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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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Geschichte der Erde
aber die Erde dergestalt mit den Wasser vermenget, daß
man in Ansehung des grösten Theils der Erde sagen kön-
nen, es sey ihre oberste Rinde damals ein aus Wasser und
Erde vermischter flüßiger Körper gewesen. Welcher da-
her nothwendig die von den Newton angegebene Figur
einer platt gedruckten Kugel oder Pommeranzen anneh-
men müssen. Weil aber eben dadurch der halbe Erddia-
meter unter dem Aequator um 31/2 Meile grösser geworden:
so sey innerhalb der Erde ein Raum entstanden, in wel-
chen das überflüßige Wasser wieder hineinfliessen, und sich
also von der Erde verliehren können. Ja dieser Naum
wäre, wie aus der gegeben Theorie gar leicht erweißlich ist,
gerade so groß gewesen, daß nicht mehr und nicht weni-
ger Wasser auf der Erde zurücke geblieben, als vor der
Sündfluth darauf vorhanden gewesen. Worauf die äus-
sere Rinde der Erde wieder ausgetrocknet, und also in
den gegenwärtigen Zustand versetzt worden wäre. Man
darf demnach hier nicht wie in der Whistonischen Theorie
vor der Sündfluth zu wenig Wasser auf der Erde anneh-
men, und siehet doch den Ursprung einer grossen Menge
versteinerter Thiere und Pflanzen. Es ist wahr, daß man
sagen kan: das Umdrehen der Erde um ihre Achse hat oh-
ne Wunderwerk nicht geschehen können. Aber hat es
wohl bey der Erschaffung der Erde ihr auf eine andere
Art mitgetheilt werden können? Und wenn es einmal ein
Wunderwerk seyn muß, so kan der blose Umstand der
Zeit, da es geschehen, dasselbe nicht ohnmöglich machen.
Das Aufthun er Brunnen und der vierzigtägige Regen,
davon Moses gedenkt, können schwerlich bequemer erklärt
werden. Nur muß man sich nicht vorstellen, daß der
Diameter der Pole kürzer, sondern daß der Diameter des
Aequators länger geworden, welches auch in der That aus
den Begriffe von den Umdrehen der Erde so folget. Ich
habe also die Anzahl der Schwierigkeiten der Whistoni-
schen Theorie
vermintert. Denn diejenigen, welche

noch

Geſchichte der Erde
aber die Erde dergeſtalt mit den Waſſer vermenget, daß
man in Anſehung des groͤſten Theils der Erde ſagen koͤn-
nen, es ſey ihre oberſte Rinde damals ein aus Waſſer und
Erde vermiſchter fluͤßiger Koͤrper geweſen. Welcher da-
her nothwendig die von den Newton angegebene Figur
einer platt gedruckten Kugel oder Pommeranzen anneh-
men muͤſſen. Weil aber eben dadurch der halbe Erddia-
meter unter dem Aequator um 3½ Meile groͤſſer geworden:
ſo ſey innerhalb der Erde ein Raum entſtanden, in wel-
chen das uͤberfluͤßige Waſſer wieder hineinflieſſen, und ſich
alſo von der Erde verliehren koͤnnen. Ja dieſer Naum
waͤre, wie aus der gegeben Theorie gar leicht erweißlich iſt,
gerade ſo groß geweſen, daß nicht mehr und nicht weni-
ger Waſſer auf der Erde zuruͤcke geblieben, als vor der
Suͤndfluth darauf vorhanden geweſen. Worauf die aͤuſ-
ſere Rinde der Erde wieder ausgetrocknet, und alſo in
den gegenwaͤrtigen Zuſtand verſetzt worden waͤre. Man
darf demnach hier nicht wie in der Whiſtoniſchen Theorie
vor der Suͤndfluth zu wenig Waſſer auf der Erde anneh-
men, und ſiehet doch den Urſprung einer groſſen Menge
verſteinerter Thiere und Pflanzen. Es iſt wahr, daß man
ſagen kan: das Umdrehen der Erde um ihre Achſe hat oh-
ne Wunderwerk nicht geſchehen koͤnnen. Aber hat es
wohl bey der Erſchaffung der Erde ihr auf eine andere
Art mitgetheilt werden koͤnnen? Und wenn es einmal ein
Wunderwerk ſeyn muß, ſo kan der bloſe Umſtand der
Zeit, da es geſchehen, daſſelbe nicht ohnmoͤglich machen.
Das Aufthun er Brunnen und der vierzigtaͤgige Regen,
davon Moſes gedenkt, koͤnnen ſchwerlich bequemer erklaͤrt
werden. Nur muß man ſich nicht vorſtellen, daß der
Diameter der Pole kuͤrzer, ſondern daß der Diameter des
Aequators laͤnger geworden, welches auch in der That aus
den Begriffe von den Umdrehen der Erde ſo folget. Ich
habe alſo die Anzahl der Schwierigkeiten der Whiſtoni-
ſchen Theorie
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[112/0126] Geſchichte der Erde aber die Erde dergeſtalt mit den Waſſer vermenget, daß man in Anſehung des groͤſten Theils der Erde ſagen koͤn- nen, es ſey ihre oberſte Rinde damals ein aus Waſſer und Erde vermiſchter fluͤßiger Koͤrper geweſen. Welcher da- her nothwendig die von den Newton angegebene Figur einer platt gedruckten Kugel oder Pommeranzen anneh- men muͤſſen. Weil aber eben dadurch der halbe Erddia- meter unter dem Aequator um 3½ Meile groͤſſer geworden: ſo ſey innerhalb der Erde ein Raum entſtanden, in wel- chen das uͤberfluͤßige Waſſer wieder hineinflieſſen, und ſich alſo von der Erde verliehren koͤnnen. Ja dieſer Naum waͤre, wie aus der gegeben Theorie gar leicht erweißlich iſt, gerade ſo groß geweſen, daß nicht mehr und nicht weni- ger Waſſer auf der Erde zuruͤcke geblieben, als vor der Suͤndfluth darauf vorhanden geweſen. Worauf die aͤuſ- ſere Rinde der Erde wieder ausgetrocknet, und alſo in den gegenwaͤrtigen Zuſtand verſetzt worden waͤre. Man darf demnach hier nicht wie in der Whiſtoniſchen Theorie vor der Suͤndfluth zu wenig Waſſer auf der Erde anneh- men, und ſiehet doch den Urſprung einer groſſen Menge verſteinerter Thiere und Pflanzen. Es iſt wahr, daß man ſagen kan: das Umdrehen der Erde um ihre Achſe hat oh- ne Wunderwerk nicht geſchehen koͤnnen. Aber hat es wohl bey der Erſchaffung der Erde ihr auf eine andere Art mitgetheilt werden koͤnnen? Und wenn es einmal ein Wunderwerk ſeyn muß, ſo kan der bloſe Umſtand der Zeit, da es geſchehen, daſſelbe nicht ohnmoͤglich machen. Das Aufthun er Brunnen und der vierzigtaͤgige Regen, davon Moſes gedenkt, koͤnnen ſchwerlich bequemer erklaͤrt werden. Nur muß man ſich nicht vorſtellen, daß der Diameter der Pole kuͤrzer, ſondern daß der Diameter des Aequators laͤnger geworden, welches auch in der That aus den Begriffe von den Umdrehen der Erde ſo folget. Ich habe alſo die Anzahl der Schwierigkeiten der Whiſtoni- ſchen Theorie vermintert. Denn diejenigen, welche noch

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/126>, abgerufen am 24.11.2024.