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Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.

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Geschichte der Erde
Gestalt gehabt, indem beider Natur mit einander ver-
mischt gewesen. Nachdem sie aber mit der Zeit von ein-
ander abgesondert worden, hat die Welt die gesamte Ein-
richtung erhalten, darinn wir sie noch ietzo erblicken: da
denn die Luft eine beständige Bewegung bekommen, wo-
durch die feurigen Theilgen derselben in die obern Gegen-
den aufgestiegen, da sie ihrer Leichtigkeit wegen ganz na-
türlich sich erhoben; woraus denn die schnelle Wirbelbe-
wegung der Sonne und anderer Sterne entstanden; die
leimichte und trübe Materie aber, nachdem sie sich mit der
feuchten vereiniget, fiel, vermöge ihrer natürlichen Schwe-
re, auf einen Klumpen zusammen. Bey beständiger Be-
wegung desselben durch innere Erschütterungen entstund
aus den versamleten wässerigen Theilchen das Meer, aus
den vestern aber die Erde; welche zwar im Anfange sehr
weich und feuchte gewesen, nachdem sie aber vermittelst
der Sonnenstralen ausgetrocknet, so begunte die Ober-
fläche der Erde durch anhaltende Hitze in Gärung zu ge-
rathen, wodurch einige feuchte Theile derselben aufzu-
schwellen angefangen, und nach und nach zu faulen Beu-
len worden, die mit dünnen Häuten umgeben gewesen.
Diese feuchte Materie nun, nachdem sie von der natürli-
chen Wärme fruchtbar gemacht worden, sey des Nachts
durch einen Reif, der aus der Luft herabgefallen, genä-
ret, bey Tage aber durch die Sonnenstralen immer härter
und vester gemacht worden, bis mit der Zeit die einge-
schloßene Frucht zur völligen Reife gelanget, und endlich,
nachdem die gedachten Häute ausgetrocknet und geplatzt,
allerley Arten der Geschöpfe hervorgekommen. Von wel-
chen dieienigen, so den größten Grad der Hitze erhalten,
geflügelt worden, und sich aufwärts geschwungen. Die-
ienigen aber, die größtenteils aus wäßerichter Materie be-
standen, sich in das ihrer Natur gemäßeste Element be-
geben, und Fische genennt worden. Dieienigen endlich,
in welchen die irdischen Theile überwogen, kriechende und

sonst

Geſchichte der Erde
Geſtalt gehabt, indem beider Natur mit einander ver-
miſcht geweſen. Nachdem ſie aber mit der Zeit von ein-
ander abgeſondert worden, hat die Welt die geſamte Ein-
richtung erhalten, darinn wir ſie noch ietzo erblicken: da
denn die Luft eine beſtaͤndige Bewegung bekommen, wo-
durch die feurigen Theilgen derſelben in die obern Gegen-
den aufgeſtiegen, da ſie ihrer Leichtigkeit wegen ganz na-
tuͤrlich ſich erhoben; woraus denn die ſchnelle Wirbelbe-
wegung der Sonne und anderer Sterne entſtanden; die
leimichte und truͤbe Materie aber, nachdem ſie ſich mit der
feuchten vereiniget, fiel, vermoͤge ihrer natuͤrlichen Schwe-
re, auf einen Klumpen zuſammen. Bey beſtaͤndiger Be-
wegung deſſelben durch innere Erſchuͤtterungen entſtund
aus den verſamleten waͤſſerigen Theilchen das Meer, aus
den veſtern aber die Erde; welche zwar im Anfange ſehr
weich und feuchte geweſen, nachdem ſie aber vermittelſt
der Sonnenſtralen ausgetrocknet, ſo begunte die Ober-
flaͤche der Erde durch anhaltende Hitze in Gaͤrung zu ge-
rathen, wodurch einige feuchte Theile derſelben aufzu-
ſchwellen angefangen, und nach und nach zu faulen Beu-
len worden, die mit duͤnnen Haͤuten umgeben geweſen.
Dieſe feuchte Materie nun, nachdem ſie von der natuͤrli-
chen Waͤrme fruchtbar gemacht worden, ſey des Nachts
durch einen Reif, der aus der Luft herabgefallen, genaͤ-
ret, bey Tage aber durch die Sonnenſtralen immer haͤrter
und veſter gemacht worden, bis mit der Zeit die einge-
ſchloßene Frucht zur voͤlligen Reife gelanget, und endlich,
nachdem die gedachten Haͤute ausgetrocknet und geplatzt,
allerley Arten der Geſchoͤpfe hervorgekommen. Von wel-
chen dieienigen, ſo den groͤßten Grad der Hitze erhalten,
gefluͤgelt worden, und ſich aufwaͤrts geſchwungen. Die-
ienigen aber, die groͤßtenteils aus waͤßerichter Materie be-
ſtanden, ſich in das ihrer Natur gemaͤßeſte Element be-
geben, und Fiſche genennt worden. Dieienigen endlich,
in welchen die irdiſchen Theile uͤberwogen, kriechende und

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[14/0022] Geſchichte der Erde Geſtalt gehabt, indem beider Natur mit einander ver- miſcht geweſen. Nachdem ſie aber mit der Zeit von ein- ander abgeſondert worden, hat die Welt die geſamte Ein- richtung erhalten, darinn wir ſie noch ietzo erblicken: da denn die Luft eine beſtaͤndige Bewegung bekommen, wo- durch die feurigen Theilgen derſelben in die obern Gegen- den aufgeſtiegen, da ſie ihrer Leichtigkeit wegen ganz na- tuͤrlich ſich erhoben; woraus denn die ſchnelle Wirbelbe- wegung der Sonne und anderer Sterne entſtanden; die leimichte und truͤbe Materie aber, nachdem ſie ſich mit der feuchten vereiniget, fiel, vermoͤge ihrer natuͤrlichen Schwe- re, auf einen Klumpen zuſammen. Bey beſtaͤndiger Be- wegung deſſelben durch innere Erſchuͤtterungen entſtund aus den verſamleten waͤſſerigen Theilchen das Meer, aus den veſtern aber die Erde; welche zwar im Anfange ſehr weich und feuchte geweſen, nachdem ſie aber vermittelſt der Sonnenſtralen ausgetrocknet, ſo begunte die Ober- flaͤche der Erde durch anhaltende Hitze in Gaͤrung zu ge- rathen, wodurch einige feuchte Theile derſelben aufzu- ſchwellen angefangen, und nach und nach zu faulen Beu- len worden, die mit duͤnnen Haͤuten umgeben geweſen. Dieſe feuchte Materie nun, nachdem ſie von der natuͤrli- chen Waͤrme fruchtbar gemacht worden, ſey des Nachts durch einen Reif, der aus der Luft herabgefallen, genaͤ- ret, bey Tage aber durch die Sonnenſtralen immer haͤrter und veſter gemacht worden, bis mit der Zeit die einge- ſchloßene Frucht zur voͤlligen Reife gelanget, und endlich, nachdem die gedachten Haͤute ausgetrocknet und geplatzt, allerley Arten der Geſchoͤpfe hervorgekommen. Von wel- chen dieienigen, ſo den groͤßten Grad der Hitze erhalten, gefluͤgelt worden, und ſich aufwaͤrts geſchwungen. Die- ienigen aber, die groͤßtenteils aus waͤßerichter Materie be- ſtanden, ſich in das ihrer Natur gemaͤßeſte Element be- geben, und Fiſche genennt worden. Dieienigen endlich, in welchen die irdiſchen Theile uͤberwogen, kriechende und ſonſt

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Zitationshilfe: Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746, S. 14. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/krueger_weltweisheit_1746/22>, abgerufen am 21.11.2024.