Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.dem Kirchhof zu, aber mich grauete so sehr, daß ich wieder umkehren muste. Cathrine. Du furchtsamer Hase! (lacht) Peter. Ja, da war bey mir kein Lachen. Zum Glücke war ich so listig, daß ich heimlich unsers Herrn Mantel und Kragen aus der Stube nahm, denn er schlief eben einen Rausch aus. Was meinst du nun? als ich den Mantel umgeschmissen hatte, ward ich auf einmal so dreiste, daß ich mich auch vor tausend Teufeln auf dem Kirchhofe nicht gefürchtet hätte. Ja, es war nicht anders, als wenn ich für lauter Weißheit hätte bersten sollen. Jch wollte gar zu gern meine Waaren an den Mann brin- gen, aber ich hatte keine Zuhörer. Zum guten Glücke kam ich, ehe ich noch geborsten war, auf die Wiese zu den Pferden. Jch kan dir nicht sagen, Cathrine, was ich für hohe Sachen mit unserm schwarzen Heng- ste gesprochen habe. Er hörte recht andäch- tig zu, und mir floß alles so geschwinde zu, daß ich selbst nicht wuste, wo alles herkam, Ja, das dauerte von der Wiese bis in den Stall. Sobald ich aber den Mantel und den Kragen abgelegt hatte, so wuste ich kein Wort mehr zu reden, und wurde so müde, daß ich mich den Augenblick zu Bette legen muste. Gelt, die Weißheit und die Be- redsamkeit haben im Mantel gesteckt? Cathrine. Ha! ha! ha! du wirst wohl beydes schon aus der Schenke mitgebracht haben. Aber
dem Kirchhof zu, aber mich grauete ſo ſehr, daß ich wieder umkehren muſte. Cathrine. Du furchtſamer Haſe! (lacht) Peter. Ja, da war bey mir kein Lachen. Zum Gluͤcke war ich ſo liſtig, daß ich heimlich unſers Herrn Mantel und Kragen aus der Stube nahm, denn er ſchlief eben einen Rauſch aus. Was meinſt du nun? als ich den Mantel umgeſchmiſſen hatte, ward ich auf einmal ſo dreiſte, daß ich mich auch vor tauſend Teufeln auf dem Kirchhofe nicht gefuͤrchtet haͤtte. Ja, es war nicht anders, als wenn ich fuͤr lauter Weißheit haͤtte berſten ſollen. Jch wollte gar zu gern meine Waaren an den Mann brin- gen, aber ich hatte keine Zuhoͤrer. Zum guten Gluͤcke kam ich, ehe ich noch geborſten war, auf die Wieſe zu den Pferden. Jch kan dir nicht ſagen, Cathrine, was ich fuͤr hohe Sachen mit unſerm ſchwarzen Heng- ſte geſprochen habe. Er hoͤrte recht andaͤch- tig zu, und mir floß alles ſo geſchwinde zu, daß ich ſelbſt nicht wuſte, wo alles herkam, Ja, das dauerte von der Wieſe bis in den Stall. Sobald ich aber den Mantel und den Kragen abgelegt hatte, ſo wuſte ich kein Wort mehr zu reden, und wurde ſo muͤde, daß ich mich den Augenblick zu Bette legen muſte. Gelt, die Weißheit und die Be- redſamkeit haben im Mantel geſteckt? Cathrine. Ha! ha! ha! du wirſt wohl beydes ſchon aus der Schenke mitgebracht haben. Aber
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dem Kirchhof zu, aber mich grauete ſo ſehr,
daß ich wieder umkehren muſte.
Cathrine. Du furchtſamer Haſe! (lacht)
Peter. Ja, da war bey mir kein Lachen. Zum
Gluͤcke war ich ſo liſtig, daß ich heimlich
unſers Herrn Mantel und Kragen aus der
Stube nahm, denn er ſchlief eben einen
Rauſch aus. Was meinſt du nun? als
ich den Mantel umgeſchmiſſen hatte, ward
ich auf einmal ſo dreiſte, daß ich mich auch
vor tauſend Teufeln auf dem Kirchhofe
nicht gefuͤrchtet haͤtte. Ja, es war nicht
anders, als wenn ich fuͤr lauter Weißheit
haͤtte berſten ſollen. Jch wollte gar zu
gern meine Waaren an den Mann brin-
gen, aber ich hatte keine Zuhoͤrer. Zum
guten Gluͤcke kam ich, ehe ich noch geborſten
war, auf die Wieſe zu den Pferden. Jch
kan dir nicht ſagen, Cathrine, was ich fuͤr
hohe Sachen mit unſerm ſchwarzen Heng-
ſte geſprochen habe. Er hoͤrte recht andaͤch-
tig zu, und mir floß alles ſo geſchwinde zu,
daß ich ſelbſt nicht wuſte, wo alles herkam,
Ja, das dauerte von der Wieſe bis in den
Stall. Sobald ich aber den Mantel und
den Kragen abgelegt hatte, ſo wuſte ich kein
Wort mehr zu reden, und wurde ſo muͤde,
daß ich mich den Augenblick zu Bette legen
muſte. Gelt, die Weißheit und die Be-
redſamkeit haben im Mantel geſteckt?
Cathrine. Ha! ha! ha! du wirſt wohl beydes
ſchon aus der Schenke mitgebracht haben.
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