Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.in den allerältesten Zeiten. Erzälung nach war nun das erste Principium der gan-zen Welt eine gewisse finstere und geistige oder windige Luft, ein finsterer Luftgeist, und ein verworrenes dickes und trübes Chaos, welche unendlich und sehr geraume Zeit lang ohne alle Grenzen gewesen: Nachdem aber die- ser Geist sich in seine eigene Principia verliebet, so ent- stund daraus eine Vermischung, und diese Verbindung wurde die Begierde oder Liebe genennet. Und das war der Anfang der Bildung aller Dinge. Der Geist aber wußte und erkante seine Hervorbringung nicht. Aus die- ser Vermischung des Geistes entstund nun der Mot, wor- aus einige einen Leim machen, andere aber eine Fäulniß einer Mischung. Und daraus kam der Same aller Ge- schöpffe, und die Erzeugung der ganzen Welt. Es gab gewiße Thiere, die keine Empfindung gehabt hatten, aus welchen verständige Thiere entstanden, welche man Ze- phosamin, das ist die Betrachter des Himmels genen- net, und deren Gestalt eyförmig gewesen. Unmittelbar drauf nebst diesem Mot, fingen die Sonne, Mond und Sterne an zu leuchten. Die Luft ward durch einen ho- hen Grad der Hitze der Erden und des Meers erwärmet, woraus die Winde sowohl als Wolken erzeugt werden, und starke Waßergüße und Regen erfolget. Nachdem aber diese Gewässer wieder abgesondert, und durch die Son- nenhitze in die Höhe gezogen worden, seyn sie in der Luft wieder zusammen kommen, und an einander gestossen, woraus Donner und Blitz entstanden. Durch welch Ge- prassele in der Luft die oben gemeldete verständige Thiere erwacht, und über dem heftigen Schall in solch Schrecken gerathen, daß sie darüber sich zu bewegen angefangen auf der Erde und im Meer, männlichen und weiblichen Ge- schlechts. §. 5. Die Egyptier hatten folgende Meinung: Beim Ge-
in den alleraͤlteſten Zeiten. Erzaͤlung nach war nun das erſte Principium der gan-zen Welt eine gewiſſe finſtere und geiſtige oder windige Luft, ein finſterer Luftgeiſt, und ein verworrenes dickes und truͤbes Chaos, welche unendlich und ſehr geraume Zeit lang ohne alle Grenzen geweſen: Nachdem aber die- ſer Geiſt ſich in ſeine eigene Principia verliebet, ſo ent- ſtund daraus eine Vermiſchung, und dieſe Verbindung wurde die Begierde oder Liebe genennet. Und das war der Anfang der Bildung aller Dinge. Der Geiſt aber wußte und erkante ſeine Hervorbringung nicht. Aus die- ſer Vermiſchung des Geiſtes entſtund nun der Môt, wor- aus einige einen Leim machen, andere aber eine Faͤulniß einer Miſchung. Und daraus kam der Same aller Ge- ſchoͤpffe, und die Erzeugung der ganzen Welt. Es gab gewiße Thiere, die keine Empfindung gehabt hatten, aus welchen verſtaͤndige Thiere entſtanden, welche man Ze- phoſamin, das iſt die Betrachter des Himmels genen- net, und deren Geſtalt eyfoͤrmig geweſen. Unmittelbar drauf nebſt dieſem Môt, fingen die Sonne, Mond und Sterne an zu leuchten. Die Luft ward durch einen ho- hen Grad der Hitze der Erden und des Meers erwaͤrmet, woraus die Winde ſowohl als Wolken erzeugt werden, und ſtarke Waßerguͤße und Regen erfolget. Nachdem aber dieſe Gewaͤſſer wieder abgeſondert, und durch die Son- nenhitze in die Hoͤhe gezogen worden, ſeyn ſie in der Luft wieder zuſammen kommen, und an einander geſtoſſen, woraus Donner und Blitz entſtanden. Durch welch Ge- praſſele in der Luft die oben gemeldete verſtaͤndige Thiere erwacht, und uͤber dem heftigen Schall in ſolch Schrecken gerathen, daß ſie daruͤber ſich zu bewegen angefangen auf der Erde und im Meer, maͤnnlichen und weiblichen Ge- ſchlechts. §. 5. Die Egyptier hatten folgende Meinung: Beim Ge-
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in den alleraͤlteſten Zeiten.
Erzaͤlung nach war nun das erſte Principium der gan-
zen Welt eine gewiſſe finſtere und geiſtige oder windige
Luft, ein finſterer Luftgeiſt, und ein verworrenes dickes
und truͤbes Chaos, welche unendlich und ſehr geraume
Zeit lang ohne alle Grenzen geweſen: Nachdem aber die-
ſer Geiſt ſich in ſeine eigene Principia verliebet, ſo ent-
ſtund daraus eine Vermiſchung, und dieſe Verbindung
wurde die Begierde oder Liebe genennet. Und das war
der Anfang der Bildung aller Dinge. Der Geiſt aber
wußte und erkante ſeine Hervorbringung nicht. Aus die-
ſer Vermiſchung des Geiſtes entſtund nun der Môt, wor-
aus einige einen Leim machen, andere aber eine Faͤulniß
einer Miſchung. Und daraus kam der Same aller Ge-
ſchoͤpffe, und die Erzeugung der ganzen Welt. Es gab
gewiße Thiere, die keine Empfindung gehabt hatten, aus
welchen verſtaͤndige Thiere entſtanden, welche man Ze-
phoſamin, das iſt die Betrachter des Himmels genen-
net, und deren Geſtalt eyfoͤrmig geweſen. Unmittelbar
drauf nebſt dieſem Môt, fingen die Sonne, Mond und
Sterne an zu leuchten. Die Luft ward durch einen ho-
hen Grad der Hitze der Erden und des Meers erwaͤrmet,
woraus die Winde ſowohl als Wolken erzeugt werden, und
ſtarke Waßerguͤße und Regen erfolget. Nachdem aber
dieſe Gewaͤſſer wieder abgeſondert, und durch die Son-
nenhitze in die Hoͤhe gezogen worden, ſeyn ſie in der Luft
wieder zuſammen kommen, und an einander geſtoſſen,
woraus Donner und Blitz entſtanden. Durch welch Ge-
praſſele in der Luft die oben gemeldete verſtaͤndige Thiere
erwacht, und uͤber dem heftigen Schall in ſolch Schrecken
gerathen, daß ſie daruͤber ſich zu bewegen angefangen auf
der Erde und im Meer, maͤnnlichen und weiblichen Ge-
ſchlechts.
§. 5.
Die Egyptier hatten folgende Meinung: Beim
erſten Anfange der Welt hat Himmel und Erde einerley
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