutze druͤber und ſagt
fuͤr ſich:) O weh! da iſt der Philoſoph, wo
mir der die Poſtillen behext, daß ſie mir bey
der
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |