Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.streben sich fromm und exemplarisch zu leben? Muffel. Weh! Weh! Weh! werd ich über sie schreyen müssen, Herr von Roseneck, wo sie mich durch diese Lobsprüche zum geistlichen Hochmuthe verleiten, Die Leu- te beschreyen mich zwar alle als einen from- men, heiligen Mann; aber dis giebt ihnen der Satan ein, er will mich durch diese Locksprache zum geistlichen, stinkenden Hochmuthe verführen. Ach! nein, mein Herr von Roseneck, ich bin ein armer Sünder! der gröste unter den grösten Sündern. Herr v. R. Jch hab auch noch nicht gesagt, daß sie fromm und heilig wären. Denn es ist nicht nöthig, daß man den Geistlichen schmei- chelt, sie glauben ohnedem gern zu viel von sich. Jch frage sie nur, ob sie sich nicht bestreben, fromm zu seyn. Muffel. Jch ringe zwar nach diesem edlen Klei- nod, aber ich hab es noch nicht errungen. Herr v. R. Verbindet sie die Frömmigkeit nicht auch zur Großmuth? Muffel. Die Großmuth ist eine Tugend aus der Schule des Satans! nein; fein de- müthig! fein demüthig! denn gleichwie ge- schrieben stehet - - - Herr v. R. Eine Frömmigkeit ohne Großmuth? diese Frömmigkeit will ich gerne ihnen und dem Pöbel überlassen. Sie bestreben sich also, demüthig zu seyn? Muffel.
ſtreben ſich fromm und exemplariſch zu leben? Muffel. Weh! Weh! Weh! werd ich uͤber ſie ſchreyen muͤſſen, Herr von Roſeneck, wo ſie mich durch dieſe Lobſpruͤche zum geiſtlichen Hochmuthe verleiten, Die Leu- te beſchreyen mich zwar alle als einen from- men, heiligen Mann; aber dis giebt ihnen der Satan ein, er will mich durch dieſe Lockſprache zum geiſtlichen, ſtinkenden Hochmuthe verfuͤhren. Ach! nein, mein Herr von Roſeneck, ich bin ein armer Suͤnder! der groͤſte unter den groͤſten Suͤndern. Herr v. R. Jch hab auch noch nicht geſagt, daß ſie fromm und heilig waͤren. Denn es iſt nicht noͤthig, daß man den Geiſtlichen ſchmei- chelt, ſie glauben ohnedem gern zu viel von ſich. Jch frage ſie nur, ob ſie ſich nicht beſtreben, fromm zu ſeyn. Muffel. Jch ringe zwar nach dieſem edlen Klei- nod, aber ich hab es noch nicht errungen. Herr v. R. Verbindet ſie die Froͤmmigkeit nicht auch zur Großmuth? Muffel. Die Großmuth iſt eine Tugend aus der Schule des Satans! nein; fein de- muͤthig! fein demuͤthig! denn gleichwie ge- ſchrieben ſtehet ‒ ‒ ‒ Herr v. R. Eine Froͤmmigkeit ohne Großmuth? dieſe Froͤmmigkeit will ich gerne ihnen und dem Poͤbel uͤberlaſſen. Sie beſtreben ſich alſo, demuͤthig zu ſeyn? Muffel.
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wo ſie mich durch dieſe Lobſpruͤche zum
geiſtlichen Hochmuthe verleiten, Die Leu-
te beſchreyen mich zwar alle als einen from-
men, heiligen Mann; aber dis giebt ihnen
der Satan ein, er will mich durch dieſe
Lockſprache zum geiſtlichen, ſtinkenden
Hochmuthe verfuͤhren. Ach! nein, mein
Herr von Roſeneck, ich bin ein armer
Suͤnder! der groͤſte unter den groͤſten
Suͤndern.
Herr v. R. Jch hab auch noch nicht geſagt, daß
ſie fromm und heilig waͤren. Denn es iſt
nicht noͤthig, daß man den Geiſtlichen ſchmei-
chelt, ſie glauben ohnedem gern zu viel von
ſich. Jch frage ſie nur, ob ſie ſich nicht
beſtreben, fromm zu ſeyn.
Muffel. Jch ringe zwar nach dieſem edlen Klei-
nod, aber ich hab es noch nicht errungen.
Herr v. R. Verbindet ſie die Froͤmmigkeit nicht
auch zur Großmuth?
Muffel. Die Großmuth iſt eine Tugend aus
der Schule des Satans! nein; fein de-
muͤthig! fein demuͤthig! denn gleichwie ge-
ſchrieben ſtehet ‒ ‒ ‒
Herr v. R. Eine Froͤmmigkeit ohne Großmuth?
dieſe Froͤmmigkeit will ich gerne ihnen und
dem Poͤbel uͤberlaſſen. Sie beſtreben ſich
alſo, demuͤthig zu ſeyn?
Muffel.
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