Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.ren gehen. Und nach einigen andern der- gleichen geistlichen Reden fieng er die erste Abendbetstunde mit einem Liede an. Mit diesen Betstunden fuhr er bis auf den Sonnabend auf einerley Weise fort. Ausser daß er sich in jeder Betstunde eine Freyheit mehr heraus nahm. Jn der er- sten blieb es dabey, daß er mir ans Herze fühlte. Jn der andern drückte er mir die Hände, streichelte mir die Backen, aber immer auf solche Art, als wenn es sein Eyfer für meine Bekehrung so mit sich brächte. Dieses währete weiter so fort, bis er mich den Donnerstag küssen, und ich ihm still halten lernte. Peter. Welchen Tag habt ihr denn für den kleinen Butterkuchen aufbehalten? Cathrine. Dazu hatte er den Sonnabend aus- gesetzt. Peter. Den Sonnabend? wie hat er denn da die Zeit übrig gehabt? da hat er ja auf den Sonntag studiren müssen? Cathrine. Dafür hat er auch die Abendbet- stunde mit mir nur halb gehalten. Denn als wir eben niederknien wollten, so that er mir seinen Liebesantrag, über welchen ich anfänglich nicht wenig erschrack. Jch suchte ihn auch theils durch Bitten, theils durch Anführung seiner eigenen Worte, davon abzubringen; aber vergebens. Er antwortete ganz trotzig; Ein Geistlicher könne nicht sündigen, sein Amt mache alle Schand-
ren gehen. Und nach einigen andern der- gleichen geiſtlichen Reden fieng er die erſte Abendbetſtunde mit einem Liede an. Mit dieſen Betſtunden fuhr er bis auf den Sonnabend auf einerley Weiſe fort. Auſſer daß er ſich in jeder Betſtunde eine Freyheit mehr heraus nahm. Jn der er- ſten blieb es dabey, daß er mir ans Herze fuͤhlte. Jn der andern druͤckte er mir die Haͤnde, ſtreichelte mir die Backen, aber immer auf ſolche Art, als wenn es ſein Eyfer fuͤr meine Bekehrung ſo mit ſich braͤchte. Dieſes waͤhrete weiter ſo fort, bis er mich den Donnerſtag kuͤſſen, und ich ihm ſtill halten lernte. Peter. Welchen Tag habt ihr denn fuͤr den kleinen Butterkuchen aufbehalten? Cathrine. Dazu hatte er den Sonnabend aus- geſetzt. Peter. Den Sonnabend? wie hat er denn da die Zeit uͤbrig gehabt? da hat er ja auf den Sonntag ſtudiren muͤſſen? Cathrine. Dafuͤr hat er auch die Abendbet- ſtunde mit mir nur halb gehalten. Denn als wir eben niederknien wollten, ſo that er mir ſeinen Liebesantrag, uͤber welchen ich anfaͤnglich nicht wenig erſchrack. Jch ſuchte ihn auch theils durch Bitten, theils durch Anfuͤhrung ſeiner eigenen Worte, davon abzubringen; aber vergebens. Er antwortete ganz trotzig; Ein Geiſtlicher koͤnne nicht ſuͤndigen, ſein Amt mache alle Schand-
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ren gehen. Und nach einigen andern der-
gleichen geiſtlichen Reden fieng er die erſte
Abendbetſtunde mit einem Liede an. Mit
dieſen Betſtunden fuhr er bis auf den
Sonnabend auf einerley Weiſe fort.
Auſſer daß er ſich in jeder Betſtunde eine
Freyheit mehr heraus nahm. Jn der er-
ſten blieb es dabey, daß er mir ans Herze
fuͤhlte. Jn der andern druͤckte er mir die
Haͤnde, ſtreichelte mir die Backen, aber
immer auf ſolche Art, als wenn es ſein
Eyfer fuͤr meine Bekehrung ſo mit ſich
braͤchte. Dieſes waͤhrete weiter ſo fort,
bis er mich den Donnerſtag kuͤſſen, und ich
ihm ſtill halten lernte.
Peter. Welchen Tag habt ihr denn fuͤr den
kleinen Butterkuchen aufbehalten?
Cathrine. Dazu hatte er den Sonnabend aus-
geſetzt.
Peter. Den Sonnabend? wie hat er denn da
die Zeit uͤbrig gehabt? da hat er ja auf den
Sonntag ſtudiren muͤſſen?
Cathrine. Dafuͤr hat er auch die Abendbet-
ſtunde mit mir nur halb gehalten. Denn
als wir eben niederknien wollten, ſo that
er mir ſeinen Liebesantrag, uͤber welchen
ich anfaͤnglich nicht wenig erſchrack. Jch
ſuchte ihn auch theils durch Bitten, theils
durch Anfuͤhrung ſeiner eigenen Worte,
davon abzubringen; aber vergebens. Er
antwortete ganz trotzig; Ein Geiſtlicher
koͤnne nicht ſuͤndigen, ſein Amt mache alle
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