Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743.

Bild:
<< vorherige Seite


giebt tückische Gemüther darunter. Er
wird ihnen so viel im Wege legen, so viel
unruhige Stunden, so viel heimliche Aerger-
niß machen, bis er sich durch ihren Tod
von ihnen befreyet.
Brigitte. Das soll er wohl bleiben lassen.
Mein Herr, sie wissen noch nicht, was in
mir steckt, sie kennen mich noch nicht. Jch
bin eine sogenannte böse Frau, das ist, ich
habe Herz und Macht, einen Mann nach
meinem Kopf zu regieren. Jch werde es
nicht anders mit ihm machen, als mit dem
seligen Hrn. Conrecktor. Von dem Gel-
de, das ich noch habe, bekommt er keinen
Pfennig in seine Hände. Sein Einkom-
men nehme ich gleichfalls zu mir, und gebe
ihm nichts mehr davon, als ich will, und
als er durch die schönste Liebkosungen von
mir erbettelt. Wird er Geld von mir ha-
ben wollen, so wird er mir gewiß die Ba-
cken streicheln müssen, und ich werde seine
liebe Frau, sein schönes Mütterchen, sein
Schatz, sein Brigittchen, sein Herzgen und
sein Alles seyn.
Hr. v. R. Es mögte aber vielleicht etwas hart
halten, ehe sie diese Herrschaft über ihn be-
kommen werden?
Brigitte. Dazu hat die Natur mir und allen
Weibern die Zunge verliehen. Was uns
an Stärke abgehet, ersetzen wir durch
Schimpfen. Jch will ihm die Ohren und
das ganze Haus so lange vollschreyen, ihm
am


giebt tuͤckiſche Gemuͤther darunter. Er
wird ihnen ſo viel im Wege legen, ſo viel
unruhige Stunden, ſo viel heimliche Aerger-
niß machen, bis er ſich durch ihren Tod
von ihnen befreyet.
Brigitte. Das ſoll er wohl bleiben laſſen.
Mein Herr, ſie wiſſen noch nicht, was in
mir ſteckt, ſie kennen mich noch nicht. Jch
bin eine ſogenannte boͤſe Frau, das iſt, ich
habe Herz und Macht, einen Mann nach
meinem Kopf zu regieren. Jch werde es
nicht anders mit ihm machen, als mit dem
ſeligen Hrn. Conrecktor. Von dem Gel-
de, das ich noch habe, bekommt er keinen
Pfennig in ſeine Haͤnde. Sein Einkom-
men nehme ich gleichfalls zu mir, und gebe
ihm nichts mehr davon, als ich will, und
als er durch die ſchoͤnſte Liebkoſungen von
mir erbettelt. Wird er Geld von mir ha-
ben wollen, ſo wird er mir gewiß die Ba-
cken ſtreicheln muͤſſen, und ich werde ſeine
liebe Frau, ſein ſchoͤnes Muͤtterchen, ſein
Schatz, ſein Brigittchen, ſein Herzgen und
ſein Alles ſeyn.
Hr. v. R. Es moͤgte aber vielleicht etwas hart
halten, ehe ſie dieſe Herrſchaft uͤber ihn be-
kommen werden?
Brigitte. Dazu hat die Natur mir und allen
Weibern die Zunge verliehen. Was uns
an Staͤrke abgehet, erſetzen wir durch
Schimpfen. Jch will ihm die Ohren und
das ganze Haus ſo lange vollſchreyen, ihm
am
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <sp who="#HVR">
            <p><pb facs="#f0095" n="91"/><milestone rendition="#hr" unit="section"/><lb/>
giebt tu&#x0364;cki&#x017F;che Gemu&#x0364;ther darunter. Er<lb/>
wird ihnen &#x017F;o viel im Wege legen, &#x017F;o viel<lb/>
unruhige Stunden, &#x017F;o viel heimliche Aerger-<lb/>
niß machen, bis er &#x017F;ich durch ihren Tod<lb/>
von ihnen befreyet.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRI">
            <speaker>Brigitte.</speaker>
            <p>Das &#x017F;oll er wohl bleiben la&#x017F;&#x017F;en.<lb/>
Mein Herr, &#x017F;ie wi&#x017F;&#x017F;en noch nicht, was in<lb/>
mir &#x017F;teckt, &#x017F;ie kennen mich noch nicht. Jch<lb/>
bin eine &#x017F;ogenannte bo&#x0364;&#x017F;e Frau, das i&#x017F;t, ich<lb/>
habe Herz und Macht, einen Mann nach<lb/>
meinem Kopf zu regieren. Jch werde es<lb/>
nicht anders mit ihm machen, als mit dem<lb/>
&#x017F;eligen Hrn. Conrecktor. Von dem Gel-<lb/>
de, das ich noch habe, bekommt er keinen<lb/>
Pfennig in &#x017F;eine Ha&#x0364;nde. Sein Einkom-<lb/>
men nehme ich gleichfalls zu mir, und gebe<lb/>
ihm nichts mehr davon, als ich will, und<lb/>
als er durch die &#x017F;cho&#x0364;n&#x017F;te Liebko&#x017F;ungen von<lb/>
mir erbettelt. Wird er Geld von mir ha-<lb/>
ben wollen, &#x017F;o wird er mir gewiß die Ba-<lb/>
cken &#x017F;treicheln mu&#x0364;&#x017F;&#x017F;en, und ich werde &#x017F;eine<lb/>
liebe Frau, &#x017F;ein &#x017F;cho&#x0364;nes Mu&#x0364;tterchen, &#x017F;ein<lb/>
Schatz, &#x017F;ein Brigittchen, &#x017F;ein Herzgen und<lb/>
&#x017F;ein Alles &#x017F;eyn.</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#HVR">
            <speaker>Hr. v. R.</speaker>
            <p>Es mo&#x0364;gte aber vielleicht etwas hart<lb/>
halten, ehe &#x017F;ie die&#x017F;e Herr&#x017F;chaft u&#x0364;ber ihn be-<lb/>
kommen werden?</p>
          </sp><lb/>
          <sp who="#BRI">
            <speaker>Brigitte.</speaker>
            <p>Dazu hat die Natur mir und allen<lb/>
Weibern die Zunge verliehen. Was uns<lb/>
an Sta&#x0364;rke abgehet, er&#x017F;etzen wir durch<lb/>
Schimpfen. Jch will ihm die Ohren und<lb/>
das ganze Haus &#x017F;o lange voll&#x017F;chreyen, ihm<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">am</fw><lb/></p>
          </sp>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[91/0095] giebt tuͤckiſche Gemuͤther darunter. Er wird ihnen ſo viel im Wege legen, ſo viel unruhige Stunden, ſo viel heimliche Aerger- niß machen, bis er ſich durch ihren Tod von ihnen befreyet. Brigitte. Das ſoll er wohl bleiben laſſen. Mein Herr, ſie wiſſen noch nicht, was in mir ſteckt, ſie kennen mich noch nicht. Jch bin eine ſogenannte boͤſe Frau, das iſt, ich habe Herz und Macht, einen Mann nach meinem Kopf zu regieren. Jch werde es nicht anders mit ihm machen, als mit dem ſeligen Hrn. Conrecktor. Von dem Gel- de, das ich noch habe, bekommt er keinen Pfennig in ſeine Haͤnde. Sein Einkom- men nehme ich gleichfalls zu mir, und gebe ihm nichts mehr davon, als ich will, und als er durch die ſchoͤnſte Liebkoſungen von mir erbettelt. Wird er Geld von mir ha- ben wollen, ſo wird er mir gewiß die Ba- cken ſtreicheln muͤſſen, und ich werde ſeine liebe Frau, ſein ſchoͤnes Muͤtterchen, ſein Schatz, ſein Brigittchen, ſein Herzgen und ſein Alles ſeyn. Hr. v. R. Es moͤgte aber vielleicht etwas hart halten, ehe ſie dieſe Herrſchaft uͤber ihn be- kommen werden? Brigitte. Dazu hat die Natur mir und allen Weibern die Zunge verliehen. Was uns an Staͤrke abgehet, erſetzen wir durch Schimpfen. Jch will ihm die Ohren und das ganze Haus ſo lange vollſchreyen, ihm am

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
TCF (tokenisiert, serialisiert, lemmatisiert, normalisiert)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/95
Zitationshilfe: Krüger, Johann Christian: Die Geistlichen auf dem Lande. Frankfurt (Main) u. a., 1743, S. 91. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_geistliche_1743/95>, abgerufen am 18.05.2024.