Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.in den allerältesten Zeiten. sehen, und versichert, daß weder in seiner Hütte, nochin seinen Garten etwas von der Asche des Vesuvius zu fin- den sey, ohngeachtet alle umliegende Gegenden damit be- deckt wären. Man kan nicht behaupten, daß dieser Ein- siedler so viel Wind mache, daß dadurch die Asche vertrie- ben werde, und wer wollte sagen, daß er sich die Mühe gäbe, sie alle Tage von seinem Dache und Garten wegzu- kehren. Ihn selbst wird man vergebens darum befragen, weil er, wie ich schon gesagt habe, vor grosser Andacht kein Wort redet. Hier haben die witzigen Köpfe der neuern Zeiten, denen es immer an Materie fehlt noch nicht aus- gemachte Wahrheiten zu entdecken, die schönste Gelegen- heit ihre Einsicht zu zeigen, und ich würde mich selber freuen, wenn ich eine Schrift sehen sollte, die den Titel führte: Der Einsiedler des Vesuvius. Sie könnte nach der mathematischen Methode abgefast, und der Ein- siedler mit seinem Esel davor in Kupfer gestochen werden. So viel ist gewiß, daß die Geschichte die ich erzehlt ha- be, alle Glaubwürdigkeit besitzt. Der mir dieselbe erzehlt, hat zugleich die Höle bey Pozzuolo in Augenschein ge- nommen, und angemerkt, daß sich nahe bey der Erde ein starker schweflichter Geruch befände, von welchen Menschen und Thiere ersticken müsten, wenn sie nahe mit der Nase an die Erde kämen. Nicht weit davon befin- det sich eine See, in welche man dergleichen erstickte Thie- re wirft, da sie sich denn wieder erholen, und zu leben anfangen. Man hält dieses bey diesem Wasser für etwas besonders. Meines Erachtens aber würde es auch ein ander Wasser gethan haben, indem ich davor halte, daß blos die Kälte des Wassers schuld daran sey. Denn ich habe in meiner Physiologie gezeigt, daß der Hauptendzweck des Athemholens dieser sey, damit das durch den bestän- digen Umlauf erhitzte und ausgedehnte Blut in der Lunge wieder abgekühlt und dichter gemacht werden könne, wel- ches durch die Erkältung im Wasser gleichfalls geschehen kan,
in den alleraͤlteſten Zeiten. ſehen, und verſichert, daß weder in ſeiner Huͤtte, nochin ſeinen Garten etwas von der Aſche des Veſuvius zu fin- den ſey, ohngeachtet alle umliegende Gegenden damit be- deckt waͤren. Man kan nicht behaupten, daß dieſer Ein- ſiedler ſo viel Wind mache, daß dadurch die Aſche vertrie- ben werde, und wer wollte ſagen, daß er ſich die Muͤhe gaͤbe, ſie alle Tage von ſeinem Dache und Garten wegzu- kehren. Ihn ſelbſt wird man vergebens darum befragen, weil er, wie ich ſchon geſagt habe, vor groſſer Andacht kein Wort redet. Hier haben die witzigen Koͤpfe der neuern Zeiten, denen es immer an Materie fehlt noch nicht aus- gemachte Wahrheiten zu entdecken, die ſchoͤnſte Gelegen- heit ihre Einſicht zu zeigen, und ich wuͤrde mich ſelber freuen, wenn ich eine Schrift ſehen ſollte, die den Titel fuͤhrte: Der Einſiedler des Veſuvius. Sie koͤnnte nach der mathematiſchen Methode abgefaſt, und der Ein- ſiedler mit ſeinem Eſel davor in Kupfer geſtochen werden. So viel iſt gewiß, daß die Geſchichte die ich erzehlt ha- be, alle Glaubwuͤrdigkeit beſitzt. Der mir dieſelbe erzehlt, hat zugleich die Hoͤle bey Pozzuolo in Augenſchein ge- nommen, und angemerkt, daß ſich nahe bey der Erde ein ſtarker ſchweflichter Geruch befaͤnde, von welchen Menſchen und Thiere erſticken muͤſten, wenn ſie nahe mit der Naſe an die Erde kaͤmen. Nicht weit davon befin- det ſich eine See, in welche man dergleichen erſtickte Thie- re wirft, da ſie ſich denn wieder erholen, und zu leben anfangen. Man haͤlt dieſes bey dieſem Waſſer fuͤr etwas beſonders. Meines Erachtens aber wuͤrde es auch ein ander Waſſer gethan haben, indem ich davor halte, daß blos die Kaͤlte des Waſſers ſchuld daran ſey. Denn ich habe in meiner Phyſiologie gezeigt, daß der Hauptendzweck des Athemholens dieſer ſey, damit das durch den beſtaͤn- digen Umlauf erhitzte und ausgedehnte Blut in der Lunge wieder abgekuͤhlt und dichter gemacht werden koͤnne, wel- ches durch die Erkaͤltung im Waſſer gleichfalls geſchehen kan,
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0153" n="139"/><fw place="top" type="header">in den alleraͤlteſten Zeiten.</fw><lb/> ſehen, und verſichert, daß weder in ſeiner Huͤtte, noch<lb/> in ſeinen Garten etwas von der Aſche des <hi rendition="#fr">Veſuvius</hi> zu fin-<lb/> den ſey, ohngeachtet alle umliegende Gegenden damit be-<lb/> deckt waͤren. Man kan nicht behaupten, daß dieſer <hi rendition="#fr">Ein-<lb/> ſiedler</hi> ſo viel Wind mache, daß dadurch die Aſche vertrie-<lb/> ben werde, und wer wollte ſagen, daß er ſich die Muͤhe<lb/> gaͤbe, ſie alle Tage von ſeinem Dache und Garten wegzu-<lb/> kehren. Ihn ſelbſt wird man vergebens darum befragen,<lb/> weil er, wie ich ſchon geſagt habe, vor groſſer Andacht kein<lb/> Wort redet. Hier haben die witzigen Koͤpfe der neuern<lb/> Zeiten, denen es immer an Materie fehlt noch nicht aus-<lb/> gemachte Wahrheiten zu entdecken, die ſchoͤnſte Gelegen-<lb/> heit ihre Einſicht zu zeigen, und ich wuͤrde mich ſelber<lb/> freuen, wenn ich eine Schrift ſehen ſollte, die den Titel<lb/> fuͤhrte: Der <hi rendition="#fr">Einſiedler</hi> des <hi rendition="#fr">Veſuvius.</hi> Sie koͤnnte<lb/> nach der mathematiſchen Methode abgefaſt, und der Ein-<lb/> ſiedler mit ſeinem Eſel davor in Kupfer geſtochen werden.<lb/> So viel iſt gewiß, daß die Geſchichte die ich erzehlt ha-<lb/> be, alle Glaubwuͤrdigkeit beſitzt. Der mir dieſelbe erzehlt,<lb/> hat zugleich die Hoͤle bey <hi rendition="#fr">Pozzuolo</hi> in Augenſchein ge-<lb/> nommen, und angemerkt, daß ſich nahe bey der Erde<lb/> ein ſtarker ſchweflichter Geruch befaͤnde, von welchen<lb/> Menſchen und Thiere erſticken muͤſten, wenn ſie nahe<lb/> mit der Naſe an die Erde kaͤmen. Nicht weit davon befin-<lb/> det ſich eine See, in welche man dergleichen erſtickte Thie-<lb/> re wirft, da ſie ſich denn wieder erholen, und zu leben<lb/> anfangen. Man haͤlt dieſes bey dieſem Waſſer fuͤr etwas<lb/> beſonders. Meines Erachtens aber wuͤrde es auch ein<lb/> ander Waſſer gethan haben, indem ich davor halte, daß blos<lb/> die Kaͤlte des Waſſers ſchuld daran ſey. Denn ich habe<lb/> in meiner <hi rendition="#fr">Phyſiologie</hi> gezeigt, daß der Hauptendzweck<lb/> des Athemholens dieſer ſey, damit das durch den beſtaͤn-<lb/> digen Umlauf erhitzte und ausgedehnte Blut in der Lunge<lb/> wieder abgekuͤhlt und dichter gemacht werden koͤnne, wel-<lb/> ches durch die Erkaͤltung im Waſſer gleichfalls geſchehen<lb/> <fw place="bottom" type="catch">kan,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [139/0153]
in den alleraͤlteſten Zeiten.
ſehen, und verſichert, daß weder in ſeiner Huͤtte, noch
in ſeinen Garten etwas von der Aſche des Veſuvius zu fin-
den ſey, ohngeachtet alle umliegende Gegenden damit be-
deckt waͤren. Man kan nicht behaupten, daß dieſer Ein-
ſiedler ſo viel Wind mache, daß dadurch die Aſche vertrie-
ben werde, und wer wollte ſagen, daß er ſich die Muͤhe
gaͤbe, ſie alle Tage von ſeinem Dache und Garten wegzu-
kehren. Ihn ſelbſt wird man vergebens darum befragen,
weil er, wie ich ſchon geſagt habe, vor groſſer Andacht kein
Wort redet. Hier haben die witzigen Koͤpfe der neuern
Zeiten, denen es immer an Materie fehlt noch nicht aus-
gemachte Wahrheiten zu entdecken, die ſchoͤnſte Gelegen-
heit ihre Einſicht zu zeigen, und ich wuͤrde mich ſelber
freuen, wenn ich eine Schrift ſehen ſollte, die den Titel
fuͤhrte: Der Einſiedler des Veſuvius. Sie koͤnnte
nach der mathematiſchen Methode abgefaſt, und der Ein-
ſiedler mit ſeinem Eſel davor in Kupfer geſtochen werden.
So viel iſt gewiß, daß die Geſchichte die ich erzehlt ha-
be, alle Glaubwuͤrdigkeit beſitzt. Der mir dieſelbe erzehlt,
hat zugleich die Hoͤle bey Pozzuolo in Augenſchein ge-
nommen, und angemerkt, daß ſich nahe bey der Erde
ein ſtarker ſchweflichter Geruch befaͤnde, von welchen
Menſchen und Thiere erſticken muͤſten, wenn ſie nahe
mit der Naſe an die Erde kaͤmen. Nicht weit davon befin-
det ſich eine See, in welche man dergleichen erſtickte Thie-
re wirft, da ſie ſich denn wieder erholen, und zu leben
anfangen. Man haͤlt dieſes bey dieſem Waſſer fuͤr etwas
beſonders. Meines Erachtens aber wuͤrde es auch ein
ander Waſſer gethan haben, indem ich davor halte, daß blos
die Kaͤlte des Waſſers ſchuld daran ſey. Denn ich habe
in meiner Phyſiologie gezeigt, daß der Hauptendzweck
des Athemholens dieſer ſey, damit das durch den beſtaͤn-
digen Umlauf erhitzte und ausgedehnte Blut in der Lunge
wieder abgekuͤhlt und dichter gemacht werden koͤnne, wel-
ches durch die Erkaͤltung im Waſſer gleichfalls geſchehen
kan,
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |