Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743. Muffel. Die gnädige Frau hat der Wahrheit nichts zuwider gethan. Tempelst. Jch habe nur meine Concordanz nicht bey mir, sonst wollt ich es ihnen be- weisen. Holen sie nur ihre so lange, Herr Confrater. Muffel. Sie soll gleich hier seyn. Doch, ich besinne mich, ich habe sie neulich in der Schenke vergessen. Fr. v. B. Ey! was haben sie denn in der Schenke zu thun, Herr Muffel? Muffel. Der Krüger hatte einen Gewissens- serupel, den muste ich ihm heben. Fr. v. B. Das ist ein anders! hören sie meine liebe Herren, ich will den Streit so beyle- gen, daß keinem Unrecht geschehen soll. Wie ich merke, so ist meine Tochter unter die Philosophen gerathen, und hat sich von der Weltweißheit ganz einnehmen lassen. Wer sie nun von ihnen beyden wieder auf den rechten Weg bringen kan, der soll so- gleich Verlöbniß mit ihr halten. Muffel. O gnädiges Fräulein, so erlauben sie mir, daß ich zum Voraus ihre schöne Hand küsse, denn ich werde gewiß gewinnen. Tempelst. (reißt ihn weg) Machen sie sich nur immer zu unserm Verlöbnisse bereit, Fräu- lein, denn ich werde ihnen die Hölle recht heiß machen. Jch weiß am besten, wie man das philosophische Unkraut dämpfen muß, ich will es mit sammt der Wurtzel ausrotten. Muffel.
Muffel. Die gnaͤdige Frau hat der Wahrheit nichts zuwider gethan. Tempelſt. Jch habe nur meine Concordanz nicht bey mir, ſonſt wollt ich es ihnen be- weiſen. Holen ſie nur ihre ſo lange, Herr Confrater. Muffel. Sie ſoll gleich hier ſeyn. Doch, ich beſinne mich, ich habe ſie neulich in der Schenke vergeſſen. Fr. v. B. Ey! was haben ſie denn in der Schenke zu thun, Herr Muffel? Muffel. Der Kruͤger hatte einen Gewiſſens- ſerupel, den muſte ich ihm heben. Fr. v. B. Das iſt ein anders! hoͤren ſie meine liebe Herren, ich will den Streit ſo beyle- gen, daß keinem Unrecht geſchehen ſoll. Wie ich merke, ſo iſt meine Tochter unter die Philoſophen gerathen, und hat ſich von der Weltweißheit ganz einnehmen laſſen. Wer ſie nun von ihnen beyden wieder auf den rechten Weg bringen kan, der ſoll ſo- gleich Verloͤbniß mit ihr halten. Muffel. O gnaͤdiges Fraͤulein, ſo erlauben ſie mir, daß ich zum Voraus ihre ſchoͤne Hand kuͤſſe, denn ich werde gewiß gewinnen. Tempelſt. (reißt ihn weg) Machen ſie ſich nur immer zu unſerm Verloͤbniſſe bereit, Fraͤu- lein, denn ich werde ihnen die Hoͤlle recht heiß machen. Jch weiß am beſten, wie man das philoſophiſche Unkraut daͤmpfen muß, ich will es mit ſammt der Wurtzel ausrotten. Muffel.
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Muffel. Die gnaͤdige Frau hat der Wahrheit
nichts zuwider gethan.
Tempelſt. Jch habe nur meine Concordanz
nicht bey mir, ſonſt wollt ich es ihnen be-
weiſen. Holen ſie nur ihre ſo lange, Herr
Confrater.
Muffel. Sie ſoll gleich hier ſeyn. Doch, ich
beſinne mich, ich habe ſie neulich in der
Schenke vergeſſen.
Fr. v. B. Ey! was haben ſie denn in der
Schenke zu thun, Herr Muffel?
Muffel. Der Kruͤger hatte einen Gewiſſens-
ſerupel, den muſte ich ihm heben.
Fr. v. B. Das iſt ein anders! hoͤren ſie meine
liebe Herren, ich will den Streit ſo beyle-
gen, daß keinem Unrecht geſchehen ſoll.
Wie ich merke, ſo iſt meine Tochter unter
die Philoſophen gerathen, und hat ſich von
der Weltweißheit ganz einnehmen laſſen.
Wer ſie nun von ihnen beyden wieder auf
den rechten Weg bringen kan, der ſoll ſo-
gleich Verloͤbniß mit ihr halten.
Muffel. O gnaͤdiges Fraͤulein, ſo erlauben ſie
mir, daß ich zum Voraus ihre ſchoͤne Hand
kuͤſſe, denn ich werde gewiß gewinnen.
Tempelſt. (reißt ihn weg) Machen ſie ſich nur
immer zu unſerm Verloͤbniſſe bereit, Fraͤu-
lein, denn ich werde ihnen die Hoͤlle recht
heiß machen. Jch weiß am beſten, wie
man das philoſophiſche Unkraut daͤmpfen
muß, ich will es mit ſammt der Wurtzel
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Muffel.
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