Krüger, Johann Gottlob: Geschichte der Erde in den allerältesten Zeiten. Halle, 1746.in den allerältesten Zeiten. nicht wenigere Schwierigkeiten an. Denn soll sich die Him-melsluft in krummen Linien um die Sonne herum bewe- gen, so muß sie nothwendig, vermöge dessen, was ich in meiner Naturlehre in den Capitel von der Bewegung er- wiesen, beyde Centralkräfte besitzen. Die Centrifugal- kraft könnte ihr zwar bey dem Ursprunge der Welt mit- getheilet worden seyn, aber wie sieht es mit der Ceutripe- talkraft aus? Sie würde gegen die Sonne gerichtet seyn, das heist, die Sonne würde die Himmelsluft an sich zie- hen müssen, weil doch nothwendig der Grund von dieser Richtung in der Sonne selbst zu suchen wäre, und nun möchte ich gerne wissen, warum man nicht lieber die Him- melsluft gar wegliesse, und der Sonne eine Kraft zueig- nete die Planeten an sich zu ziehen, wodurch in ihnen ei- ne Centripetalkraft hervorgebracht würde? denn mit der Centrifugalkraft hat es keine Schwierigkeit, wenn sie ei- nen Planeten nur erst mitgetheilt ist, so muß sie in Cwig- keit fortdauren, wenn gar keine Materie in dem Weltge- bäude zwischen denen Planeten anzutreffen ist, oder sie währet doch bis auf undenkliche Zeiten fort, wenn diese Materie nur subtil genug ist, das heist, wenn zwischen ih- ren Theilgen viele leere Räume anzutreffen sind. Aber das war es eben, was dem Cartesius nicht in dem Kopf wollte. Er war ein geschworner Feind des leeren Raums, und hielt denselben für die ungereimteste Sache von der Welt. Wie konnte er auch anders denken, da er es sich einmal so feste in den Kopf gesetzt hatte, daß das Wesen der Körper in der blosen Ausdehnung bestehe. Denn wenn man dieses einräumt, so folgt ganz natürlich, daß allenthalben ein Körper seyn müsse, wo eine Ausdehnung anzutreffen ist, da nun allenthalben eine Ausdehnung ist, wo sich ein Raum befindet, so muß auch allenthalben, wo ein Raum ist, ein Körper vorhanden seyn, es gibt also keinen Raum ohne Körper, oder welches gleichviel ist, es ist kein leerer Raum möglich. Aber wer heist dem Car- tesius
in den alleraͤlteſten Zeiten. nicht wenigere Schwierigkeiten an. Denn ſoll ſich die Him-melsluft in krummen Linien um die Sonne herum bewe- gen, ſo muß ſie nothwendig, vermoͤge deſſen, was ich in meiner Naturlehre in den Capitel von der Bewegung er- wieſen, beyde Centralkraͤfte beſitzen. Die Centrifugal- kraft koͤnnte ihr zwar bey dem Urſprunge der Welt mit- getheilet worden ſeyn, aber wie ſieht es mit der Ceutripe- talkraft aus? Sie wuͤrde gegen die Sonne gerichtet ſeyn, das heiſt, die Sonne wuͤrde die Himmelsluft an ſich zie- hen muͤſſen, weil doch nothwendig der Grund von dieſer Richtung in der Sonne ſelbſt zu ſuchen waͤre, und nun moͤchte ich gerne wiſſen, warum man nicht lieber die Him- melsluft gar weglieſſe, und der Sonne eine Kraft zueig- nete die Planeten an ſich zu ziehen, wodurch in ihnen ei- ne Centripetalkraft hervorgebracht wuͤrde? denn mit der Centrifugalkraft hat es keine Schwierigkeit, wenn ſie ei- nen Planeten nur erſt mitgetheilt iſt, ſo muß ſie in Cwig- keit fortdauren, wenn gar keine Materie in dem Weltge- baͤude zwiſchen denen Planeten anzutreffen iſt, oder ſie waͤhret doch bis auf undenkliche Zeiten fort, wenn dieſe Materie nur ſubtil genug iſt, das heiſt, wenn zwiſchen ih- ren Theilgen viele leere Raͤume anzutreffen ſind. Aber das war es eben, was dem Carteſius nicht in dem Kopf wollte. Er war ein geſchworner Feind des leeren Raums, und hielt denſelben fuͤr die ungereimteſte Sache von der Welt. Wie konnte er auch anders denken, da er es ſich einmal ſo feſte in den Kopf geſetzt hatte, daß das Weſen der Koͤrper in der bloſen Ausdehnung beſtehe. Denn wenn man dieſes einraͤumt, ſo folgt ganz natuͤrlich, daß allenthalben ein Koͤrper ſeyn muͤſſe, wo eine Ausdehnung anzutreffen iſt, da nun allenthalben eine Ausdehnung iſt, wo ſich ein Raum befindet, ſo muß auch allenthalben, wo ein Raum iſt, ein Koͤrper vorhanden ſeyn, es gibt alſo keinen Raum ohne Koͤrper, oder welches gleichviel iſt, es iſt kein leerer Raum moͤglich. Aber wer heiſt dem Car- teſius
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in den alleraͤlteſten Zeiten.
nicht wenigere Schwierigkeiten an. Denn ſoll ſich die Him-
melsluft in krummen Linien um die Sonne herum bewe-
gen, ſo muß ſie nothwendig, vermoͤge deſſen, was ich in
meiner Naturlehre in den Capitel von der Bewegung er-
wieſen, beyde Centralkraͤfte beſitzen. Die Centrifugal-
kraft koͤnnte ihr zwar bey dem Urſprunge der Welt mit-
getheilet worden ſeyn, aber wie ſieht es mit der Ceutripe-
talkraft aus? Sie wuͤrde gegen die Sonne gerichtet ſeyn,
das heiſt, die Sonne wuͤrde die Himmelsluft an ſich zie-
hen muͤſſen, weil doch nothwendig der Grund von dieſer
Richtung in der Sonne ſelbſt zu ſuchen waͤre, und nun
moͤchte ich gerne wiſſen, warum man nicht lieber die Him-
melsluft gar weglieſſe, und der Sonne eine Kraft zueig-
nete die Planeten an ſich zu ziehen, wodurch in ihnen ei-
ne Centripetalkraft hervorgebracht wuͤrde? denn mit der
Centrifugalkraft hat es keine Schwierigkeit, wenn ſie ei-
nen Planeten nur erſt mitgetheilt iſt, ſo muß ſie in Cwig-
keit fortdauren, wenn gar keine Materie in dem Weltge-
baͤude zwiſchen denen Planeten anzutreffen iſt, oder ſie
waͤhret doch bis auf undenkliche Zeiten fort, wenn dieſe
Materie nur ſubtil genug iſt, das heiſt, wenn zwiſchen ih-
ren Theilgen viele leere Raͤume anzutreffen ſind. Aber
das war es eben, was dem Carteſius nicht in dem Kopf
wollte. Er war ein geſchworner Feind des leeren Raums,
und hielt denſelben fuͤr die ungereimteſte Sache von der
Welt. Wie konnte er auch anders denken, da er es ſich
einmal ſo feſte in den Kopf geſetzt hatte, daß das Weſen
der Koͤrper in der bloſen Ausdehnung beſtehe. Denn
wenn man dieſes einraͤumt, ſo folgt ganz natuͤrlich, daß
allenthalben ein Koͤrper ſeyn muͤſſe, wo eine Ausdehnung
anzutreffen iſt, da nun allenthalben eine Ausdehnung iſt,
wo ſich ein Raum befindet, ſo muß auch allenthalben, wo
ein Raum iſt, ein Koͤrper vorhanden ſeyn, es gibt alſo
keinen Raum ohne Koͤrper, oder welches gleichviel iſt, es
iſt kein leerer Raum moͤglich. Aber wer heiſt dem Car-
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