Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.Geschichte der Erde einem gewissen Engelländer die Worte des Josua: Sonnestehe stille! für den Anfang eines sehr erhabenen Triumph- liedes, welches er mit den Israeliten nach der Schlacht angestimmt hätte. Sie versichern, daß dergleichen Tri- umphlied nach gehaltener Schlacht sehr gewöhnlich gewe- sen wäre, und die metaphorischen und hyperbolischen Ausdrücke wären denen orientalischen Völkern zu allen Zeiten so zu sagen natürlich gewesen, und wären es noch bis auf diese Stunde. Endlich sind noch andere der Meinung: daß durch das Stillstehen der Sonne nichts anders verstan- den werden könne, als ihre Lage gegen die Erde nicht zu ver- ändern; welches eben so wohl hätte erfolgen können, wenn die Erde sowohl als die Sonne stille gestanden wäre. Vermuth- lich giebt es noch viel mehrere Erklärungen dieser Stelle, und man kan also davon diejenige erwählen, die einem am wahrscheinlichsten vorkömmt. Genug, man muß einräu- men, daß sich die Erde in vier und zwanzig Stunden um ihre Achse von Abend gegen Morgen einmal herum drehe, und mehrers ist nicht nöthig um darzuthun, daß sie ehe- mals ein flüßiger Körper zum wenigsten auf ihrer Ober- fläche müsse gewesen seyn. Laßt uns sehen, wie dieses folget. §. 57. Die Schwere treibt alle Materie gegen den Mittel- grösser
Geſchichte der Erde einem gewiſſen Engellaͤnder die Worte des Joſua: Sonneſtehe ſtille! fuͤr den Anfang eines ſehr erhabenen Triumph- liedes, welches er mit den Iſraeliten nach der Schlacht angeſtimmt haͤtte. Sie verſichern, daß dergleichen Tri- umphlied nach gehaltener Schlacht ſehr gewoͤhnlich gewe- ſen waͤre, und die metaphoriſchen und hyperboliſchen Ausdruͤcke waͤren denen orientaliſchen Voͤlkern zu allen Zeiten ſo zu ſagen natuͤrlich geweſen, und waͤren es noch bis auf dieſe Stunde. Endlich ſind noch andere der Meinung: daß durch das Stillſtehen der Sonne nichts anders verſtan- den werden koͤnne, als ihre Lage gegen die Erde nicht zu ver- aͤndern; welches eben ſo wohl haͤtte erfolgen koͤnnen, wenn die Erde ſowohl als die Sonne ſtille geſtanden waͤre. Vermuth- lich giebt es noch viel mehrere Erklaͤrungen dieſer Stelle, und man kan alſo davon diejenige erwaͤhlen, die einem am wahrſcheinlichſten vorkoͤmmt. Genug, man muß einraͤu- men, daß ſich die Erde in vier und zwanzig Stunden um ihre Achſe von Abend gegen Morgen einmal herum drehe, und mehrers iſt nicht noͤthig um darzuthun, daß ſie ehe- mals ein fluͤßiger Koͤrper zum wenigſten auf ihrer Ober- flaͤche muͤſſe geweſen ſeyn. Laßt uns ſehen, wie dieſes folget. §. 57. Die Schwere treibt alle Materie gegen den Mittel- groͤſſer
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0120" n="106"/><fw place="top" type="header">Geſchichte der Erde</fw><lb/> einem gewiſſen Engellaͤnder die Worte des <hi rendition="#fr">Joſua:</hi> Sonne<lb/> ſtehe ſtille! fuͤr den Anfang eines ſehr erhabenen <hi rendition="#fr">Triumph-<lb/> liedes,</hi> welches er mit den Iſraeliten nach der Schlacht<lb/> angeſtimmt haͤtte. Sie verſichern, daß dergleichen <hi rendition="#fr">Tri-<lb/> umphlied</hi> nach gehaltener Schlacht ſehr gewoͤhnlich gewe-<lb/> ſen waͤre, und die <hi rendition="#fr">metaphoriſchen</hi> und <hi rendition="#fr">hyperboliſchen</hi><lb/> Ausdruͤcke waͤren denen <hi rendition="#fr">orientaliſchen</hi> Voͤlkern zu allen<lb/> Zeiten ſo zu ſagen natuͤrlich geweſen, und waͤren es noch bis<lb/> auf dieſe Stunde. Endlich ſind noch andere der Meinung:<lb/> daß durch das Stillſtehen der Sonne nichts anders verſtan-<lb/> den werden koͤnne, als ihre Lage gegen die Erde nicht zu ver-<lb/> aͤndern; welches eben ſo wohl haͤtte erfolgen koͤnnen, wenn die<lb/> Erde ſowohl als die Sonne ſtille geſtanden waͤre. Vermuth-<lb/> lich giebt es noch viel mehrere Erklaͤrungen dieſer Stelle,<lb/> und man kan alſo davon diejenige erwaͤhlen, die einem am<lb/> wahrſcheinlichſten vorkoͤmmt. Genug, man muß einraͤu-<lb/> men, daß ſich die Erde in vier und zwanzig Stunden um<lb/> ihre Achſe von Abend gegen Morgen einmal herum drehe,<lb/> und mehrers iſt nicht noͤthig um darzuthun, daß ſie ehe-<lb/> mals ein fluͤßiger Koͤrper zum wenigſten auf ihrer Ober-<lb/> flaͤche muͤſſe geweſen ſeyn. Laßt uns ſehen, wie dieſes<lb/> folget.</p> </div><lb/> <div n="1"> <head>§. 57.</head><lb/> <p>Die Schwere treibt alle Materie gegen den Mittel-<lb/> punct der Erde. Nimmermehr kan unter dieſen gegen-<lb/> ſeitigen Druck ein Gleichgewicht entſtehen, wenn nicht<lb/> alle Materie von den Mittelpuncte gleich weit entfernt iſt.<lb/> Dieſem zu folge muͤſte die Erde bey ihrem erſten Urſprung<lb/> die Form einer vollkommenen Kugel erhalten haben. Wir<lb/> wollen annehmen, ſie haͤtte gegenwaͤrtig dergleichen Fi-<lb/> gur, und fienge an ſich um ihre Achſe herum zu drehen:<lb/> ſo wuͤrden alle Puncte ihrer Oberflaͤche, die beyden <hi rendition="#fr">Pole</hi><lb/> ausgenommen, innerhalb vier und zwanzig Stunden ei-<lb/> nen <hi rendition="#fr">Cirkel</hi> beſchreiben. Dieſer Cirkel aber wuͤrde deſto<lb/> <fw place="bottom" type="catch">groͤſſer</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [106/0120]
Geſchichte der Erde
einem gewiſſen Engellaͤnder die Worte des Joſua: Sonne
ſtehe ſtille! fuͤr den Anfang eines ſehr erhabenen Triumph-
liedes, welches er mit den Iſraeliten nach der Schlacht
angeſtimmt haͤtte. Sie verſichern, daß dergleichen Tri-
umphlied nach gehaltener Schlacht ſehr gewoͤhnlich gewe-
ſen waͤre, und die metaphoriſchen und hyperboliſchen
Ausdruͤcke waͤren denen orientaliſchen Voͤlkern zu allen
Zeiten ſo zu ſagen natuͤrlich geweſen, und waͤren es noch bis
auf dieſe Stunde. Endlich ſind noch andere der Meinung:
daß durch das Stillſtehen der Sonne nichts anders verſtan-
den werden koͤnne, als ihre Lage gegen die Erde nicht zu ver-
aͤndern; welches eben ſo wohl haͤtte erfolgen koͤnnen, wenn die
Erde ſowohl als die Sonne ſtille geſtanden waͤre. Vermuth-
lich giebt es noch viel mehrere Erklaͤrungen dieſer Stelle,
und man kan alſo davon diejenige erwaͤhlen, die einem am
wahrſcheinlichſten vorkoͤmmt. Genug, man muß einraͤu-
men, daß ſich die Erde in vier und zwanzig Stunden um
ihre Achſe von Abend gegen Morgen einmal herum drehe,
und mehrers iſt nicht noͤthig um darzuthun, daß ſie ehe-
mals ein fluͤßiger Koͤrper zum wenigſten auf ihrer Ober-
flaͤche muͤſſe geweſen ſeyn. Laßt uns ſehen, wie dieſes
folget.
§. 57.
Die Schwere treibt alle Materie gegen den Mittel-
punct der Erde. Nimmermehr kan unter dieſen gegen-
ſeitigen Druck ein Gleichgewicht entſtehen, wenn nicht
alle Materie von den Mittelpuncte gleich weit entfernt iſt.
Dieſem zu folge muͤſte die Erde bey ihrem erſten Urſprung
die Form einer vollkommenen Kugel erhalten haben. Wir
wollen annehmen, ſie haͤtte gegenwaͤrtig dergleichen Fi-
gur, und fienge an ſich um ihre Achſe herum zu drehen:
ſo wuͤrden alle Puncte ihrer Oberflaͤche, die beyden Pole
ausgenommen, innerhalb vier und zwanzig Stunden ei-
nen Cirkel beſchreiben. Dieſer Cirkel aber wuͤrde deſto
groͤſſer
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |